Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hier gibt es Pullis für einen Euro
Soziales Welden hat nun eine Kleiderkammer. Die Ehrenamtlichen sind sich sicher: Der Bedarf ist auch auf dem Land da
Welden hat nun eine Kleiderkammer. Die Ehrenamtlichen sind sich sicher: Der Bedarf ist auch auf dem Land da.
Die neue Winterjacke ist gekauft – und schon ist der Geldbeutel leer. Neue Klamotten sind teuer, und bei vielen reißen sie ein großes Loch in die Haushaltskasse. Deshalb gibt es immer mehr Kleiderkammern, in denen es Gebrauchtes zu einem kleinen Preis gibt. Jetzt hat auch Welden eine solche Einrichtung. Die Frauen, die sich darum kümmern, sind überzeugt: Der Bedarf ist im Holzwinkel da.
Das grüne Haus am Schlossplatz stand viele Jahre leer. Nun haben Gemeinde und Ehrenamtliche es hergerichtet, Wände gestrichen, Regale und Heizkörper hinein gestellt. Etwa zehn Frauen haben dort ehrenamtlich die Kleiderkammer eingerichtet. Oder besser gesagt: zwei. Im Erdgeschoss ist das Zimmer für die Männersachen, im ersten Stock eines für Frauen und Kinder – natürlich mit Umkleide.
Die Kleiderkammer ist aus dem Asylhelferkreis heraus entstanden. Aber eigentlich wollten sie das schon viel früher machen, erzählt Gabriele Schäfer. Die Flüchtlinge aus dem Ort nutzen das Angebot schon regelmäßig – andere Bewohner hingegen nicht. Dabei wollen die Ehrenamtlichen anderen Bedürftigen ebenfalls helfen. Doch Brigitte Kugelmann hat den Eindruck: „Viele trauen sich nicht rein.“Dafür gibt es aber eigentlich keinen Grund: Niemand wird hier – anders als bei Lebensmitteltafeln – nach Ausweis oder Bedürftigkeit gefragt. Die Auswahl ist groß, die Kleidung in einem sehr guten Zustand. Die Frauen ha- ben sie ordentlich in die Regale gestapelt und auf Bügel gehängt. Darunter sind viele schicke und neuwertige Hosen, Pullover und Jacken, sogar Sakkos und Abendkleider gibt es. Sehr begehrt sind zurzeit Rucksäcke und Wolldecken. In den Regalen liegen auch Handtücher, Fahrradhelme und Kuscheltiere.
55 Asylbewerber leben derzeit im Gewerbegebiet Haldenloh. Sie sind bisher die einzigen Kunden der Kleiderkammer. Die Ehrenamtlichen hoffen, dass sich das bald ändert. Schließlich gibt es auch im Holzwinkel Senioren in Altersarmut und bedürftige Familien. „Es wäre schön, wenn wir denen helfen könnten“, sagt Kugelmann. Hier darf jeder einkaufen, egal ob Jung oder Alt, Deutscher oder Ausländer, aus Welden oder der Umgebung.
Denn die nächsten Kleiderkam-
mern sind einige Kilometer entfernt: In Gersthofen, Meitingen, Wertingen, Diedorf und Augsburg. Die in Gersthofen und Meitingen laufen unter dem Dach der Caritas, genauso wie einige in Augsburg und dem südlichen Landkreis. Walter
Semsch, Geschäftsführer des Caritasverbands für die Stadt und den Landkreis Augsburg, weiß: „Die Nachfrage ist ungebrochen.“Allein in den großen Sozialmarkt in der Augsburger Depotstraße kämen jeden Tag etwa 300 Menschen. In der Stadt sei der Bedarf besonders groß; aber auf dem Land sei er ebenfalls da. Und zwar nicht nur bei Flüchtlingen, sondern auch bei vielen Senioren oder Familien mit Kindern, die sich neue Klamotten nicht leisten können, erklärt er: „Es gibt einfach zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung, die jeden Pfennig sparen müssen. Das Geld, das sie nicht für Kleidung brauchen, können sie dann für den Kauf von Lebensmitteln verwenden.“Geschenkt gibt es die Sachen auch in den Kleiderkammern nicht. In Welden kosten die meisten Stücke 50 Cent oder einen Euro, Jacken gibt es für zwei Euro. Schließlich soll jeder nur das mitnehmen, was er wirklich braucht. „Wenn sie nichts zahlen müssen, dann hat es keinen Wert“, sagt Kugelmann. Auch wenn in Welden derzeit noch nicht so viele Kunden kommen: Spender gibt es viele. Die Regale und Kleiderständer sind mittlerweile ganz schön voll. Den größten Bedarf haben die Helferinnen an Männerkleidung in kleinen Größen. „Die Asylbewerber sind ja so klein und schmal“, sagt Brigitte Kugelmann. Manchen passen sogar nur Jugendgrößen. Ein weiteres Problem bei der Herrenkleidung: „Männer geben ja nichts her“, erzählt Gabriele Schäfer schmunzelnd. „Die kaufen selten was Neues und tragen ihre Klamotten so lange, bis es gar nicht mehr geht.“Bei den Frauen sieht das ganz anders aus: Sie brauchen öfter mal Platz im Kleiderschrank für Neues. Auch so manchen Fehlkauf haben sie schon ungetragen in der Kleiderkammer abgegeben.