Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Heide: Naturschutzbeirat zweifelt
Natur Im Februar stimmte das Gremium für eine Teilbebauung. Jetzt rückt es von seinem Votum ab und stellt Nachfragen
Wie groß ist der Zeitdruck? Und hat er sich verändert? Das soll Umweltreferent Reiner Erben bei den umstrittenen Wohnbauplänen des Freistaats auf der alten Flugplatzheide in Haunstetten abklären. Erben tut dies auf Beschluss des Naturschutzbeirates. Das beratende Fachgremium der Stadt rückt jetzt von seinem eigenen Votum im Februar ab. „Sollte es den Zeitdruck für die Bebauung nicht mehr geben, wäre die frühere Zustimmung des Naturschutzbeirates hinfällig“, sagt Erben.
Mitglieder des nichtöffentlichen Gremiums dürfen sich aus rechtlichen Gründen gegenüber unserer Zeitung nicht äußern. Wie Umweltreferent Erben auf Anfrage berichtet, kam in der jüngsten Sitzung die Frage auf, ob sich bei den geplanten Wohnungen des Freistaates für 310 anerkannte Flüchtlinge die Lage inzwischen verändert hat. Im Februar herrschte Krisenstimmung wegen der gewaltigen Flüchtlingsströme nach Deutschland. Sie brachten auch die zuständigen Behörden in Augsburg und Schwaben an den Rand ihrer Kapazitäten. Damals stand der Naturschutzbeirat ebenfalls unter Druck. Erben zufolge machten Vertreter des staatlichen Bauamtes eine Notlage geltend, in der es schnell gehen müsse. Und sie verwiesen auf das Sofortprogramm des Freistaates, um neuen Wohnraum zu schaffen. Weil der Beirat unter dem Eindruck der Krise nicht als Gegner der Flüchtlinge dastehen wollte, stimmte er damals der Teilbebauung der wertvollen Naturfläche unter Bedingungen zu. Nun soll Erben bei der Regierung von Schwaben als zuständige Stelle für das Baugenehmigungsverfahren klären, ob die Bedingungen von damals noch gelten.
Der Flüchtlingsstrom hat stark nachgelassen. Demnächst wird die staatliche Sammelunterkunft in der Calmbergstraße frei, die modernisiert werden könnte. Fachlich ist Erben der Meinung, dass es sich bei dem letzten Rest der historischen Heide mit mehr als 85 gefährdeten Arten um ein höchst wertvolles Naturareal handelt, das möglichst erhalten werden müsse. Politisch will der Referent der Grünen das Fass nicht mehr aufmachen. Aus seiner Sicht ist die aktuelle Lösung für die Teilbebauung am Bischofsackerweg ein machbarer und sinnvoller Kompromiss. Die wertvollsten Biotope der Heide seien kaum betroffen. Es werde auch weniger als ein Viertel des Grundstücks bebaut. Zur Heide hin werde es eine klare Abgrenzung geben. Der Stadtrat habe seine Zustimmung zum Bauvorhaben unter Bedingungen erteilt. Die Naturschutzallianz sieht die Sache anders: Bei dem letzten Heiderest sei eine kritische Mindestgröße erreicht, die keine weitere Bebauung mehr verträgt. Die Heide selbst und der zugehörige Biotopverbund seien gefährdet. Letztendlich müsse der Freistaat nun selbst entscheiden, wie er mit seinem Grundstück umgeht, sagt Erben.