Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Er will ein Mutmacher sein
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kennt die Ängste der Deutschen. Als Außenminister weiß er aber, dass der Blick von außen auf das Land ein anderer ist. Das will er vermitteln
Frank-Walter Steinmeier ist Realist. Nach einem Vierteljahrhundert in führenden Positionen in der Bundespolitik gibt er sich keinen Illusionen mehr hin und weiß um die Begrenztheit politischen Handelns. „Ein Bundespräsident kann die Welt nicht einfacher machen, als sie ist“, gibt sich der NochAußenminister der Großen Koalition, der sich nun als gemeinsamer Kandidat der Regierungsparteien CDU, CSU und SPD für das Amt des Bundespräsidenten zur Wahl stellt, ebenso demütig wie bescheiden. Auch dürfe der erste Mann im Staate „kein Vereinfacher“sein, vielmehr müsse er „ein Mutmacher“sein. Als solcher aber wolle er die Kräfte wecken, „die in dieser Gesellschaft stecken“.
Seit zwei Tagen weiß Frank-Walter Steinmeier, dass seine Tage im Amte des Außenministers gezählt sind, weil eine noch größere Aufgabe auf ihn wartet. Wenn ihn die Bundesversammlung am 12. Februar tatsächlich zum Nachfolger von Joachim Gauck wählt, dessen fünfjährige Amtszeit am 18. März endet, zieht er vom eher nüchternen Auswärtigen Amt ins prächtige klassizistische Schloss Bellevue, um Deutschland nach innen wie nach außen zu repräsentieren.
„Meine Freude auf die Aufgabe ist groß, mein Respekt davor noch größer“, sagt er bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Präsidentschaftskandidat. Er sei dankbar für das große Vertrauen, das nicht nur die Spitzen der drei Regierungsparteien, sondern auch viele Bürgerinnen und Bürger in ihn setzten, „aber ich erkenne darin auch das Maß an Verantwortung.“Die Verunsicherung sei groß, das Vertrauen in die Demokratie, in die demokratischen Institutionen und ihre Repräsentanten sei ein wichtiges Gut.
Und dann erzählt Steinmeier, wie er jüngst nach der Rückkehr von einer Reise in die Krisenherde des Nahen und Mittleren Ostens in einer Veranstaltung in seinem Wahlkreis im brandenburgischen Havelland von einem besorgten Bürger gefragt wurde: „Muss ich eigentlich Angst haben um unsere Zukunft in Deutschland?“Darauf, so Steinmeier, gebe es keine leichte Antwort. Als Außenminister erfahre er aber den anderen Blick – den Blick der Welt auf Deutschland. „Und mit diesem Blick kann ich eigentlich gar nicht anders, als zuversichtlich sein.“Deutschland verkörpere wie vielleicht kein anderes Land der die Fähigkeiten des Außenministers. „Frank-Walter Steinmeier ist der richtige Kandidat in dieser Zeit“, sagt Merkel. In der politischen Auseinandersetzung sei er stets „sachlich und fair“gewesen, die Zusammenarbeit mit ihm sei „denkbar eng und vertrauensvoll“. Seehofer würdigt den Außenminister als „Mann der Ruhe, des Ausgleichs und der Besonnenheit“. Und sein eigener Parteichef Sigmar Gabriel sagt, als Präsident werde Steinmeier „unserem demokratischen Rechtsstaat eine überzeugende Stimme geben, nach innen wie nach außen“.
Für Merkel allerdings könnte die Kür Steinmeiers noch Folgen haben. In den Ortsverbänden wie in der Unionsfraktion formiert sich der Widerstand gegen die Entscheidung zugunsten eines SPD-Kandidaten. „Steinmeier steht für ein Weiterwursteln der Großen Koalition“, kritisiert ein führendes Fraktionsmitglied aus dem Südwesten unserer Zeitung. Das werde sich noch rächen. „Wir sind dabei, unseren Status als Volkspartei zu verlieren.“