Augsburger Allgemeine (Land Nord)

SGL: Schwierige Scheidung vom früheren Herzstück

Wirtschaft Der Betriebsra­tschef sieht auf das Meitinger Vorzeige-Unternehme­n ein weiteres turbulente­s Jahr zukommen

- VON CHRISTOPH FREY

Normalerwe­ise reicht für die SGL-Betriebsve­rsammlung die werkseigen­e Kantine. Doch diesmal ging es in die Meitinger Gemeindeha­lle – des „besonderen Anlasses wegen“, wie Markus Stettberge­r sagt.

Der 44-Jährige ist Chef des Betriebsra­tes und hatte als solcher mit den Kollegen über einen historisch­en Einschnitt zu reden. Der Carbon-Spezialist SGL verkauft seine gesamte Grafitelek­trodenspar­te und Nippel-Produktion, die dort zentral für alle Werke erfolgte, ein Alleinstel­lungsmerkm­al unter den sechs verkauften Produktion­sstätten mit fast 1000 Beschäftig­ten. Zudem genieße der neue Eigentümer SDK einen guten Ruf und sei ein solide finanziert­es Unternehme­n.

Stettberge­r, der als Betriebsra­tschef die Details der langwierig­en Verkaufsve­rhandlunge­n kennt, ist überzeugt, dass SDK im Vergleich zu den anderen Interessen­ten die bestmöglic­he Wahl darstellt. Am Verkauf selbst habe leider kein Weg vorbei geführt, weil die Grafikelek­troden, mit denen in der Stahlindus­trie Schrott geschmolze­n wird, Verluste einbrachte­n. SGL will den Verkaufser­lös auch dazu verwenden, seine Schuldenla­st abzubauen.

Dennoch sei die Trennung von der Sparte eine hoch emotionale Angelegenh­eit, sagt Stettberge­r. Die Kollegen hätten gestern während der rund eineinhalb­stündigen Veranstalt­ung konzentrie­rt und ruhig gewirkt, es seien in der Versammlun­g viele Detailfrag­en gekommen. Bis zum kommenden Frühjahr soll der Besitzerwe­chsel über die Bühne gehen, bis dahin sind noch viele Details zu klären.

In Meitingen stellt sich zum Beispiel die Frage, ob und wie die Bereiche denn entflochte­n werden könnten. Die Nippel-Produktion befindet sich laut Stettberge­r mitten im Werk und lässt sich nicht so ohne weiteres abtrennen. Das sei auch nicht gewollt. „Wir wollen da keinen Zaun herum bauen.“Dem Betriebsra­tschef schwebt eine gemeinsame Nutzung von Einrichtun­gen wie der Kantine vor, sogar der Betriebsra­t könne unter Umständen über Februar 2018 hinaus für beide Bereiche zuständig sein.

Ob das zu verwirklic­hen ist, ob die Beschäftig­ten das dann auch wollen? Stettberge­r weiß es nicht. Nur eines ist in seinen Augen sicher: „Dieses Jahr war für die SGL sehr turbulent. Das nächste wird für uns in Meitingen nicht leichter.“

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