Augsburger Allgemeine (Land Nord)
SGL: Schwierige Scheidung vom früheren Herzstück
Wirtschaft Der Betriebsratschef sieht auf das Meitinger Vorzeige-Unternehmen ein weiteres turbulentes Jahr zukommen
Normalerweise reicht für die SGL-Betriebsversammlung die werkseigene Kantine. Doch diesmal ging es in die Meitinger Gemeindehalle – des „besonderen Anlasses wegen“, wie Markus Stettberger sagt.
Der 44-Jährige ist Chef des Betriebsrates und hatte als solcher mit den Kollegen über einen historischen Einschnitt zu reden. Der Carbon-Spezialist SGL verkauft seine gesamte Grafitelektrodensparte und Nippel-Produktion, die dort zentral für alle Werke erfolgte, ein Alleinstellungsmerkmal unter den sechs verkauften Produktionsstätten mit fast 1000 Beschäftigten. Zudem genieße der neue Eigentümer SDK einen guten Ruf und sei ein solide finanziertes Unternehmen.
Stettberger, der als Betriebsratschef die Details der langwierigen Verkaufsverhandlungen kennt, ist überzeugt, dass SDK im Vergleich zu den anderen Interessenten die bestmögliche Wahl darstellt. Am Verkauf selbst habe leider kein Weg vorbei geführt, weil die Grafikelektroden, mit denen in der Stahlindustrie Schrott geschmolzen wird, Verluste einbrachten. SGL will den Verkaufserlös auch dazu verwenden, seine Schuldenlast abzubauen.
Dennoch sei die Trennung von der Sparte eine hoch emotionale Angelegenheit, sagt Stettberger. Die Kollegen hätten gestern während der rund eineinhalbstündigen Veranstaltung konzentriert und ruhig gewirkt, es seien in der Versammlung viele Detailfragen gekommen. Bis zum kommenden Frühjahr soll der Besitzerwechsel über die Bühne gehen, bis dahin sind noch viele Details zu klären.
In Meitingen stellt sich zum Beispiel die Frage, ob und wie die Bereiche denn entflochten werden könnten. Die Nippel-Produktion befindet sich laut Stettberger mitten im Werk und lässt sich nicht so ohne weiteres abtrennen. Das sei auch nicht gewollt. „Wir wollen da keinen Zaun herum bauen.“Dem Betriebsratschef schwebt eine gemeinsame Nutzung von Einrichtungen wie der Kantine vor, sogar der Betriebsrat könne unter Umständen über Februar 2018 hinaus für beide Bereiche zuständig sein.
Ob das zu verwirklichen ist, ob die Beschäftigten das dann auch wollen? Stettberger weiß es nicht. Nur eines ist in seinen Augen sicher: „Dieses Jahr war für die SGL sehr turbulent. Das nächste wird für uns in Meitingen nicht leichter.“