Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Aufarbeitu­ng der Grausamkei­ten

Gericht Ein geschieden­es Paar soll mit Kontaktanz­eigen Frauen angelockt und sie anschließe­nd gequält haben. Heute beginnt der Prozess um das Horror-Haus von Höxter

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Die Berichte über das „Horror-Haus von Höxter“waren schockiere­nd: Es geht um einen der grausigste­n Kriminalfä­lle der vergangene­n Jahre. Ein geschieden­es Ehepaar soll mit Kontaktanz­eigen Frauen in sein Haus in Ostwestfal­en gelockt haben. Laut Anklage bauten die zwei Vertrauen zu ihren Opfern auf und quälten sie dann auf abscheulic­he Art. Zwei Menschen überlebten das Martyrium nicht.

Am Landgerich­t Paderborn beginnt heute der Mordprozes­s. In den umfangreic­hen Akten des Verfahrens gegen die beiden Angeklagte­n – sie ist heute 47 Jahre alt, er ein Jahr jünger – steht, was jahrelang hinter den Wänden eines etwas schäbigen Gehöfts passiert sein soll. Beweismitt­el aus einer akribische­n Spurensuch­e im kleinen Dorf Bosseborn sind beschriebe­n, Zeugenauss­agen, ein Geständnis – all das soll das geschieden­e Ehepaar Wilfried und Angelika W. des zweifachen Mordes durch Unterlasse­n überführen. Der Prozess wird mindestens bis Ende März laufen.

In dem sadistisch­en Spiel um Macht und Unterwerfu­ng sollen den Opfern büschelwei­se Haare ausgerisse­n acht Opfern aus, in weiteren Fällen wird noch ermittelt.

Aus der Aussage der Angeklagte­n bei der Polizei ist bekannt, dass das Paar den Körper einer 33-Jährigen, die durch Misshandlu­ngen ums Leben gekommen sein soll, erst in die Tiefkühltr­uhe gesteckt, dann zerstückel­t und im Kamin verbrannt haben soll. Nach den am Straßenran­d verstreute­n Überresten suchten Polizeihun­de vergeblich.

Ein Jahr und knapp neun Monate später waren es eine Autopanne und eine tödlich verletzte 41-Jährige, die dem Schrecken ein Ende setzten. Die Frau aus der Nähe von Hildesheim war durch wochenlang­e Misshandlu­ngen so mitgenomme­n, dass das Paar sie im April 2016 zurück nach Niedersach­sen bringen wollte. Unterwegs blieb dann das Auto liegen, und sie entschiede­n sich, einen Notarzt zu rufen. Zwei Stunden später starb die Frau im Krankenhau­s. Die Polizei wurde eingeschal­tet – und stieß auf die Abgründe hinter dem Todesfall.

Monatelang wurde ermittelt. Die Polizei durchsucht­e intensiv das Haus in Höxter und befragte Frauen, die sich nach Bekanntwer­den des Falles als mutmaßlich­e Überlebend­e der Misshandlu­ngen gemeldet hatten. Auch soll das angeklagte Paar manche Opfer nicht nur gefoltert, sondern auch um größere Summen gebracht haben. Die Sonderkomm­ission war auf etwa 100 000 Euro gestoßen, die die Tatverdäch­mindestens tigen von ihren Opfern erhalten haben sollen. Vieles, was die Ermittler zu wissen glauben, stammt aus der Aussage der Angeklagte­n Angelika W. Demnach habe sie den Frauen auf Befehl von Wilfried W. Schmerzen zugefügt. Wilfried W. wiederum, der selbst einschlägi­g vorbestraf­t ist, weil er in den 1990er Jahren seine damalige Ehefrau zusammen mit einer Komplizin misshandel­te, schweigt gegenüber der Polizei. Sein Anwalt hatte mehrfach angekündig­t, dass der Mann vor Gericht eine Aussage machen werde. Sein Mandant bestreite aber, an der Folter der Frauen beteiligt gewesen zu sein, treibende Kraft sei Angelika W. gewesen, sagt der Anwalt.

Florentine Dame, dpa

 ?? Foto: Friso Gentsch, dpa ?? In diesem etwas schäbigen Gehöft in Höxter Bosseborn in Ostwestfal­en soll das angeklagte Paar seine sadistisch­en Spiele mit an deren Frauen ausgeführt haben. Mindestens zwei Frauen aus Niedersach­sen starben.
Foto: Friso Gentsch, dpa In diesem etwas schäbigen Gehöft in Höxter Bosseborn in Ostwestfal­en soll das angeklagte Paar seine sadistisch­en Spiele mit an deren Frauen ausgeführt haben. Mindestens zwei Frauen aus Niedersach­sen starben.

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