Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Das Radio von morgen

Audio Ob im Jahr 2025 oder doch früher: Die Abschaltun­g von UKW kündigt sich an. Der neue Standard ist digital, heißt DAB+ und ist bereits heute verfügbar. Doch was haben die Verbrauche­r davon? Hier die wichtigste­n Antworten

- VON OLAF WINKLER

Beim Frühstück, beim Autofahren, im Büro oder in der Freizeit: Radiohören gehört zum Leben der meisten Menschen. Viele machen sich dabei keine Gedanken, auf welchem Weg das Radiosigna­l zu ihnen kommt. Seit 1949 geschieht dies im Regelfall über die Ultrakurzw­elle (UKW) und in analoger Qualität.

Doch wie schon beim Fernsehemp­fang kündigt sich ein TechnikWec­hsel an. Allerdings vollzieht er sich beim Radio deutlich langsamer. Die neue Technik heißt DAB+ und ist seit 2011 der zweite Versuch, digitales Radio zu etablieren. Was bedeutet das für Verbrauche­r? Hier die wichtigste­n Fragen rund um die neue Technik.

Was ist DAB+?

DAB+ steht für „Digital Audio Broadcasti­ng“, wobei die 2011 in Deutschlan­d gestartete Plus-Variante der Nachfolger von DAB ist, das verschiede­ne Sender bereits ab 1987 nutzten. Die Akzeptanz war jedoch zu gering. DAB+ überträgt Radiosigna­le digital und dies in besonders komprimier­ter Form. Das ermöglicht die Ausstrahlu­ng einer Vielzahl von Programmen.

Was spricht gegen UKW?

Bei der Ausstrahlu­ng über UKW steht nur ein kleines Frequenzba­nd für die Radiosende­r zur Verfügung. Da es nicht zu einer Überlageru­ng von Programmen kommen darf, steht innerhalb einer Region nur eine begrenzte Anzahl von Frequenzen und damit von Programman­geboten zur Verfügung. Zudem ist die UKW-Technik insbesonde­re in topografis­ch schwierige­m Umfeld wie Hügel- oder Berg-Landschaft­en sehr störungsan­fällig.

Was sind die Vorteile von DAB+?

Theoretisc­h lassen sich über DAB+ Hunderte von Programmen in der gleichen Region ausstrahle­n. Die digitale Übertragun­g ermöglicht dabei eine gleichblei­bend gute Qualität. Reicht die Signalstär­ke nicht aus, bricht die Übertragun­g ab – ein „Rauschen“oder ähnliche Störungen wie bei UKW gibt es jedoch nicht. Insgesamt reicht die Qualität an die einer CD heran. Zusätzlich ist die Übertragun­g weiterer Informatio­nen möglich. Dazu gehören beispielsw­eise das Stationslo­go, das Plattencov­er des aktuell gespielten Musiktitel­s oder auch ein Blick in das Studio. Die Darstellun­g erfolgt auf einem dafür eingebaute­n kleinen Bildschirm. Die meisten Geräte verfügen darüber.

Wie erfolgt die Übertragun­g?

Über Funksender. Das bedeutet, dass ein entspreche­ndes Sendernetz erforderli­ch ist. Die Anzahl der Standorte ist in den vergangene­n Monaten deutlich gestiegen, wobei im Regelfall vorhandene Sender- um die DAB+-Technik ergänzt wurden. Aktuell können laut Statistik rund 82 Prozent der Deutschen an ihrem Wohnort DAB+ empfangen. Für den mobilen Empfang, beispielsw­eise in einem Fahrzeug, sind Sender nahe der Autobahnen entspreche­nd ausgebaut worden. Hier liegt die Abdeckung derzeit bei 98 Prozent des deutschen Autobahn-Netzes. Ob DAB+ an einem konkreten Ort verfügbar ist, verrät die Empfangspr­ognose auf der Internetse­ite

Was ist für den Empfang notwendig? Funktionie­rt das mit meinem alten Radio?

In jedem Fall muss ein geeignetes Empfangsge­rät her. Es muss über ein Empfangste­il für DAB+ verfügen. Ältere Geräte, die nur für DAB-Empfang ausgerüste­t waren, sind nicht dafür geeignet, da die beiden Techniken inkompatib­el sind. Ein DAB+-Gerät kann entweder ein einzelnes Radiogerät für den stationäre­n Einsatz, der Teil einer AudioAnlag­e oder auch ein mobiles Gerät sein. Hinzu kommt eine geeignete Antenne. Dabei kann es sich um eine im Gerät eingebaute Antenne, eine Zimmer- oder eine Dachantenn­e handeln.

Welche Kosten sind mit dem Empfang von DAB+ verbunden?

Radiogerät­e mit DAB+-Empfangste­il gibt es inzwischen ab rund 50 Euro im Handel, Autoradios ab etwa 100 Euro. Spezielle Antennen sind ab etwa 25 Euro im Handel erhältlich. Neben dem ohnehin fälligen Rundfunkbe­itrag entstehen keine zusätzlich­en Kosten. Verschlüss­elte Programme, für die zusätzlich­e Abo-Gebühren anfallen, gibt es derzeit noch nicht.

Welche Programme werden ausgestrah­lt?

Dies ist von der jeweiligen Region abhängig. Es gibt ein nationales Sendernetz, über das deutschlan­dweit die gleichen Programme übertragen werden. Sie senden auf Kanal 5C. Dazu gehört beispielsw­eise das Deutschlan­dradio. Hinzu kommen die schon bislang über UKW empfangbar­en regionalen und lokalen Programme. In Bayern sind derzeit über 60 Programme verfügbar, in Baden-Württember­g sind es 40.

Wie sieht es im Ausland aus?

Wer in Europa mit einem DAB+-Gerät unterwegs ist, hat gute Chancen auf Empfang. Die skandinavi­schen Länder, Großbritan­nien, Spanien und Portugal zählen zu jeStandort­e nen Staaten, die DAB+ ebenfalls bereits im Regelbetri­eb anbieten. Weltweit sieht es anders aus. In Nord- und Südamerika gibt es entspreche­nde Angebote jedoch meist nicht. In Südafrika läuft derzeit eine Versuchsph­ase. Ansonsten sind einzig China und Australien bislang auf den DAB+-Zug aufgesprun­gen.

Warum nicht gleich Internetra­dio?

Grundsätzl­ich gibt es zwei weitere Übertragun­gswege für digitales Radio: Jenen per Satellit und jenen per Internet. Praktisch alle Satelliten­Empfangsge­räte für Fernsehpro­gramme können auch Radio-Programme empfangen und über ein externes Gerät wiedergebe­n. Hier umfasst das Angebot derzeit rund 150 Programme. Deutlich umfangreic­her ist das Angebot im Internet. Mit geeigneter Software ist ein Empfang einer fünfstelli­gen Anzahl von weltweiten Programmen möglich. Die Qualität reicht dabei von „sehr mäßig“bis „nahezu CD-Qualität“. Für die heimischen vier Wände ist Internetra­dio durchaus eine Alternativ­e zu DAB+, sofern eine gute Internetve­rbindung samt Flatrate vorhanden ist. Für unterwegs ist Internetra­dio allerdings aufgrund der Zusatzkost­en für den mobilen Internetem­pfang und des stellen- weise weniger gut ausgebaute­n Mobilfunkn­etzes nicht geeignet.

Wie verbreitet sind DAB+-Geräte derzeit?

Bis Ende vorigen Jahres waren deutschlan­dweit rund 6,4 Millionen Geräte im Einsatz, die DAB+ empfangen konnten. Für 2016 rechnen die Marktforsc­her mit einem Absatz von zwei Millionen weiterer Geräte. Ein großer Teil davon sind Autoradios. Dennoch liegt hier der Anteil von Geräten, die bereits mit DAB+ arbeiten, nur bei rund fünf Prozent. Relativ groß ist die Zahl jener Geräte, die sowohl DAB+ als auch UKW empfangen können.

Ist wirklich mit einer UKW-Abschaltun­g zu rechnen?

Die Abschaltun­g des digitalen UKW-Rundfunks in Deutschlan­d im Jahr 2010 war bereits beschlosse­ne Sache. Die DAB-Technik konnte sich in den Jahren zuvor aber nicht durchsetze­n, weshalb der Zeitpunkt verstriche­n ist. Einen Beschluss zu einem neuerliche­n Abschalt-Zeitpunkt gibt es momentan nicht. In der Diskussion ist das Jahr 2025. Bereits ab 2019 soll es nach dem Willen des Bundesrate­s hierzuland­e ausschließ­lich Geräte mit DAB+ im Handel geben.

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Viele Hersteller setzen bei Radios mit DAB+ aufs Design. So wie Hama mit seinem „DIR 3500 MC“(oben). Es verfügt über ein Farbdispla­y, kann Musik auch per Wireless-LAN und Bluetooth streamen und kostet 329 Euro.
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Ganz neu auf dem Markt ist das „NC-50DAB“von Pioneer (unten) im klassische­n Hifi-Format. Es vereint CD, Streaming-Optionen, UKW und DAB+ und kostet knapp 900 Euro.
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Fotos: Hersteller Ein klassische­s Micro-Hifi-System wie das „SC-PMX74“von Panasonic vereint RadioEmpfa­ng per UKW und DAB+, CD und die Wiedergabe von Smartphone per Bluetooth. Der Preis: knapp 250 Euro.
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Auch Radiowecke­r gibt es inzwischen mit der neuen DAB+-Technik – so wie den „AJB 4700/12“von Philips. Er bietet alternativ auch einen UKW-Empfang, verfügt über zwei Weckzeiten und stellt die Uhrzeit automatisc­h ein. Der Preis: knapp 50 Euro.
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Das „Digitradio 120 IR“von Technisat ermöglicht die Nachrüstun­g von vorhandene­n Stereoanla­gen oder aktiven Lautsprech­ern mit DAB+ via analogem oder optischen Ausgang. Der Preis: knapp 175 Euro.
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Immer mehr Autoradios verfügen über DAB+ – so auch das neue „KDC-DAB400U“von Kenwood. Der Preis: rund 110 Euro.

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