Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Trump kann die Globalisierung nicht stoppen
Leitartikel Der US-Präsident mag als Superman auftreten. Am Ende wird er sich an der Macht der Konzerne die Zähne ausbeißen und mit Protektionismus Schiffbruch erleiden
Auch Trump-Wähler wollen nicht mehr bezahlen
Es ist eine schöne Comic-Illusion: Da wachsen einem Wesen namens Superman übermenschliche Kräfte zu. Fliegend bekämpft er das Verbrechen. Die Figur entstammt dem Amerika der 30er Jahre. In ihrer Art passt sie wunderbar zu Donald Trump. Nicht umsonst wird der künftige US-Präsident auch im rot-blauen Superman-Kostüm karikiert. Sein imposantestes „Organ“ist die Zunge. Trumps Worte triefen vor Größenwahnsinn und Utopismus, gerade in wirtschaftlichen Dingen.
Wer derart irrwitzig dick aufträgt, wird irgendwann entzaubert. So hat Trump seinen Wählern versprochen, 48 Stunden nach Amtsantritt den Ford-Chef zu zwingen, Fabriken aus dem Ausland zurück nach Amerika zu holen. Auch Apple-Produkte sollen künftig nicht mehr in Asien, sondern in den USA produziert werden. Super-Trump erweckt den Anschein, er könne die Heimkehr von US-Konzernen aus China, Malaysia oder Mexiko durchsetzen. Wer seine Reden und Interviews verfolgt hat, kann bei aller krachenden Wahlkampf-Rhetorik den Eindruck gewinnen, er meine das alles wirklich ernst. Genauso wie der spätberufene Politiker glaubt, wieder die Kohle- und Stahlindustrie in den USA aufblühen lassen zu können.
Mit den Versprechen einer gigantischen Reindustrialisierung hat Trump gerade bei vielen weißen Wählern der unteren Mittelschicht gepunktet. Der 70-jährige PseudoSuperman landete also bei all jenen, die den industriellen Niedergang in vielen Regionen Amerikas miterlebt haben und sich als Verlierer der Globalisierung betrachten.
Doch ist das realistisch: Smartphone-Fabriken in Iowa, Textil-Produktionen in Oklahoma und Detroit als US-Autohochburg im alten Glanz? Kuschen die Konzern-Herren, wenn der US-Präsident schreit? Die Erfahrung der vergangenen Globalisierungs-Jahrzehnte lehrt das Gegenteil. Trump wird sich an den Mächtigen von Apple, Ford & Co. die Zähne ausbeißen, das müsste der Kapitalist bei aller Populismus-Verblendung wissen. Auch wenn die Sehnsucht gerade älterer Menschen nach dem guten alten Amerika groß ist, kann der Milliardär das Rad der Globalisierung nicht zurückdrehen. Denn Smartphones und Autos – dafür sorgen die US-Gewerkschaften – lassen sich in Schwellenländern zu deutlich niedrigeren Kosten produzieren. Selbst Trump-Wähler wollen für ihr Handy doch nicht das Doppelte bezahlen! Und die Apple-Bosse sind keine Gutmenschen, sondern brutale Renditejäger, die Steuern hassen.
Trump, der linke WirtschaftsUtopien mit rechter Fremdenfeindlichkeit vermischt, also eine Mixtur aus Sahra Wagenknecht und AfD ist, wird mit der romantischen Idee einer vaterländischen Ökonomie scheitern. Das gilt auch für seine Pläne, den Freihandel zu beschränken, indem Einfuhren aus China und Mexiko mit satten Zöllen belegt werden. Eine protektionistische Politik muss in einer extrem auf Arbeitsteilung ausgerichteten Wirtschaftswelt Schiffbruch erleiden. Denn Fahrzeuge sind heute Weltautos, deren Teile oft aus dutzenden Ländern kommen. Es ist naiv zu glauben, dass in Amerika ein Vaterlands-Flitzer aus rein nationaler Produktion entsteht. Derlei Fakten schrecken den Wirklichkeits-Leugner aber nicht.
Trumps Anti-Globalisierungskurs kann zu Handelskriegen führen. Dabei sollte er sich lieber auf ein Feld konzentrieren, wo die Beförderung zum Superman möglich ist: Wenn es ihm mit MilliardenInvestitionen gelingt, die marode Infrastruktur in den USA zu modernisieren, schafft er Jobs und Wachstum. Der Bau von Straßen, Brücken und Schulen ist volkswirtschaftlich sinnvoller als eine protektionistische Kamikaze-Politik.