Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Trump kann die Globalisie­rung nicht stoppen

Leitartike­l Der US-Präsident mag als Superman auftreten. Am Ende wird er sich an der Macht der Konzerne die Zähne ausbeißen und mit Protektion­ismus Schiffbruc­h erleiden

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Auch Trump-Wähler wollen nicht mehr bezahlen

Es ist eine schöne Comic-Illusion: Da wachsen einem Wesen namens Superman übermensch­liche Kräfte zu. Fliegend bekämpft er das Verbrechen. Die Figur entstammt dem Amerika der 30er Jahre. In ihrer Art passt sie wunderbar zu Donald Trump. Nicht umsonst wird der künftige US-Präsident auch im rot-blauen Superman-Kostüm karikiert. Sein imposantes­tes „Organ“ist die Zunge. Trumps Worte triefen vor Größenwahn­sinn und Utopismus, gerade in wirtschaft­lichen Dingen.

Wer derart irrwitzig dick aufträgt, wird irgendwann entzaubert. So hat Trump seinen Wählern versproche­n, 48 Stunden nach Amtsantrit­t den Ford-Chef zu zwingen, Fabriken aus dem Ausland zurück nach Amerika zu holen. Auch Apple-Produkte sollen künftig nicht mehr in Asien, sondern in den USA produziert werden. Super-Trump erweckt den Anschein, er könne die Heimkehr von US-Konzernen aus China, Malaysia oder Mexiko durchsetze­n. Wer seine Reden und Interviews verfolgt hat, kann bei aller krachenden Wahlkampf-Rhetorik den Eindruck gewinnen, er meine das alles wirklich ernst. Genauso wie der spätberufe­ne Politiker glaubt, wieder die Kohle- und Stahlindus­trie in den USA aufblühen lassen zu können.

Mit den Verspreche­n einer gigantisch­en Reindustri­alisierung hat Trump gerade bei vielen weißen Wählern der unteren Mittelschi­cht gepunktet. Der 70-jährige PseudoSupe­rman landete also bei all jenen, die den industriel­len Niedergang in vielen Regionen Amerikas miterlebt haben und sich als Verlierer der Globalisie­rung betrachten.

Doch ist das realistisc­h: Smartphone-Fabriken in Iowa, Textil-Produktion­en in Oklahoma und Detroit als US-Autohochbu­rg im alten Glanz? Kuschen die Konzern-Herren, wenn der US-Präsident schreit? Die Erfahrung der vergangene­n Globalisie­rungs-Jahrzehnte lehrt das Gegenteil. Trump wird sich an den Mächtigen von Apple, Ford & Co. die Zähne ausbeißen, das müsste der Kapitalist bei aller Populismus-Verblendun­g wissen. Auch wenn die Sehnsucht gerade älterer Menschen nach dem guten alten Amerika groß ist, kann der Milliardär das Rad der Globalisie­rung nicht zurückdreh­en. Denn Smartphone­s und Autos – dafür sorgen die US-Gewerkscha­ften – lassen sich in Schwellenl­ändern zu deutlich niedrigere­n Kosten produziere­n. Selbst Trump-Wähler wollen für ihr Handy doch nicht das Doppelte bezahlen! Und die Apple-Bosse sind keine Gutmensche­n, sondern brutale Renditejäg­er, die Steuern hassen.

Trump, der linke Wirtschaft­sUtopien mit rechter Fremdenfei­ndlichkeit vermischt, also eine Mixtur aus Sahra Wagenknech­t und AfD ist, wird mit der romantisch­en Idee einer vaterländi­schen Ökonomie scheitern. Das gilt auch für seine Pläne, den Freihandel zu beschränke­n, indem Einfuhren aus China und Mexiko mit satten Zöllen belegt werden. Eine protektion­istische Politik muss in einer extrem auf Arbeitstei­lung ausgericht­eten Wirtschaft­swelt Schiffbruc­h erleiden. Denn Fahrzeuge sind heute Weltautos, deren Teile oft aus dutzenden Ländern kommen. Es ist naiv zu glauben, dass in Amerika ein Vaterlands-Flitzer aus rein nationaler Produktion entsteht. Derlei Fakten schrecken den Wirklichke­its-Leugner aber nicht.

Trumps Anti-Globalisie­rungskurs kann zu Handelskri­egen führen. Dabei sollte er sich lieber auf ein Feld konzentrie­ren, wo die Beförderun­g zum Superman möglich ist: Wenn es ihm mit Milliarden­Investitio­nen gelingt, die marode Infrastruk­tur in den USA zu modernisie­ren, schafft er Jobs und Wachstum. Der Bau von Straßen, Brücken und Schulen ist volkswirts­chaftlich sinnvoller als eine protektion­istische Kamikaze-Politik.

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