Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Diese Narren
Phänomen Vorfälle mit Horror-Clowns zehren an den Personalreserven der Polizei. Dabei verbreiten oft gar nicht die Täter selbst Panik – sondern gefährliche Falschmeldungen
Ein Horror-Clown geisterte angeblich an der Augsburger Fachoberschule herum, ein anderer an der Mittelschule von Neuburg (Kreis Neuburg-Schrobenhausen): Doch die Polizei sagte in beiden Fällen: Da war nichts.
Vor allem Gerüchte um sogenannte Horror-Clowns machen den bayerischen Polizisten derzeit zu schaffen – wirklich strafrechtlich relevante Fälle, in denen die unheimlichen Fratzenträger tatsächlich angriffen, gab es bislang hingegen kaum. Das ergab eine Umfrage bei den Polizeipräsidien im Freistaat. „Da existieren sehr viele Falschmeldungen“, sagt etwa ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd in Rosenheim. Demgegenüber stehe nur eine geringe Zahl verifizierter Fälle.
Da nicht alle Angriffe – vor allem nicht alle angeblichen – erfasst werden, können die Behörden keine exakte Zahl nennen. In den Zuständigkeitsbereichen vieler Präsidien ist die Anzahl der Meldungen aber einstellig und damit vergleichsweise gering. Die Präsidien in Mittelfranken und Niederbayern sprechen von zehn bis 20 Fällen. Zum Vergleich: Rund 200 polizeilich erfasste Vorfälle meldete etwa Nordrhein-Westfalen. Dem Sprecher aus Rosenheim zufolge werde in sozialen Netzwerken dazu aufgerufen, Clown-Sichtungen zu melden. Manche Meldungen seien aber kurz darauf wieder verschwunden.
„Das Thema beansprucht unsere Personalreserven“, sagt ein Sprecher des Präsidiums Oberfranken. Das Präsidium Oberfranken hatte am Dienstag zum Beispiel öffentlich gemacht, dass sich ein 38-Jähriger wegen einer Falschmeldung über eine angeblich gewalttätige Attacke von Horror-Clowns verantworten muss. Ihm droht eine Geldstrafe – oder im härtesten Fall sogar drei Jahre Haft.
Wenn ein Horror-Clown gefasst wird – wie etwa in Aschaffenburg geschehen – ermitteln die Behörden wegen Nötigung gegen ihn. Ein Sprecher des Präsidiums Oberpfalz sagt, sehr viele Leute wollten Panik schüren und meldeten daher angebliche Clown-Sichtungen. Bisher habe sich aber nur ein Fall bestätigt, dabei sei niemand zu Schaden gekommen. Ähnlich klingt es in Oberbayern Nord.
Aus Augsburg hieß es, die meisten Meldungen beruhten auf derzeit nicht nachweisbaren Schilderungen von Trittbrettfahrern oder Personen, „die auch einen ,Beitrag‘ zu dem Thema liefern wollten, warum auch immer“. Anders sieht es in Kempten aus, wo ein Neunjähriger nach einer Horror-Clown-Attacke Schlafstörungen hat, wie ein Polizeisprecher sagte. Dies sei aber im Bereich des Präsidiums Schwaben Süd der bisher einzige strafrechtlich relevante Fall. Der Sprecher meint weiter, derzeit herrsche durch die Berichterstattung Verunsicherung bei den Menschen. In einem Fall sei der angebliche Clown ein Mitarbeiter der Stadt in Warnweste gewesen. „Es ist durchaus vorstellbar, dass die Zeit vor und an Halloween vermehrt dazu genutzt wird, diese Masken zu kaufen und auch zu tragen“, ergänzt ein Mitarbeiter des Präsidiums Unterfranken.
Die ersten Vorfälle mit den gruseligen Figuren wurden vor einigen Monaten in den USA gemeldet. Dort trugen einige Clowns sogar Waffen und jagten Kindern hinterher. Wenig später tauchten die ersten Trittbrettfahrer in Großbritannien auf. Dort appellierte die Polizei deshalb an Partyläden, vor Halloween furchterregende Kostüme aus dem Sortiment zu nehmen.
Schade seien die Folgen auch in Deutschland voraussichtlich für Kinder, die an Halloween einfach nur „Süßes oder Saures“wollten, bedauert der Sprecher aus Oberfranken. „Die Vorfälle geraten zum Nachteil der Kinder.“Ein Sprecher des Polizeipräsidium Schwaben Nord ist trotz allem zuversichtlich: „Spätestens mit oder kurz nach Halloween sollte der Spuk dann endgültig vorbei sein.“