Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Kinder-Idyll

Betreuung Jetzt ziehen die Großen ein: Seit zwei Jahren gibt es bereits eine Kinderkrip­pe im Dinkelsche­rber Orsteil Reischenau. Nun hat dort auch eine Kindergart­engruppe eröffnet

- VON MANUELA RAUCH

Dinkelsche­rben-Reischenau Vor zwei Jahren waren es noch die Allerklein­sten, die Leben in den alten Reischenau­er Bauernhof brachten. Jetzt hat die Kinderkrip­pe Frohsinn ihr Angebot um eine Kindergart­engruppe erweitert. Seit wenigen Wochen ist der Umbau im ersten Stock des urigen Gehöfts fertig. Rund zehn Kinder zwischen drei und sechs Jahren spielen, toben und entdecken nun in der „Lern- und Spielwerks­tatt Sonnensche­in“ihre Umwelt.

Die Kindertage­sstätte im Dinkelsche­rber Ortsteil Reischenau ist Idylle pur, samt Gemüsegart­en, Schildkröt­en- und Hasenstall. 2014 eröffneten Katharina Offenborn und Detlef Blome im neuen Anbau des Hofs, dort wo bis zum Anfang des 19. Jahrhunder­t noch das Heu gelagert wurde, eine Kinderkrip­pe. Betreuungs­möglichkei­ten für unter dreijährig­e Kinder war da noch Mangelware in der Gemeinde und die Nachfrage entspreche­nd groß. Schnell war klar, dass es dabei nicht bleiben würde.

„Unser Traum war schon immer auch eine Kindergart­engruppe“, sagt Offenborn. Platz dafür gab es genug. Offenborn, gelernte Ergotherap­eutin mit einer Leidenscha­ft fürs Renovieren, hatte das alte Gebäude in Eigenregie hergericht­et, Wände verputzt, antiken Möbel einen neuen Anstrich verpasst. Der Charme und die Wärme des ehemaligen Hofs sind noch immer spürbar. Wer hineinscha­ut, der findet in jeder Ecke liebevolle Details, alte Schmuckstü­cke, die nun in Kombinatio­n mit modernen Elementen im neuen Glanz erstrahlen.

Selbst die Garderobe des Kindergart­ens erzählt eine Geschichte. Offenborn hat sie mit meterlange­n Holzbrette­rn gestaltet, rustikale Wandhaken angebracht. Kleine Regenjacke­n und Matschhose­n baumeln daran. Die Bretter hatte sie durch Zufall hinter der Scheune gefunden, der frühere Hofbesitze­r sei Holzfäller gewesen. „Jetzt hat das Holz seine neue Bestimmung gefunden“, sagt sie stolz. Upcycling nennt sich das, wenn aus alten Dingen Neues entsteht. Die kreative Nachhaltig­keit ist heute ein Trend, Offenborn hat sie perfektion­iert, vor allem aus Wertschätz­ung, wie sie sagt. Überall gibt es nostalgisc­he Schränke zu bestaunen, wuchtige Kommoden aus dem vorherigen Jahrhunder­t.

In der offenen Teeküche, die fast bis zum Giebel hinauf ragt, steht ein riesiger weiß gekalkter Ofen. Im Winter wird er abends befeuert, erklärt Offenborn, um am Tag die Räume mit wohliger Wärme zu fluten. Rustikaler Schick, der trotzdem alle Anforderun­gen an eine moderne Kita erfüllt. Offenborn klopft an die Glasscheib­e eines roten Küchenschr­anks. „Alles Plexiglas, zur Sicherheit“, erklärt sie.

Jeden Zentimeter im Haus haben die Behörden akribisch geprüft, alles ist komplett modernisie­rt. Ein Jahr hat der Umbau gedauert. Unten im Garten legt Eva Stuhlmülle­r gerade neue Beete an, nebenan sitzen die Kinder im Sandkasten und buddeln um die Wette.

Die Gärtnermei­sterin ist regelmäßig hier, kümmert sich um die Außenanlag­en der Einrichtun­g. Das tut sie nicht etwa am Abend, sondern immer dann, wenn die Kindergart­enkinder der Sonnensche­in-Gruppe um sie herum flitzen. Das hat pädagogisc­he Gründe, verrät Offenborn. Die Erzieher verrichten „sinnvolle Arbeiten“. Es wird gefilzt, genäht, getöpfert oder im Garten gearbeitet. Dabei geht es nicht um das mitmachen. „Kinder lernen durch nachahmen“, erklärt Detlef Blome. Ist der Erwachsene konzentrie­rt bei der Sache, wird auch die kindliche Neugier geweckt und gefördert. Über allem steht das Ziel des selbstbest­immten Lernens, ohne Zwang und Druck. Überladene Spielzeuge­cken gibt es nicht, dafür viel Platz für Dinge, die die Fantasie beflügeln: Bewegungsm­aterialien zum Beispiel, die nicht nur zum Balanciere­n und Turnen genutzt werden, sondern auch um Burgen und Türme zu bauen und ein großes Holzpferd mit brauner wolliger Mähne und buntem Zaumzeug. „Die Kinder erleben sich hier in einer lebendigen Umgebung“, sagt Offenborn.

Das Konzept geht auf, auch die Anmeldezah­len bestätigen das. Vor wenigen Tagen hat das Team gemeinsam mit den Eltern die Gruppe eingeweiht. Verläuft alles nach Plan, wird Anfang 2017 die Krippengru­ppe vergrößert und geteilt. Dann sind die Jüngsten unter sich, während die größeren auf Entdeckung­stour gehen. Katharina Offenborn ist glücklich. „Die Kinder füllen diesen Ort mit Leben und daran teilzuhabe­n ist etwas ganz Besonderes.“

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Foto: Manuela Rauch Im Dinkelsche­rber Ortsteil Reischenau gibt es jetzt auch eine Kindergart­engruppe.

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