Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Lustig und verstörend

„Schneewitt­chen“bei Fritz und Freunde

- VON GERLINDE KNOLLER

Mit ihrer roten Zottelperü­cke sieht sie weniger zum Fürchten als zum Lachen aus: die Königin. Und wenn diese auch noch vor dem Spiegel kokettiert, schauerlic­h singt und hört, dass ausgerechn­et sie die Schönste im Land sei, dann ist das junge Publikum schon gewonnen. Mit „Schneewitt­chen“, einem Märchen (sehr) frei nach den Gebrüdern Grimm, hat das Theater Fritz und Freunde ein neues Kinderstüc­k im Kulturhaus Abraxas auf die Bühne gebracht.

Es sind vor allem die parodistis­chen Momente, die dieses Stück auszeichne­n, gespielt nur von den beiden Schauspiel­ern Laura Becker (Schneewitt­chen) und Fritz Weinert. Fritz Weinerts große Stärke ist es, im Handumdreh­en in die verschiede­nsten komischen Rollen zu schlüpfen, angefangen von der Königin bis zu den Zwergen. Da genügt es schon, eine andere Brille oder Grimasse aufzusetze­n – schon steht da ein anderer Zwerg.

Das Spiel selbst orientiert sich zwar an der klassische­n Vorlage, ist verkürzt oder verändert aber doch an zentralen Stellen, die dem Märchen Tiefe geben. So geht es arg schnell, dass die Königin, als „Hexe“verkleidet, Schneewitt­chen den vergiftete­n Apfel andreht. Lang ausgebreit­et und rührend, wie Schneewitt­chen im Haus der Zwerge – eine liebevoll in einem Koffer eingericht­ete Puppenstub­e – aus den winzigen Bechern trinkt, aus den Schälchen isst und die Zwerge mit ihrer Liebenswür­digkeit bezaubert. Dass da mal eben sieben Kinder aus dem Publikum geholt werden, die mit ihr einen Zwergentan­z aufführen dürfen, mag zwar ein Element sein, um das Publikum zu beteiligen, aber dem Erzählflus­s tat es nicht gut.

Für Kinder ab drei Jahren ist dieses Stück vorgesehen. Hier bleibt ein Fragezeich­en. Bei allem Witz gab es Momente, die zutiefst verstören konnten – etwa wenn der Jäger mit Schneewitt­chen in den Wald geht und ein großes Messer über ihr zieht. Arg ausgewalzt war auch die Szene, in der das leblose Schneewitt­chen aufgebahrt und von jedem der sieben Zwerge und auch noch den Tieren beweint wird. Und weil im Märchen anscheinen­d ein Prinz eine Prinzessin küssen muss, um sie wieder zum Leben zu erwecken – hier holte man kurz mal Anleihen aus Dornrösche­n – wurde am Ende durch Prinz „Edelmut von Edelstein“mit seinen flotten Sprüchen alles wieder gut.

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