Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jeder Dritte hält Manager für korrupt
Umfrage Warum viele Wirtschaftsbosse in Deutschland einen schlechten Ruf haben
Deutsche Wirtschaftsbosse haben innerhalb der Bevölkerung einen katastrophalen Ruf. Das geht aus einer Umfrage der Antikorruptions-Organisation Transparency International hervor. Demnach hält jeder dritte Deutsche den Großteil der Manager und Firmenchefs hierzulande für korrupt. In keinem anderen Staat der Europäischen Union schnitt die Wirtschaftselite so schlecht ab.
Sechs Prozent der Befragten in Deutschland sind sogar der Ansicht, dass alle Führungskräfte in der Wirtschaft in Korruption verstrickt seien. 43 Prozent äußerten die Auffassung, dass zumindest einige Wirtschaftsbosse korrupt wären. Lediglich acht Prozent meinten, dass dieser Vorwurf auf keine Führungskraft zutrifft.
Nur in einigen Ländern Osteuropas und Zentralasiens fiel das Urteil noch schlechter aus: An der Spitze steht dabei Moldawien. Dort halten 61 Prozent der Teilnehmer die Mehrheit der Wirtschaftselite für korrupt. In Russland sind es zum Beispiel nur 26 Prozent – also weniger als in Deutschland. Das meiste Vertrauen genießen der Umfrage zufolge die Manager in Estland und Georgien. Dort halten jeweils nur sieben Prozent die Mehrheit der Führungskräfte für korrupt.
Die Umfrage kommt noch zu einem weiteren Ergebnis: Das Ansehen der wirtschaftlichen Elite in Deutschland ist deutlich schlechter als das von Politikern oder der Polizei. Denn lediglich sechs Prozent der Teilnehmer schätzen alle oder die meisten Parlamentsmitglieder als korrupt ein. Sieben Prozent sagten dies über Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Mitarbeiter des Kanzleramts. Bei der Polizei hielten sogar nur vier Prozent alle oder die meisten Bediensteten für korrupt.
Hartmut Bäumer, stellvertretender Vorsitzender von Transparency International Deutschland, erklärt sich dieses Ergebnis mit aktuellen Wirtschaftsskandalen und dem Umgang der betroffenen Unternehmen damit. Als Beispiele nennt er die Abgasaffäre bei VW und Audi. „Hier hat die Führungsebene komplett versagt. Man hat nicht den Eindruck, dass Lösungen präsentiert werden, sondern das versucht wird, die Dinge unter der Decke zu halten.“Ähnlich verhalte es sich bei den immer wieder aufflammenden Geldwäsche-Vorwürfen bei der Deutschen Bank. „Das bleibt den Menschen im Gedächtnis“, sagt Bäumer gegenüber unserer Zeitung.
Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Berücksichtigt man alle Faktoren, schnitt Deutschland im internationalen Korruptions-Vergleich insgesamt am besten ab – vor Schweden und der Schweiz. So gaben nur zwei Prozent der Deutschen an, dass Korruption ein generelles Problem in der Bundesrepublik ist. Das sind so wenige wie in keinem anderen der befragten Länder. In der Gesamtauswertung wurde unter anderem auch berücksichtigt, wie die Bürger die Bemühungen der Politik gegen Korruption wahrnehmen. Bewertet wurde auch, ob Teilnehmer der Transparency-Umfrage schon einmal selbst Bestechungsgeld gezahlt haben und ob es ihrer Meinung nach als gesellschaftlich akzeptiert gilt, Korruption zu melden. Während auch hier Deutschland, Schweden und die Schweiz am besten abschneiden, sind die Schlusslichter nach Ansicht der eigenen Bürger Russland, Serbien und die Ukraine. Russland war erst am Dienstag von einer Korruptionsaffäre um Ex-Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew erschüttert worden. Er soll im Zusammenhang mit einem Geschäft in der Ölbranche Schmiergeld angenommen haben.
Transparency International hat für den aktuellen Korruptionsbarometer, aus dem die Daten stammen, repräsentative Umfragen in 42 Ländern Europas und Zentralasiens in Auftrag geben. Fast 60000 Menschen wurden befragt, 1500 davon in Deutschland.