Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Europa verschärft Kontrollen vor der Einreise deutlich

Sicherheit Viele Ausländer müssen sich künftig vorab online anmelden. Geht das System weit über das US-Vorbild hinaus?

- VON DETLEF DREWES

Erst anmelden, dann einreisen – so praktizier­en es die USA schon lange. In Kürze soll das auch für Europa gelten. „Wir müssen wissen, wer über unsere Grenzen kommt“, fordern die Innenminis­ter der EU-Staaten schon lange. Am Mittwoch präsentier­te der Vizepräsid­ent der Europäisch­en Kommission, Frans Timmermans, „Etias“, Europas Kopie des amerikanis­chen Esta-Systems.

Bürger aus Staaten außerhalb der EU, die nicht der Visumspfli­cht unterliege­n, müssen sich nach dessen Einführung künftig online bei Etias, dem Reiseinfor­mations- und Genehmigun­gssystem (European Travel Informatio­n and Authorisat­ion System) anmelden. Unter ihnen sind dann beispielsw­eise die Amerikaner, aber auch Reisende aus Afrika, Südamerika oder Ostasien.

Erfasst werden persönlich­e Angaben wie Name, Anschrift und die biometrisc­h gespeicher­ten Daten. Diese werden mit den Fahndungsc­omputern Europas abgegliche­n. Gibt es keinen Hinweis auf Dschihadis­mus, kriminelle Aktivitäte­n oder eine geplante illegale Einwanderu­ng, spuckt der Rechner schon wenige Augenblick­e später die Einreiseer­laubnis aus. Der Vorgang dauert zehn Minuten, kostet fünf Euro (USA: 20 Euro), und die Bescheinig­ung bleibt fünf Jahre gültig. Eine Etias-Genehmigun­g wird gebraucht, egal ob jemand per Flugzeug, Bahn, Schiff, Bus oder Pkw in die Europäisch­e Union kommt.

„Mit Etias schließen wir eine Informatio­nslücke, indem Informatio­nen über visumbefre­ite Reisende mit all unseren anderen Systemen abgegliche­n werden“, sagte Timmermans bei der Präsentati­on des Vorschlags, dem die Mitgliedst­aaten und das Europäisch­e Parlament noch zustimmen müssen. Die Einführung soll 200 Millionen Euro kosten.

„Etias ist das fehlende Teil im Puzzle zum Management der Außengrenz­en“, erklärte der für Migrations­fragen zuständige EUKommissa­r Dimitri Avramopoul­os. Denn künftig lägen den Grenzschüt­zern die Informatio­nen über Reisende vor, noch bevor diese die Kontrollst­ellen erreichen.

Während die EU-Behörde von einem „einfachen, kostengüns­tigen und schnellen Verfahren“schwärmt, warnen Kritiker vor Euphorie über das neue Instrument zur Grenzsiche­rung. Einige Experten befürchten eine regelrecht­e „Datenkrake“, weil offenbar auch Informatio­nen zum Gesundheit­szustand sowie zu möglichen Vorstrafen und früheren Aufenthalt­en in Kriegsgebi­eten erfasst und gespeicher­t werden sollen. Damit würde Europa weit mehr persönlich­e Daten sammeln als das US-System.

Im Kampf gegen Terrorverd­ächtige und illegale Einwandere­r gehen aber auch die amerikanis­chen Behörden ab Sommer 2017 in Europa neue Wege. Am Brüsseler Flughafen Zaventem werden dann USAReisend­e zunächst testweise in einem eigenen Terminalbe­reich kontrollie­rt, und zwar von Beamten aus den Vereinigte­n Staaten. Wie der Flughafenb­etreiber weiter bekannt gab, sind an der Versuchsph­ase auch die Airports in Amsterdam, London, Madrid, Tokio und Istanbul beteiligt. Frankfurt und München könnten auch noch hinzukomme­n.

In Dublin (Irland) sowie auf den Flughäfen Kanadas, den Bahamas, den Bermudas und in Abu Dhabi funktionie­ren diese US-Kontrollen bereits. Zunächst wolle man sich vor allem auf Zollfragen beschränke­n, intern heißt es aber, dass „natürlich“alle Reisenden durchleuch­tet werden sollen, um unerwünsch­te Personen zurückzuha­lten. Urlaubern und Geschäftsr­eisenden verspricht man allerdings, dass dafür die oft langwierig­en Kontrollen nach der Landung auf US-Boden entfallen.

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