Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mehr Geruch als Geschmack

Einrichtun­g Wer Spaß an gutem Wein haben möchte, braucht die richtigen Gläser dazu. Worauf es ankommt

- VON JULIANE MATTHEY

Rotweinglä­ser sind eher groß, Weißweingl­äser eher klein – soweit das simple Weinglas-Einmaleins. Aber trinkt man Bordeaux aus einem anderen Glas als Barolo? Und ist der teure Geburtstag­swein zu schade für die dickwandig­en DekoGläser? Mit Expertenti­pps ist es nicht schwer, die Orientieru­ng zu behalten.

Ein gutes Glas sollte bauchig, trichterfö­rmig und dünnwandig sein. Durch die bauchige Form werden die Aromen konzentrie­rt, so dass man sie besser wahrnimmt, erklärt Ernst Büscher, Pressespre­cher des Deutschen Weininstit­uts. Wenn man aus einem dünnwandig­en Glas trinkt, spitzt man demnach automatisc­h die Lippen, so dass der Wein von vorne über die ganze Zunge fließt und der Geruch beim Schlucken über den Rachenraum wieder in die Nase gelangt. „Das, was man beim Wein zu schmecken glaubt, riecht man eigentlich“, betont Büscher.

Ein Weinglas sollte nicht zu klein sein. Denn man sollte dem Wein genug Luft zum Atmen und Schwenken lassen – und das Glas nur zu einem Drittel füllen, betont Peer F. Holm von der Sommelier-Union Deutschlan­d. Den lange beliebten Römerkelch, der meist randvoll serviert wurde, halten Weinkenner wie Büscher für ein Unding. „Darin konnte man gar nichts riechen.“

Auch der Stiel des Glases spielt eine Rolle: „Er sollte so lang sein, dass man es bequem mit Zeige-, Mittelfing­er und Daumen halten kann“, erläutert Gerhard Frank vom Glasherste­ller Zwiesel Kristallgl­as. Das vermeide, dass die Hand den Wein erwärmt und die Finger Fettflecke­n hinterlass­en.

Ein Satz pro Sorte

Neben den grundlegen­den Charakteri­stika kann man zwischen zahlreiche­n Sorten von Weingläser­n unterschei­den. Davon sollte man sich aber nicht verunsiche­rn lassen: Für den Durchschni­ttstrinker reicht nach Ansicht der Experten je ein Satz Rotwein-, Weißwein- und Sektgläser. Laut Sommelier Holm tut es sogar ein mittelgroß­es Glas für beides, Weiß- und Rotwein.

Rotweinglä­ser zeichnet in erster Linie aus, dass sie größer als Weißweingl­äser sind – die Aromen haben darin mehr Raum, sich zu entfalten. Grundsätzl­ich kann man zwei Kategorien unterschei­den: das Burgunderu­nd das Bordeauxgl­as. Letzteres ist schmaler und höher – für tan- Weine, denn viele Gerbstoffe benötigen einen „hohen Duftkamin“, wie Büscher erklärt. Die Gläser eignen sich laut Frank gut für junge Bordeauxwe­ine sowie für Rioja und Chianti.

Burgunderg­läser sind runder und bauchiger. Durch die relativ große Öffnung wird der Wein großflächi­g in der ganzen Mundhöhle aufgenomme­n, erklärt Frank. Diese Gläser eignen sich für tanninarme Weininreic­he ne wie Burgunder und Beaujolais. Für schwere Rotweine wie reifen Burgunder, alte Barolos und kräftige Syrahs empfiehlt Frank dickbauchi­ge Gläser mit großer Öffnung. Büscher würde indes schwere Syrahs und Blaufränki­sche aus einem Bordeauxgl­as trinken. „Die Unterschei­dung ist eher etwas für ambitionie­rte Weintrinke­r“, räumt er ein.

Weißweingl­äser sind aus zwei Gründen kleiner als Rotweinglä­ser: Zum einen, weil Weißwein gekühlt getrunken wird und er sich im kleinen Glas langsamer erwärmt. Zudem sind die Aromen filigraner als bei Rotwein. „In einem zu großen Glas verlieren sie sich“, sagt Büscher.

Jenseits des Alltagsgeb­rauchs kann man nach Ansicht von Sommelier Holm zwischen kleinen Gläsern für leichte Weißweine wie Riesling oder Grünen Veltliner und großen Gläsern für üppigere Weißweine wie Chardonnay oder Sauvignon Blanc unterschei­den. Leichte Weißweine brauchen ein kleines, schmales Glas, das Duft und Frucht konzentrie­rt, erklärt Frank. „Üppigere Weißweine brauchen mehr Luft, um ihre Aromen zu entfalten.“

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Foto: vagabondo,akf; beide Fotolia.com Selbst beim besten Wein zählt eigentlich nicht der Geschmack, er riecht vor allem gut. Daher konzentrie­ren gute Weingläser Aromen und sorgen dafür, dass sie in die Nase ziehen.
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Immobilien@augsburger-allgemeine.de Vincent Aumiller

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