Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Momentaufnahmen einer Lebensreise
Kunst Ottilie Leimbeck-Rindle zeigt ihre Ausstellung „Zeitspuren“im Rathaus Neusäß
Ein flüchtiger Augenblick, der den hastigen Betrachter streift. Eine Dünenlandschaft, deren warme Farbenspiele für immer im Gedächtnis bleiben. Nicht greifbare Gedankenflüge, die sich auf der Leinwand zu einer orchestralen Einheit manifestieren – dies alles gehört zur Gemäldesammlung „Zeitspuren“von Ottilie Leimbeck-Rindle, die derzeit in der Neusässer Rathausgalerie zu sehen ist.
Mit unterschiedlichsten Mischtechniken verarbeitet die Augsburger Künstlerin schweigende Momentaufnahmen ihrer zahlreichen Reisen zwischen Südpol und der Wüste Namib und den dort miterlebten Kulturenbegegnungen. Von der archaischen Symbolkraft der Steinzeitkunst bis hin zur aktuellen Zeitkritik reichen die Motive, die zum größten Teil in natürlichen Erdfarben gestaltet sind.
Zu entdecken gibt es für den Betrachter vieles: Verlassene Orte in der Antarktis, die in der ewigen Kälte gefangen sind, oder die mysteriösen Nazca-Linien in Peru, die durch Leimbeck-Rindles Bilder eine neue Würdigung ganz ohne okkulte Verklärung erfahren. Beinahe unmerklich gleicht der Spaziergang durch die Galerie gleichermaßen einem Brückenschlag zur Zeitkritik in der Moderne, wenn auch die verborgenen Sujets oft erst auf den zweiten Blick oder gar nur anhand des Titels greifbar werden – so etwa bei einer fröhlich-bunten Stadt aus Zelten, die den Namen „No Future“trägt und beklemmende Assoziationen zur aktuellen Flüchtlingssituation wecken könnte.
„Ich bewege mich immer zwischen Gegenstand und Abstraktion“, sagt die Künstlerin über sich, und diese Gratwanderung scheint ihr rundum zu gelingen: Man bekommt an keiner Stelle das Gefühl, mit einem Bild alleine gelassen zu werden, und hat dennoch sehr viel Raum für eigene Gedanken und Interpretationen zur Verfügung.
Auffallend ist zudem die enorme Bandbreite an Stilen und Darstellungsformen, die immer wieder Platz für neue Entdeckungen gewähren: Mitglieder eines afrikanischen Himba-Stammes verblassen durch Farb- und Kratzeffekte zu einem fast vergessenen Volk, während sich zweidimensionale Glasbilder durch ihren eigenen Schattenwurf an der Wand in ein plastisches Diorama verwandeln. Die verwendeten Materialien sind dabei neben Farbe oft auch Sand, Wachs, Metallgrus und Gesteinsmehl, was zu spannenden Strukturkontrasten auf der Leinwand führt. O
ist noch bis 2. November in der Neusässer Rathausgalerie zu sehen. Am 12. Oktober führt die Künstlerin von 17 bis 18 Uhr durch die Ausstellung.