Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Hier gibt es Pullis für einen Euro

Soziales Welden hat nun eine Kleiderkam­mer. Die Ehrenamtli­chen sind sich sicher: Der Bedarf ist auch auf dem Land da

- VON MANUELA BAUER

Welden hat nun eine Kleiderkam­mer. Die Ehrenamtli­chen sind sich sicher: Der Bedarf ist auch auf dem Land da.

Die neue Winterjack­e ist gekauft – und schon ist der Geldbeutel leer. Neue Klamotten sind teuer, und bei vielen reißen sie ein großes Loch in die Haushaltsk­asse. Deshalb gibt es immer mehr Kleiderkam­mern, in denen es Gebrauchte­s zu einem kleinen Preis gibt. Jetzt hat auch Welden eine solche Einrichtun­g. Die Frauen, die sich darum kümmern, sind überzeugt: Der Bedarf ist im Holzwinkel da.

Das grüne Haus am Schlosspla­tz stand viele Jahre leer. Nun haben Gemeinde und Ehrenamtli­che es hergericht­et, Wände gestrichen, Regale und Heizkörper hinein gestellt. Etwa zehn Frauen haben dort ehrenamtli­ch die Kleiderkam­mer eingericht­et. Oder besser gesagt: zwei. Im Erdgeschos­s ist das Zimmer für die Männersach­en, im ersten Stock eines für Frauen und Kinder – natürlich mit Umkleide.

Die Kleiderkam­mer ist aus dem Asylhelfer­kreis heraus entstanden. Aber eigentlich wollten sie das schon viel früher machen, erzählt Gabriele Schäfer. Die Flüchtling­e aus dem Ort nutzen das Angebot schon regelmäßig – andere Bewohner hingegen nicht. Dabei wollen die Ehrenamtli­chen anderen Bedürftige­n ebenfalls helfen. Doch Brigitte Kugelmann hat den Eindruck: „Viele trauen sich nicht rein.“Dafür gibt es aber eigentlich keinen Grund: Niemand wird hier – anders als bei Lebensmitt­eltafeln – nach Ausweis oder Bedürftigk­eit gefragt. Die Auswahl ist groß, die Kleidung in einem sehr guten Zustand. Die Frauen ha- ben sie ordentlich in die Regale gestapelt und auf Bügel gehängt. Darunter sind viele schicke und neuwertige Hosen, Pullover und Jacken, sogar Sakkos und Abendkleid­er gibt es. Sehr begehrt sind zurzeit Rucksäcke und Wolldecken. In den Regalen liegen auch Handtücher, Fahrradhel­me und Kuscheltie­re.

55 Asylbewerb­er leben derzeit im Gewerbegeb­iet Haldenloh. Sie sind bisher die einzigen Kunden der Kleiderkam­mer. Die Ehrenamtli­chen hoffen, dass sich das bald ändert. Schließlic­h gibt es auch im Holzwinkel Senioren in Altersarmu­t und bedürftige Familien. „Es wäre schön, wenn wir denen helfen könnten“, sagt Kugelmann. Hier darf jeder einkaufen, egal ob Jung oder Alt, Deutscher oder Ausländer, aus Welden oder der Umgebung.

Denn die nächsten Kleiderkam-

mern sind einige Kilometer entfernt: In Gersthofen, Meitingen, Wertingen, Diedorf und Augsburg. Die in Gersthofen und Meitingen laufen unter dem Dach der Caritas, genauso wie einige in Augsburg und dem südlichen Landkreis. Walter

Semsch, Geschäftsf­ührer des Caritasver­bands für die Stadt und den Landkreis Augsburg, weiß: „Die Nachfrage ist ungebroche­n.“Allein in den großen Sozialmark­t in der Augsburger Depotstraß­e kämen jeden Tag etwa 300 Menschen. In der Stadt sei der Bedarf besonders groß; aber auf dem Land sei er ebenfalls da. Und zwar nicht nur bei Flüchtling­en, sondern auch bei vielen Senioren oder Familien mit Kindern, die sich neue Klamotten nicht leisten können, erklärt er: „Es gibt einfach zehn bis 15 Prozent der Bevölkerun­g, die jeden Pfennig sparen müssen. Das Geld, das sie nicht für Kleidung brauchen, können sie dann für den Kauf von Lebensmitt­eln verwenden.“Geschenkt gibt es die Sachen auch in den Kleiderkam­mern nicht. In Welden kosten die meisten Stücke 50 Cent oder einen Euro, Jacken gibt es für zwei Euro. Schließlic­h soll jeder nur das mitnehmen, was er wirklich braucht. „Wenn sie nichts zahlen müssen, dann hat es keinen Wert“, sagt Kugelmann. Auch wenn in Welden derzeit noch nicht so viele Kunden kommen: Spender gibt es viele. Die Regale und Kleiderstä­nder sind mittlerwei­le ganz schön voll. Den größten Bedarf haben die Helferinne­n an Männerklei­dung in kleinen Größen. „Die Asylbewerb­er sind ja so klein und schmal“, sagt Brigitte Kugelmann. Manchen passen sogar nur Jugendgröß­en. Ein weiteres Problem bei der Herrenklei­dung: „Männer geben ja nichts her“, erzählt Gabriele Schäfer schmunzeln­d. „Die kaufen selten was Neues und tragen ihre Klamotten so lange, bis es gar nicht mehr geht.“Bei den Frauen sieht das ganz anders aus: Sie brauchen öfter mal Platz im Kleidersch­rank für Neues. Auch so manchen Fehlkauf haben sie schon ungetragen in der Kleiderkam­mer abgegeben.

 ?? Foto: Andreas Lode ?? Annemaria Reinecke, Gabriele Schäfer und Brigitte Kugelmann präsentier­en die „Damenabtei­lung“der Kleiderkam­mer in Welden.
Foto: Andreas Lode Annemaria Reinecke, Gabriele Schäfer und Brigitte Kugelmann präsentier­en die „Damenabtei­lung“der Kleiderkam­mer in Welden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany