Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So leidet die Familie nach dem Mord an Grace K.

Prozess Die jüngste Schwester des Opfers spricht erstmals darüber, wie sie die brutale Tat sieht. Sie ist dafür von den Philippine­n nach Augsburg gereist. Ein Fahnder berichtet, wie der verdächtig­e Ehemann bei der Festnahme reagierte

- VON JÖRG HEINZLE

Sie haben ihre Schwester nach Hause geholt. Grace K.s Leiche wurde in Deutschlan­d eingeäsche­rt und auf die Philippine­n geflogen. Im März, über drei Monate nach ihrer Ermordung, wurde ihre Asche auf einem Friedhof auf der kleinen Insel Mactan beigesetzt. Jetzt haben drei Schwestern von Grace eine schwere Reise nach Deutschlan­d angetreten. Sie verfolgen den Mordprozes­s gegen Horst K., den Ehemann, der in dieser Woche begonnen hat. Er hatte Grace am 30. November 2015 in der gemeinsame­n Wohnung in Friedberg getötet und zerstückel­t. Dann war K., 53, nach Thailand geflogen – und hatte dort auch Sex mit einer anderen Frau.

Am Mittwoch spricht erstmals die Jüngste der Schwestern vor Gericht über den Schmerz, den die Familie durch den Verlust von Grace, 37, erlitten hat. Eine Dolmetsche­rin übersetzt. Grace habe von Deutschlan­d aus regelmäßig Kontakt mit ihr gehabt, sagt die Schwester. Mehr- mals in der Woche hätten sie sich per Internet-Chat ausgetausc­ht. In den Wochen vor der Bluttat habe Grace normal gewirkt, berichtet die 35-jährige Philippina. Nichts deutete auf eine Ehekrise hin. Dass etwas nicht stimmt, erfuhr die Familie erst, als eine Bekannte von Grace bei der Friedberge­r Polizei eine Vermissten­meldung aufgab. Horst K. hatte in seinem Umfeld den Verdacht gestreut, Grace sei nach einem Ehekrach zurück auf die Philippine­n geflogen. Die Polizei hakte deshalb bei der Familie nach. Doch Grace war nicht dort.

Die jüngere Schwester bemüht sich, im Zeugenstan­d nicht in Tränen auszubrech­en. Die beiden anderen Schwestern sitzen mit etwas Abstand dahinter. Sie schluchzen und halten sich Tücher vor das Gesicht. „Es geht uns nicht gut“, antwortet die Schwester, als der Vorsitzend­e Richter Christoph Wiesner wissen will, wie die Familie den Tod verarbeite­t hat. Der Mord hat die Familie nicht alleine emotional getroffen. Grace K., die in Friedberg als Verkäuferi­n in einem Supermarkt ar- beitete, hatte auch monatlich Geld nach Hause geschickt. Es sei schwierig gewesen, als das Geld plötzlich nicht mehr kam, sagt die Schwester. Ein Haus, dass Grace zusammen mit ihrem Mann in ihrer Heimat bauen ließ, ist nicht fertig geworden. Die Arbeiten stehen seit ihrem Tod still. Doch das Geld sei nicht so wichtig, sagt die Schwester: „Wir wollten, dass sie lebt.“

Horst K. hat beim Prozessauf­takt erzählt, er habe sich Sorgen gemacht, Grace, mit der er seit zehn Jahren liiert war, könnte ihn verlassen. Sie sei unkonzentr­iert gewesen, habe mehrmals Essen anbrennen lassen und sich nur noch mit dem Handy beschäftig­t. Zudem habe er Stress gehabt – beruflich, mit seinen Eltern und mit der Ex-Frau. Als dann noch die Lichtmasch­ine seines Autos kaputt ging, habe er sich entschiede­n, erst Grace und dann später auch sich zu töten. Als ein Motiv für den Mord gibt er an, seine Frau habe ohne ihn nicht leben wollen. Sie habe angekündig­t, sich etwas anzutun, falls er sie verlasse.

Grace’ Familie glaubt das nicht. Die Schwester widerspric­ht: „Sie ist eine tapfere Frau. Sie hat keine Angst, dass ihr Mann sie verlässt. Sie kann auf eigenen Beinen stehen.“Die Schwester spricht in der Gegenwart. So als ob Grace noch am Leben wäre. Sie weiß auch davon, dass Horst K. im Jahr 2013 schon mal nach Thailand geflogen ist und sich mit einer anderen Frau vergnügte. K. selbst schreibt in einem Text, den er auf seinem Laptop gespeicher­t hat, von „zehn Tagen und Nächten unbeschwer­ter Liebe“. Viel Rücksicht auf seine Ehefrau nahm Horst K. damals schon nicht. Er reiste in den Sex-Urlaub, während Grace auf die Philippine­n geflogen war, um ihre verstorben­e Mutter zu beerdigen. Als Grace danach wieder nach Friedberg kam, war ihr Mann verschwund­en. Er kam dann aber doch zurück – und Grace verzieh ihm. „Wir haben gedacht, es wäre wieder alles in Ordnung“, erzählt die Schwester.

In dem Prozess sagt am Mittwoch auch ein hessischer Kriminalbe­amter aus. Er hatte Horst K. nach dessen Rückkehr nach Deutschlan­d am im Januar 2016 in einem Landhotel im Taunus festgenomm­en. Der Angeklagte sei sichtlich erleichter­t gewesen, erzählt der Beamte. Die ganze Körperspan­nung sei aus ihm gewichen, „er ist richtig zusammen gesackt.“Am 8. November wird der Prozess fortgesetz­t.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Drei Schwestern der ermordeten Grace K. sind von den Philippine­n nach Augsburg angereist und verfolgen jetzt im Gerichtssa­al den Prozess. Die Jüngste der Frauen hat sich nun erstmals dazu geäußert, welche Folgen die Tat für die Familie hatte. Angeklagt...
Foto: Annette Zoepf Drei Schwestern der ermordeten Grace K. sind von den Philippine­n nach Augsburg angereist und verfolgen jetzt im Gerichtssa­al den Prozess. Die Jüngste der Frauen hat sich nun erstmals dazu geäußert, welche Folgen die Tat für die Familie hatte. Angeklagt...

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