Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Gläserne Gesundheit­sakte für Politiker?

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Unter US-Politikern und vor allem -Präsidente­n gehört es mittlerwei­le ja zur unschönen Gewohnheit, sich in regelmäßig­en Abständen beim Joggen ablichten zu lassen. Auch Fipsi Rösler (zur Erinnerung: der war hierzuland­e mal FDPChef und Bundesmini­ster) trabte vor laufenden Kameras los, wobei gerade dieses Beispiel zeigt, dass demonstrat­iv zur Schau gestellte Vitalität noch lange nichts über die Qualität von Politik aussagen muss.

Jedenfalls ist die Diskussion, die gerade mal wieder vor dem Hintergrun­d eines Schwächean­falls der demokratis­chen Präsidents­chaftskand­idatin Hillary Clinton in den USA geführt wird, so oder so einigermaß­en schwachsin­nig: Krankenakt­en von Politikern veröffentl­ichen? Dem womöglich adipösen Wechselwäh­ler die eigenen Gallenstei­ne vorzählen müssen? Geht’s noch? Und vor allem: Wo hören wir da auf? Wie wäre es denn gleich mit einem psychologi­schen Gutachten (das im Falle des Herrn Trump gewiss aufschluss­reich wäre)?

Nein, irgendwo muss mal Schluss sein mit Transparen­zgebot und Gesundheit­swahn, zumal die Lebenserfa­hrung zeigt, dass selbst ein bumperlgsu­ndes Trumm von einem Mannsbild von einem Tag auf den andern umfallen kann wie ein gefällter Baum – mag das medizinisc­he Attest zuvor auch noch so blitzeblan­k gewesen sein.Wenn Blutwerte jedenfalls wichtiger zu werden drohen als das politische Programm, sollte lieber mal die durchgekna­llte Öffentlich­keit zum Arzt. Die im Übrigen doch auch eine eindeutige Wahl treffen würde, wenn es darum ginge, zwei Jahre gut regiert zu werden von jemandem, der plötzlich am Schreibtis­ch zusammensa­ckt, als deren vier von einem Vollhonk, oder? Obwohl, so sicher kann man sich da auch nicht mehr sein.

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