Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Weiter Weg zur neuen Sozialfakultät
Ausbau Die Hochschule Augsburg bekommt keine Gelder für das Projekt vom Freistaat. CSU-Wissenschaftspolitiker Oliver Jörg rät zu einer anderen Strategie
Ob Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen, Behinderte, chronisch Kranke, Flüchtlinge oder Langzeitarbeitslose: Viele von ihnen brauchen professionelle Hilfe. Weil der Bedarf wächst, will die Hochschule Augsburg neu in die Ausbildung von Sozialpädagogen einsteigen. Doch nun steht nach Informationen unserer Zeitung fest: Die geplante Fakultät für Sozialwesen hat in den kommenden Jahren keine Chance auf eine Finanzierung vom Freistaat. Möglich wäre aber, dass die Hochschule eigene Reserven ausschöpft, um einen Einstieg zu schaffen, sagen Experten.
Zwar befürworten viele Sozialverbände in der Region die Pläne der Hochschule. Momentan fehlt aber die erforderliche politische Unterstützung im Landtag, um aus dem neuen Doppelhaushalt 2017/18 des Freistaates die nötigen Gelder zu bekommen. Der künftige Hochschulpräsident Gordon Thomas Rohrmair rechnete zuletzt mit Kosten von rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr in der Aufbauphase für einen Studiengang „Soziale Arbeit“mit jährlich 100 Absolventen.
Dass es im neuen Doppelhaushalt des Freistaates kein Geld geben werde, zeichnete sich bereits im Juli ab. Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle hatte in einem Schreiben angedeutet, dass er wegen zahlreicher wichtiger Projekte keinen finanziellen Spielraum sieht. In der Hochschule hoffte man aber bis zuletzt darauf, dass die CSU im Landtag Mittel aus ihrer sogenannten „Fraktionsreserve“locker machen würde. Doch auch damit wird es nichts. Nach Informationen unserer Zeitung brachte ein Vorstoß von Augsburger CSU-Abgeordneten keinen Erfolg.
Hintergrund sind die hohen Millionenbeträge, mit denen der Freistaat das neue Uniklinikum in Augsburg finanzieren wird. Angesichts dieser außergewöhnlichen Summen sei es derzeit politisch „völlig undenkbar“, noch einmal Gelder für die Hochschule Augsburg draufzusatteln, heißt es aus Landtagskreisen. Dazu kommt, dass auch Wissenschaftsminister Spaenle einer neuen Sozialfakultät an der Hochschule Augsburg skeptisch bis ablehnend gegenübersteht.
Das hängt damit zusammen, dass die Kapazitäten in den Sozialwissenschaftlichen Studiengängen in Bayern in den vergangenen Jahren fast verdoppelt wurden. Auch in Kempten wird noch in diesem Jahr ein weiterer Studiengang starten. Aus Sicht des Wissenschaftsmi- nisters wäre außerdem zu prüfen, ob der Ausbau eines bestehenden Standortes nicht deutlich kostengünstiger ist, als eine neue Fakultät in Augsburg aufzubauen.
Fragt man den stellvertretenden Vorsitzender des Landtagsausschusses für Wissenschaft und Kunst, Oliver Jörg (CSU), hält er die Augsburger Pläne dennoch für einen „interessanten Ansatz“. Es gelte, den Fachkräftebedarf in der Pflege und im Bereich Sozialwesen im Auge zu behalten. Jörg empfiehlt der Hochschule deshalb, erst einmal einen anderen Weg zu gehen. So sei es grundsätzlich möglich, Stellenreserven im eigenen Haus zu bündeln und damit mittelfristig einen neuen Schwerpunkt zu bilden. Das sei das übliche Tagesgeschäft auch an anderen Hochschulen. Wenn das neue Angebot in Augsburg erfolgreich sei, könne man dann in einem zweiten Schritt Fördermittel beim Freistaat beantragen.
Was der einflussreiche Fachpolitiker der Landtags-CSU vorschlägt, müsste an der Hochschule unter neuer Führung diskutiert werden. Am kommenden Freitag findet ein lange angekündigter Wechsel statt. Hochschulpräsident Hans-Eberhard Schurk wird nach zwölf Jahren im Amt feierlich in den Ruhestand verabschiedet. Parallel wird sein Nachfolger Gordon Thomas Rohrmair, 40, offiziell ins Amt eingeführt. Rohrmair hatte sich vor seiner Wahl die neue Fakultät für Sozialwesen auf seine Fahne geschrieben.