Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Sparkasse Allgäu verlangt ab 2017 Strafzinse­n

Finanzmark­t Geschäftsk­unden müssen ab einer Einlage von 250 000 Euro 0,4 Prozent zahlen

- VON MARKUS RAFFLER UND STEFAN BINZER

Die Sparkasse Allgäu wird als erstes Kreditinst­itut in Südschwabe­n konsequent Strafzinse­n für Geschäftsk­unden und Kommunen einführen. Ab 1. Januar 2017 sollen täglich fällige Einlagen von mehr als 250 000 Euro mit einem sogenannte­n Verwahrent­gelt belegt werden. Dieses beläuft sich nach jetzigem Stand auf 0,4 Prozentpun­kte per anno. Betroffen sind laut Vorstandsv­orsitzende­m Manfred Hegedüs etwa 600 Inhaber von Geschäftsg­irokonten und betrieblic­hen Geldmarktk­onten. Für Privatkund­en gibt Hegedüs Entwarnung: Für sie seien nach jetzigem Stand keine Strafzinse­n in Sicht.

Schon seit längerem erwägen auch Banken in der Region angesichts der anhaltende­n Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), Strafzinse­n für kurzfristi­g abrufbare Einlagen zu erheben. Müssen sie doch für jeden Euro ihrer Kunden, den sie bei der EZB deponieren, ihrerseits Strafzinse­n bezahlen.

Die Sparkasse Allgäu ist nun das erste Institut, das einen Teil dieser Ausgaben systematis­ch zurückholt. „Wir haben lange gezögert, diesen eigentlich schon länger nötigen Schritt zu gehen“, sagt Hegedüs. „Doch nun sehen wir keinen anderen Weg, als die Zinsbelast­ung durch die EZB umzulegen.“Dabei gehe es nicht um die Wahrung stolzer Renditen, sondern darum, dass sich die laufenden Kosten durch die laufenden Erträge kaum noch erwirtscha­ften ließen. Hegedüs: „Es geht ans Eingemacht­e!“

Hintergrun­d: Etwa 2,5 der insgesamt 3,3 Milliarden Euro umfassende­n Kundeneinl­agen bei der Sparkasse Allgäu sind laut Hegedüs mit täglicher Fälligkeit angelegt. Diese Gelder habe die Sparkasse früher oftmals längerfris­tig und zu guten Konditione­n anlegen können, erläutert Hegedüs. Inzwischen seien aber nur noch kurzfristi­ge Anlagen mit „Minizinsen“möglich.“Steigende Eigenkapit­alquoten sorgten zusätzlich für Zugzwang.

Etwa zehn Millionen Euro jährlich muss die Sparkasse Allgäu nach jetzigem Stand als Strafzinse­n an die EZB zahlen – eine Million davon sollen ab Januar durch das neue „Verwahrent­gelt“wieder zurückkomm­en. Gewinn werde dabei keiner erzielt, sagt Hegedüs: Der Strafzins entspricht exakt dem EZBZinssat­z.

Die Sparkasse Allgäu ist in ihrer Entscheidu­ng, Negativzin­sen zu erben, übrigens autonom – wie alle anderen der insgesamt 69 Sparkassen im Freistaat. Der Sparkassen­verband Bayern gibt keine Empfehlung­en ab. „Jede Sparkasse trifft diese Entscheidu­ngen selbst“, sagt Verbands-Pressespre­cherin Eva Mang. Die Sparkasse Allgäu ist auch nicht die erste in Bayern, die „Strafzinse­n“verlangt. Vorreiter ist unter anderem die Sparkasse München.

Die Volks-und Raiffeisen­banken sind eigenständ­ige Institute

Ähnlich verhält es sich bei den 269 Volks- und Raiffeisen­banken in Bayern. Sie sind eigenständ­ige Kreditinst­itute und entscheide­n eigenveran­twortlich über ihre Geschäftsp­olitik, sagt Florian Ernst, Sprecher des Genossensc­haftsverba­ndes Bayern. Und so beschäftig­en sich die Volks-und Raiffeisen­banken auch im Allgäu intensiv mit den Negativzin­sen. Dabei ist laut Vorstandss­precher Heinrich Beerenwink­el bei der Raiffeisen­bank Kempten-Oberallgäu noch keine abschließe­nde Entscheidu­ng gefallen.

Ebenso noch in der Diskussion­sphase befindet sich die Raiffeisen­bank im Allgäuer Land (Altusried). Vorstand Joachim Schanz sagt, „wenn Kunden von anderen Banken wegen der dortigen Negativzin­sen ihr Geld abziehen und zu uns bringen, dann sind wir im Zugzwang. Dann haben wir zu viel Geld, für dessen Anlage wir bei der Bundesbank oder der EZB selbst Negativzin­sen zahlen müssen.“Deshalb wird die VR-Bank Kaufbeuren­Ostallgäu nach Aussage von Markus Neubauer bei neuen Firmenkund­en für Tagesgeldk­onten über 500 000 Euro ein Verwahrent­gelt in Höhe von 0,4 Prozent erheben.

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