Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Sparkasse Allgäu verlangt ab 2017 Strafzinsen
Finanzmarkt Geschäftskunden müssen ab einer Einlage von 250 000 Euro 0,4 Prozent zahlen
Die Sparkasse Allgäu wird als erstes Kreditinstitut in Südschwaben konsequent Strafzinsen für Geschäftskunden und Kommunen einführen. Ab 1. Januar 2017 sollen täglich fällige Einlagen von mehr als 250 000 Euro mit einem sogenannten Verwahrentgelt belegt werden. Dieses beläuft sich nach jetzigem Stand auf 0,4 Prozentpunkte per anno. Betroffen sind laut Vorstandsvorsitzendem Manfred Hegedüs etwa 600 Inhaber von Geschäftsgirokonten und betrieblichen Geldmarktkonten. Für Privatkunden gibt Hegedüs Entwarnung: Für sie seien nach jetzigem Stand keine Strafzinsen in Sicht.
Schon seit längerem erwägen auch Banken in der Region angesichts der anhaltenden Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), Strafzinsen für kurzfristig abrufbare Einlagen zu erheben. Müssen sie doch für jeden Euro ihrer Kunden, den sie bei der EZB deponieren, ihrerseits Strafzinsen bezahlen.
Die Sparkasse Allgäu ist nun das erste Institut, das einen Teil dieser Ausgaben systematisch zurückholt. „Wir haben lange gezögert, diesen eigentlich schon länger nötigen Schritt zu gehen“, sagt Hegedüs. „Doch nun sehen wir keinen anderen Weg, als die Zinsbelastung durch die EZB umzulegen.“Dabei gehe es nicht um die Wahrung stolzer Renditen, sondern darum, dass sich die laufenden Kosten durch die laufenden Erträge kaum noch erwirtschaften ließen. Hegedüs: „Es geht ans Eingemachte!“
Hintergrund: Etwa 2,5 der insgesamt 3,3 Milliarden Euro umfassenden Kundeneinlagen bei der Sparkasse Allgäu sind laut Hegedüs mit täglicher Fälligkeit angelegt. Diese Gelder habe die Sparkasse früher oftmals längerfristig und zu guten Konditionen anlegen können, erläutert Hegedüs. Inzwischen seien aber nur noch kurzfristige Anlagen mit „Minizinsen“möglich.“Steigende Eigenkapitalquoten sorgten zusätzlich für Zugzwang.
Etwa zehn Millionen Euro jährlich muss die Sparkasse Allgäu nach jetzigem Stand als Strafzinsen an die EZB zahlen – eine Million davon sollen ab Januar durch das neue „Verwahrentgelt“wieder zurückkommen. Gewinn werde dabei keiner erzielt, sagt Hegedüs: Der Strafzins entspricht exakt dem EZBZinssatz.
Die Sparkasse Allgäu ist in ihrer Entscheidung, Negativzinsen zu erben, übrigens autonom – wie alle anderen der insgesamt 69 Sparkassen im Freistaat. Der Sparkassenverband Bayern gibt keine Empfehlungen ab. „Jede Sparkasse trifft diese Entscheidungen selbst“, sagt Verbands-Pressesprecherin Eva Mang. Die Sparkasse Allgäu ist auch nicht die erste in Bayern, die „Strafzinsen“verlangt. Vorreiter ist unter anderem die Sparkasse München.
Die Volks-und Raiffeisenbanken sind eigenständige Institute
Ähnlich verhält es sich bei den 269 Volks- und Raiffeisenbanken in Bayern. Sie sind eigenständige Kreditinstitute und entscheiden eigenverantwortlich über ihre Geschäftspolitik, sagt Florian Ernst, Sprecher des Genossenschaftsverbandes Bayern. Und so beschäftigen sich die Volks-und Raiffeisenbanken auch im Allgäu intensiv mit den Negativzinsen. Dabei ist laut Vorstandssprecher Heinrich Beerenwinkel bei der Raiffeisenbank Kempten-Oberallgäu noch keine abschließende Entscheidung gefallen.
Ebenso noch in der Diskussionsphase befindet sich die Raiffeisenbank im Allgäuer Land (Altusried). Vorstand Joachim Schanz sagt, „wenn Kunden von anderen Banken wegen der dortigen Negativzinsen ihr Geld abziehen und zu uns bringen, dann sind wir im Zugzwang. Dann haben wir zu viel Geld, für dessen Anlage wir bei der Bundesbank oder der EZB selbst Negativzinsen zahlen müssen.“Deshalb wird die VR-Bank KaufbeurenOstallgäu nach Aussage von Markus Neubauer bei neuen Firmenkunden für Tagesgeldkonten über 500 000 Euro ein Verwahrentgelt in Höhe von 0,4 Prozent erheben.