Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Tuberkulose: Aufregung auch in Neusäß
Gesundheit Mitschüler und Lehrer des an TBC erkrankten Asylbewerbers wurden untersucht. Warum es keine Impfung mehr gibt
Nicht nur in Aystetten hat der junge Asylbewerber, der an Tuberkulose (TBC) erkrankt ist, für Aufregung gesorgt. Auch an der Eichenwaldschule in Neusäß, die der 17-Jährige besucht, war die Beunruhigung groß. Rektorin Jutta Gasteiger erinnert sich: „Seiner Klassenlehrerin ist im Juni aufgefallen, dass er immer dünner wurde.“Auch seine Betreuer im Heim hätten festgestellt, dass etwas nicht stimme. „Er hat extrem schlecht ausgesehen“, sagt Gasteiger.
Im Juni, noch vor den Pfingstferien, habe eine Lehrerin den Jungen nach Hause geschickt. „Da hat er noch nicht gehustet“, sagt Gasteiger. Ende Juli, kurz vor den Sommerferien habe sie dann die Information vom Gesundheitsamt erhalten, dass der Junge an einer offenen Tuberkulose erkrankt sei. „Zu dieser Zeit war er schon länger im Krankenhaus“, erinnert sie sich.
Einige Wochen vor der Diagnose, im April, absolvierte der Jugendliche ein Praktikum im Aystetter Kindergarten. Unklar ist, ob er zu dieser Zeit schon die Erreger in sich trug (wir berichteten). Wie im Aystetter Kindergarten herrschte auch an der Eichenwaldschule zunächst Aufregung. Alle Schüler und Lehrer, die direkten Kontakt mit dem Erkrankten hatten, mussten daher im September einen Bluttest machen. Warum erst so spät? Jutta Gasteiger erklärt: „Es dauert sechs Wochen, bis man die TBC-Erreger nachweisen kann.“
Bis auf eine Lehrerin seien alle Getesteten unauffällig, berichtet die Rektorin. Es sei jedoch nicht klar, ob sich die Lehrkraft bei dem 17-Jährigen oder woanders infiziert habe. Andere gefährdet sie nicht, obwohl sie die Erreger in sich trägt. „Tuberkulose ist erst dann ansteckend, wenn sie offen ist“, weiß Gasteiger und ergänzt: „Die betroffene Lehrerin macht nun eine Antibiotika-Therapie.“
Der junge Asylbewerber ist nach seinem Krankenhausaufenthalt inzwischen wieder gesund. „Er geht wieder zur Schule und schaut viel besser aus“, sagt die Rektorin. Auf der Aystetter Bürgerversammlung, auf der das Thema in der vergangenen Woche aufkam, erwähnte ein Gast, dass der junge Asylbewerber am Tag der offenen Tür des Aystetter Musikvereins Instrumente ausprobiert haben soll. Bürgermeister Peter Wendel, der die Information auf Anfrage unserer Zeitung zunächst bestätigt hatte, korrigierte sich nun und sagte: „Da hatte ich falsche Informationen, die Aussage war falsch.“Er selbst sei am Tag der offenen Tür nicht vor Ort gewesen. Die Vorsitzende des Musikvereins, Annette Nußbaumer, legt ebenfalls Wert auf die Feststellung, dass beim Tag der offenen Tür kein Flüchtling anwesend war.
Viele Menschen befürchten, dass mit der erhöhten Zahl an Asylbewerbern auch das Risiko steigt, an Tuberkulose zu erkranken. Doktor Jakob Berger, schwäbischer Bezirksvorsitzender beim Bayerischen Hausärzteverband, sagt jedoch: „Kein Grund zur Besorgnis. Ich denke, dass sich die TuberkuloseGefahr durch Asylbewerber wenn nur minimal erhöht hat.“Denn auch in anderen Ländern oder sogar in Deutschland kann man sich mit der Lungenkrankheit infizieren. Die Erreger werden durch Tröpfcheninfektion übertragen. „Bei jungen, gesunden Menschen ist die Ansteckungsgefahr nicht groß. Da wehrt sich der Körper“, sagt der Mediziner. Bei einer schlechten Immunlage bestehe ein größeres Risiko.
Eine Impfung gegen Tuberkulose gibt es nicht mehr. „Das macht man nicht mehr, die Impfung hat sich nicht bewährt“, erklärt Berger. Früher wurden Neugeborene sofort geimpft, jedoch sei der Impfstoff nicht sehr effektiv gewesen. „Heute gibt es außerdem sehr gute Behandlungsmöglichkeiten“, sagt Berger.
Anzeichen für eine TuberkuloseErkrankung seien Nachtschweiß, Schwäche, Müdigkeit, hartnäckiger Husten sowie eine Gewichtsabnahme. Berger sagt aber: „Diese Symptome sind immer abklärungsbedürftig, da kann sich ja alles Mögliche dahinter verbergen.“