Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Erdbeben
Schwere Erdstöße erschütterten gestern Abend Mittelitalien
Zwei Monate nach der Erdbeben-Katastrophe in Mittelitalien ist die Region erneut von mehreren schweren Erdstößen erschüttert worden. Innerhalb von gut zweieinhalb Stunden bebte die Erde am Mittwochabend in der gleichen Region, die bereits Ende August von einem verheerenden Beben heimgesucht worden war.
Der schwerste Stoß ereignete sich um 21.18 Uhr nahe Visso. Seine Stärke lag nach Angaben verschiedener Erdbebenwarten zwischen 5,9 und 6,1. Das Ausmaß der Schäden war am späten Abend unklar. Beim ersten heftigen Stoß war ein Wert von etwa 5,5 erreicht worden. Im Anschluss daran sprachen die Behörden zunächst von zwei Verletzten. „Wir haben Berichte über zwei verletzte Personen in der Gegend um Visso“, sagte der Chef des Zivilschutzes, Fabrizio Curcio, am Mittwochabend dem Fernsehsender Sky TG24. Die Gemeinde liegt in der Provinz Macerata in der Region Marken nahe einem Nationalpark.
Bei dem Beben im August, das sich in der gleichen Region ereignet hatte, waren 298 Menschen ums Leben gekommen, die meisten davon in der Ortschaft Amatrice. Cesare Spuri vom Zivilschutz der Region Marken sagte laut der Nachrichtenagentur Ansa nach einer ersten Kontrolle des Gebiets: „Die kritischste Situation ist in Castelsantangelo sul Nera, wo die Stromversorgung fehlt.“Der Bürgermeister des Ortes, Mauro Falcucci, sagte dem TVSender Sky TG24: „Mit Sicherheit gab es Einstürze.“
Medienberichten zufolge war das Beben auch in Florenz und Neapel zu spüren. Laut dem Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi, kam es auch dort erneut zu Schäden. „Es gab Einstürze, aber nur von Gebäuden, die schon beschädigt waren. Natürlich weckt das wieder die Angst.“In der italienischen Gemeinde Ussita, nahe dem Zentrum des starken Nachbebens am Mittwochabend, herrscht nach Aussage des Bürgermeisters Weltuntergangsstimmung. „Die Gegend um unseren Ort ist erledigt. Es ist eine apokalyptische Situation“, sagte Marco Rinaldi vor TV-Kameras. Wegen des ersten Bebens seien zum Zeitpunkt des Nachbebens aber bereits „alle draußen, alle auf der Straße“gewesen. Er sei deshalb zuversichtlich, dass niemand verletzt wurde. Es sei das stärkste Beben gewesen, das er jemals erlebt habe, sagte Rinaldi. Es sei „furchtbar lang“gewesen.
Dem italienischen Institut für Geophysik und Vulkanologie zufolge besteht ein Zusammenhang zwischen den Beben vom Mittwoch und dem Beben im August. „Die Nachbeben können lange dauern, manchmal Monate“, sagte der Geologe Mario Tozzi. Erschwert wurde die Lage in allen Fällen dadurch, dass sich die Erdbeben in einer Bergregion mit vielen schwer zugänglichen Ortschaften ereigneten.
Auch in der Hauptstadt Rom, rund 120 Kilometer entfernt, gab es Schäden. In mehreren Gebäuden seien Risse festgestellt worden, berichtete Ansa am Abend. Nach dem ersten Stoß seien innerhalb von einer halben Stunde rund hundert Notrufe beim Zivilschutz eingegangen. Menschen liefen auf die Straße, einige twitterten Videos von wackelnden Lampen und Fenstern, die sich durch das Zittern geöffnet hatten. Mehrere Schulen werden infolge der schweren Erdstöße heute geschlossen bleiben – beispielsweise in Assisi und Foligno in Umbrien und in L’Aquila in der Region Abruzzen. Die Sicherheit aller Schulen der Gemeinde sollte überprüft werden, schrieb der Bürgermeister von L’Aquila, Massimo Ciale.