Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Zigarettenschmuggel
Den Staat um Millionen betrogen?
Der Name der Soko sollte wohl auf die gewaltigen Dimensionen der Geschäfte hinweisen. „Fugger“nannten die bayerischen Zollfahnder eine Ermittlungsgruppe, die sich mit einer internationalen Schmugglerbande befasst hat. Doch während die Fugger mit ihrem Handelsimperium, das sie vor rund 500 Jahren von Augsburg aus schufen, Geschichte geschrieben haben, drohen den Beteiligten des Schmuggels jetzt teils lange Haftstrafen. Der Vorwurf: Sie sollen den Staat um Steuereinnahmen in Höhe von rund 6,2 Millionen Euro betrogen haben. Die Zahlen zeigen, dass es sich um ein echtes Mammutverfahren handelt: Die Zollfahnder stellten mehr als zehn Millionen geschmuggelte Zigaretten sicher. Außerdem beschlagnahmten sie etwa 260000 Packungen mit gefälschten Parfümen namhafter Hersteller, rund 60 000 gefälschte Markentextilien und zwei Tonnen Wasserpfeifentabak. Dazu kommen noch weitere Geschäfte mit Schmuggelware und gefälschten Markenprodukten, von denen die Fahnder glauben, dass man sie der Bande vor Gericht nachweisen kann. Bereits seit Januar 2014 sind die Beamten den Schmugglern auf der Spur gewesen. Sie arbeiteten dazu mit Behörden in der Schweiz, Polen, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Italien sowie in Großbritannien zusammen. In der Ermittlungsgruppe „Fugger“saßen auf Produktpiraterie spezialisierte Fahnder aus Nürnberg. Dazu kamen Beamte aus München, die sich besonders gut mit den Tricks der Schmuggler bei der Hinterziehung von Tabaksteuer auskennen.
Den Angaben des Zolls zufolge handelt es sich um überwiegend türkischstämmige Männer, die europaweit aktiv waren und ins Visier der Fahnder gerieten. Inzwischen hat die Augsburger Staatsanwaltschaft gegen 21 Verdächtige im Alter von 27 bis 60 Jahren Anklage erhoben. Acht Verdächtige sitzen derzeit in Untersuchungshaft, einer befindet sich noch in Großbritannien in Auslieferungshaft. Die Fäden laufen in Augsburg zusammen, weil hier, so heißt es beim Zoll, zwei mutmaßliche „Schlüsselfiguren“der Schmugglerbande ansässig waren. Sie sollen auch eine Scheinfirma betrieben haben.
Am heutigen Dienstag beginnt vor dem Landgericht Augsburg ein erstes Verfahren gegen sechs Angeklagte.
Es wird noch zwei weitere Prozesse geben
Den Angeklagten wird bandenund gewerbsmäßiger Schmuggel in 22 Fällen vorgeworfen. Das Verfahren wurde aufgeteilt. Es könnte mit einer Vielzahl von Angeklagten, Dolmetschern und Anwälten sonst nicht sinnvoll geführt werden. Gegen die 15 weiteren mutmaßlichen Schmuggler soll es noch zwei andere Prozesse geben.