Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Rekruten im Schlafsaal erschossen
Mehr als 60 Tote bei Anschlag in Pakistan
Schwer bewaffnete Islamisten haben im Südwesten Pakistans eine Polizeischule angegriffen und mindestens 60 Menschen getötet. Mehr als hundert weitere wurden nach Behördenangaben verletzt, als die Angreifer in der Nacht zum Dienstag mit Sprengstoffwesten und Sturmgewehren in die Schlafsäle der Rekruten eindrangen. Die Sicherheitsbehörden machten die pakistanischen Taliban für die Bluttat verantwortlich, zu dem Anschlag bekannte sich aber auch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).
Drei Angreifer hätten am späten Montagabend einen Wachmann erschossen und sich so Zugang zu dem Schulgelände am Stadtrand von Quetta verschafft, teilte der Innenminister der Unruheprovinz Balutschistan, Sarfaraz Bugti, mit. Sie drangen in die Schlafsäle ein, wo rund 700 Polizeianwärter untergebracht waren.
„Ich habe drei Männer in Tarnanzügen gesehen, die Kalaschnikows trugen“, berichtete einer der Polizeischüler. „Ich bin über eine Mauer geklettert und habe mich in Sicherheit gebracht.“Der Polizeischüler Arslan sagte, er sei beim Kartenspielen von den ersten Schüssen überrascht worden und habe sich unter einem Bett versteckt. Andere Rekruten sprangen in Panik aus dem Fenster oder kletterten auf Bäume.
Der 22-jährige Hikmatullah, der von einer Kugel an der Schulter verletzt wurde, berichtete, die Angreifer seien von Raum zu Raum gegangen und hätten dort um sich geschossen. An verschlossene Türen hätten sie geklopft und sich als Soldaten ausgegeben. Als die Polizeischüler öffneten, hätten sie sofort das Feuer eröffnet.
Über Stunden hinweg waren Schusswechsel und Explosionen von dem Schulgelände zu hören. Sicherheitskräfte riegelten das Gelände weiträumig ab. Drei Stunden nach Eintreffen der Armee sei der Angriff beendet worden, sagte der Leiter des Einsatzes, Generalmajor Sher Afgan. Wie ein Sprecher der Provinzregierung mitteilte, wurden bei dem Angriff mindestens 60 Menschen getötet und 118 weitere verletzt. An einer Trauerfeier für die Opfer nahm auch Armeechef Raheel Sharif teil.
Das Militär machte die radikale Gruppe Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) für den Angriff verantwortlich. Dies gehe aus abgehörten Gesprächen hervor, sagte Generalmajor Afgan. Während des Angriffs hätten die Angreifer in Kontakt mit „Aktivisten in Afghanistan“gestanden. Eine Erklärung der pakistanischen Taliban untermauerte die These.