Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Stau muss in Kauf genommen werden“
Verkehr Die Kritik, dass die Autobahn in jüngster Zeit zu oft komplett gesperrt werden musste und der Verkehr zu spät gewarnt wurde, weisen Polizei und Betreibergesellschaft zurück
Stundenlang im Stau stehen. Und wenig, bis gar nichts geht vorwärts. Autofahrer auf der A 8 mussten am vergangenen Wochenende und auch am Montag viel Geduld mitbringen. Nach schweren Verkehrsunfällen bei Günzburg und zwei Tage später bei Zusmarshausen musste jeweils die Straße in einer Fahrtrichtung komplett gesperrt werden. Prompt wurde Kritik laut, dass die Autobahn zuletzt immer öfter viel zu lange blockiert und der Verkehr zu spät ausgeleitet werde. Vertreter von Polizei und Betreibergesellschaft Pansuevia weisen die Vorwürfe gegenüber unserer Zeitung klar zurück.
Pansuevia-Geschäftsführer Robert Schmidt betont, dass er selbst überhaupt kein Interesse habe, die Autobahn dicht zu machen. Die Entscheidung darüber, die A8 zu sperren, „machen wir uns nicht leicht“, sagt Wolfgang Sandner, stellvertretender Dienststellenleiter der Autobahnpolizei Gersthofen. Sein Kollege Herbert Bregenzer, stellvertretender Leiter der Autobahnpolizei Günzburg sagt klipp und klar: „Bei einem Unfall geht es um Menschenleben. Das ist vordringlich. Da ist ein Stau zweitrangig.“
Bei dem Unfall am Samstag kurz vor der Anschlussstelle Günzburg sei nahezu der schlimmste Fall eingetreten: Das Unfallszenario erstreckte sich über drei Fahrbahnen, eine Frau war lebensgefährlich verletzt, der Unfallhergang so unklar, dass ein Gutachter eingeschaltet werden musste, um Spuren zu sichern. Solange die Arbeit nicht erledigt sei, könne die Unfallstelle nicht geräumt werden, stellt Bregenzer klar. In diesem Fall war die A8 in Richtung Stuttgart laut Bregenzer von 14 bis 18 Uhr gesperrt, danach konnte der Verkehr zumindest auf einer Spur vorbeigeleitet werden. Warum der Verkehr nicht viel früher in Burgau ausgeleitet wurde, wollte so mancher Autofahrer später wissen. Für Bregenzer gilt auch hier: „Sicherheit geht in jedem Fall vor.“Generell müsse bei einem Unfall als erstes der Einsatzort und dann der Stau abgesichert werden, um zu verhindern, dass weitere Autofahrer oder gar Rettungskräfte während ihrer Arbeit verunglücken. Erst an dritter Stelle stehe eine mögliche Ausleitung des Verkehrs. Da der Polizei dafür die Mittel fehlten – beispielsweise Warnanhänger – wurde die private Betreibergesellschaft Pansuevia alarmiert.
Pansuevia-Geschäftsführer Robert Schmidt betont, dass der private Betreiber sehr bemüht sei, Polizei und Rettungskräfte so gut wie möglich zu unterstützen. Ohne polizeiliche Anordnung könne Pansuevia jedoch nicht eigenmächtig den Verkehr ausleiten. „Wir haben keine Möglichkeit, einzugreifen.“Am Samstag sei eine halbe Stunde nach dem Unfall die Ausleitung vorbereitet worden, die Entscheidung, wo der Verkehr auf den Stau aufmerksam gemacht werden soll, sei nicht leicht, sagt Schmidt. Man müsse abschätzen, wie sich der Stau entwickeln könnte. Wenn der Sicherungszug, bestehend aus mehreren sogenannten Verkehrsleitanhängern, einmal positioniert sei, könnte er nicht mehr nach hinten verschoben werden. Am Samstag seien die Autos frühzeitig an der Anschlussstelle in Burgau ausgeleitet worden.
Dies war jedoch am Montag nicht der Fall. Zwischen Zusmarshausen und Burgau war ein Sattelzug mit einem Auto kollidiert, die Strecke musste für 20 Minuten komplett gesperrt werden. Die Folge: Der Verkehr in Richtung München staute sich auf mehreren Kilometern, in der Folge passierte ein zweiter folgenschwerer Unfall. Ein Rentner krachte in einen stehenden Lastwagen und wurde lebensgefährlich verletzt. Dass der Unfall hätte vermieden werden können, verneint Wolfgang Sandner. Er sei einer Unaufmerksamkeit des Fahrers geschuldet gewesen.
Eine Totalausleitung hätte an anderer Stelle Probleme hervorgerufen, da dort auch von drei Spuren auf eine gefahren werden müsse. Für Sandner gilt: „Ein Stau von ein oder zwei Stunden ist zumutbar und muss in Kauf genommen werden.“In den Augen von Robert Schmidt könnte so mancher Stau deutlich schneller aufgelöst werden, wenn die Autofahrer disziplinierter reagierten. Das erste Problem sei bei einem Stau die fehlende Rettungsgasse.