Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Geländegängige Rollis für Senegal
Entwicklungshilfe Wie Augsburger Studenten Behinderten in Afrika das Leben leichter machen und damit ins Fernsehen kommen
Die ganze Sache kam über die Fernsehsendung „Einfach genial“ins Rollen. Birgit Ndiaye aus dem Senegal meldete sich dort zu Wort und bat um Hilfe. Sie suchte nach deutschen Erfindern, die einen geländetauglichen Rollstuhl entwickeln und bauen sollten, um behinderten Afrikanern das Leben leichter zu machen. Studenten der Hochschule Augsburg machten sich an die Arbeit. Sie konstruierten einen Rolli, der auf unwegsamen Straßen nicht stecken bleibt. Der Prototyp wird jetzt im Senegal getestet. Nach den Augsburger Plänen werden die ersten Rollstühle in dem afrikanischen Land nachgerüstet.
„Die Not behinderter Menschen im Senegal ist groß“, sagt Birgit Ndiaye. Wer im Rollstuhl sitzt, kommt kaum aus dem Haus. Denn neben wenigen asphaltierten Hauptstraßen gibt vor allem sandige Wege. Herkömmliche Rollis bleiben im tiefen Untergrund stecken. Behinderte können nicht zur Arbeit fahren oder am gesellschaftlichen Leben teilhaben. „Dabei sollte jeder Mensch ein Recht auf Mobilität haben“, sagt Birgit Ndiaye. Die Deutsche ist mit einem Senegalesen verheiratet und betreibt eine ehrenamtliche Einrichtung zur Instandhaltung von Rollstühlen.
Auf den Hilferuf übers Fernsehen wurde wiederum die Augsburgerin Dorothea Nowak aufmerksam. Die Kinderpflegerin arbeitet mit behinderten Jungen und Mädchen. Sie kennt Professor Eberhard Roos von der Hochschule Augsburg und machte ihn auf das Problem im Senegal aufmerksam. Der Fachmann für Maschinenbau war schnell für das Projekt zu gewinnen. Aus seiner Sicht ist es nicht nur positiv, anderen Menschen zu helfen. Studenten können mit solchen Aufgaben auch besonders gut motiviert werden.
Im Wintersemester 2015/16 machte sich Masterstudent Mohd Faris Ahmad an die Arbeit. Im Studiengang Leichtbau und Faserverbundtechnologie entwickelte er einen Rollstuhl speziell für sandigen Untergrund. Die Vorgabe war, dass es kein deutsches Hightech-Produkt werden sollte. Gefragt war ein Modell mit Komponenten, die im Senegal leicht zu beschaffen sind und einfach gebaut werden können.
Im Sommersemester verfolgten Bachelorstudenten im Maschinenbau das Projekt weiter. Eine Projektgruppe entwickelte und baute aus dem vorliegenden Entwurf den geländegängigen Rolli mit Doppelbereifung und einem dritten Rad. Für die technische Nachrüstung eines konventionellen Modells braucht man Vierkantrohre, ein kleineres Rad und eine Gabel sowie als Werkzeug einen Schweißbrenner, wie er in Autowerkstätten verwendet wird. Die Materialkosten liegen bei 350 Euro. Maschinenbaustudent Markus Ampßler ist mit dem Ergebnis der Arbeitsgruppe sehr zufrieden. „Es ist etwas, das anderen Menschen im Alltag was bringt und was sie sich leisten können.“
Nun wurde der geländegängige Rolli in Augsburg an Birgit Ngiaye und ihren Mann Tamsir übergeben. Mit dabei war ein Fernsehteam des MDR. Es hat einen Beitrag über die jungen Erfinder aus Augsburg gedreht. Die Ngiayes werden den Rollstuhl mit zum Feldversuch in den Senegal nehmen. Nach dem Augsburger Vorbild sollen die ers- ten Rollis der sozialen Reparaturwerkstatt nachgerüstet werden. Trotzdem hoffen die Ngiayes weiter auf Hilfe der Hochschule. Sie wünschen sich eine Verbesserung, damit man die geländegängigen Rollstühle, die keinen Motor haben, mit den Armen kraftsparender fahren kann. Roos und seine Studenten haben schon einen neuen Plan: Sie wollen einen Hebelantrieb entwickeln, um Behinderten im Senegal Mobilität leichter zu machen. O
Sendung In der Sendung „Einfach genial“im MDR wird voraussichtlich am Dienstag, 11. Oktober ab 19.50 Uhr über das Augsburger Projekt berichtet. Der studentischen Projektgruppe gehören Markus Ampßler, Lukas Graus, Stefan Peller, Johannes Wagner an. Kurzfilme über den Rollstuhl gibt es bei Youtube unter den Stichwörtern „Rollstuhl Senegal“.
Sonnenenergie für Klinik in Togo
Sie trägt dazu bei, die medizinische Grundversorgung in der westafrikanischen Gemeinde Sévagan (Togo) zu sichern: Die Photovoltaik-Anlage, die Studenten der Hochschule unter Leitung von Professor Marcus Reppich (Fakultät für Maschinenbau und Verfahrenstechnik) installierten. Nach vier Jahren Vorbereitungsund Entwicklungszeit wurde die Anlage kürzlich eingeweiht. Sévagan ist 40 Kilometer von der togoischen Hauptstadt Lomé entfernt. Die Energieversorgung der lokalen Gesundheitseinrichtung mit Ambulanz, Geburtenstation und Apotheke war unzuverlässig und importabhängig. Abhilfe schafft nun die moderne Anlage mit Batteriespeicher. Sie ist autark und umweltfreundlich.