Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein ganzes Dorf ehrt den heiligen Leonhard
Kirche Am Sonntag ist in Gabelbachergreut Leonhardiritt. Es kommen bis zu 100 Pferde und 1000 Gäste – ein großer Aufwand für den kleinen Ort
Der heilige Leonhard gilt als Schutzpatron aller, die „in Ketten liegen“: der Gefangenen, der „Geisteskranken“(die man früher ankettete) und des Viehs. Aus dieser Heiligenverehrung ist eine große Tradition entstanden: die der Leonhardiritte, die rund um den Namenstag am 6. November in ganz Bayern stattfinden. Weil viele Reiter an mehreren Veranstaltungen teilnehmen wollen, haben sich die Gabelbachergreuter vor vielen Jahren entschieden, schon am letzten Oktoberwochenende zu feiern.
Der Leonhardiritt hat in dem Zusmarshauser Ortsteil eine lange Tradition. Die Überlieferung geht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Nach einer längeren Pause wurde die Pferdesegnung 1990 wiederbelebt, organisiert von Kirchenverwaltung und Feuerwehr. Heuer findet sie am Sonntag, 30. Oktober, statt. Um 13.15 Uhr beginnt die Andacht in der Kirche, anschließend geht der Leonhardiritt ab 14 Uhr durch den Ort. Wenn das Wetter passt, dann werden bis zu 100 Pferde und zehn Kutschen an dem Umzug teilnehmen und bis zu 1000 Gäste am Straßenrand zusehen, schätzt Kirchenpfleger Franz Stöckle. Unter den Reitern und Kutschern seien viele „Stammgäste“. Viele stehen an diesem Tag schon frühmorgens im Stall, um die Tiere und Wagen zu schmücken, erzählt er.
Vor Leonhardi ist im Dorf viel zu tun. Etwa 50 Helfer sind beteiligt, erzählt Stöckle – das ist fast ein Viertel der Einwohner von Gabelbachergreut. Die Vorbereitung beginnt schon mehrere Wochen vorher: Teilnehmer anschreiben, Versicherung anmelden und beim Landratsamt die Straßensperrung beantragen. Am Samstag bauen die Helfer noch das Zelt auf. Am Festtag selbst kümmern sie sich um die Bewirtung, die örtliche Feuerwehr regelt den Verkehr. Zurzeit haben die Senioren aus dem Dorf die meiste Arbeit, erzählt Stöckle: Sie gestalten jedes Jahr den aufwendigen Erntewagen. Auch die beiden Wagen für die historische Feuerwehrspritze und den Leonhardsnagel müssen geschmückt werden.
Letzterer ist eine Besonderheit von Gabelbachergreut. Außer hier gibt es in Schwaben nur noch in Inchenhofen einen solchen Nagel. Er wurde wohl aus den Votivgaben der Wallfahrer geschmiedet, wiegt etwa 115 Kilogramm und ist 90 Zentimeter lang. Darauf finden sich eine Reihe von Inschriften aus Ortsnamen und Jahreszahlen. Wahrscheinlich wurde hier die Herkunft der Wallfahrer eingeritzt. Der älteste Schriftzug, der entzifferbar ist, ist „Bobingen 1612“. Der eiserne Klotz wurde früher übrigens auch als Kraftmesser verwendet: Junge Burschen versuchten, den Nagel zu heben und ihn auf der Schulter ein Stück zu tragen. Deshalb soll er auch öfter ins Wirtshaus geschleppt worden sein – mit der Aussicht auf Freibier. Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute hat der Nagel seinen Platz vor der Kirche und wird nur noch bei Umzügen mitgezogen. O
Während des Leonhardiritts sind Leonhard-, Angerstraße, Kohlstattweg, An der Weide und Am Beierfeld für den gesamten Verkehr gesperrt. An den Ortseingängen stehen Feuerwehrleute, die den Gästen Parkplätze zuweisen.