Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Herr der Kaugummi-Automaten
Nostalgie Niemand besitzt in der Region so viele dieser roten Kästen wie Gerhard Jahn aus dem Kreis Günzburg. Warum sich das Geschäft mit den bunten Leckereien für ihn noch immer lohnt
Wie viele seiner kleinen roten Kästen in der Region hängen? „Gute Frage“, sagt Gerhard Jahn – und grübelt eine Weile. „Mehrere tausend“, schiebt er schließlich nach, die genaue Zahl hat er nicht im Kopf. Vor ein paar Jahren jedenfalls waren es schon über 3000 Kaugummiautomaten, die Jahns Firma überall im südlichen Bayern und in Baden-Württemberg aufgehängt hat. Seitdem hat sich einiges verändert. „Viele Aufsteller gehen jetzt in Rente und wollen ihre Automaten loswerden. Ich kaufe sie gerne“, erzählt der 53-Jährige aus Ried in der Gemeinde Kammeltal (Landkreis Günzburg) und lacht. Denn auch heute noch rentiere sich das Geschäft mit den Verkaufsstationen, die bevorzugt an Schulwegen oder in der Nähe von Kindergärten platziert werden. Man werde zwar kein Millionär, aber leben lasse sich davon schon, scherzt Jahn.
seinen Erfolg hat der Unternehmer eine einfache Erklärung. Während Tante-Emma-Läden und Bäckereien immer mehr aus ländlichen Gegenden verschwinden, hängen Kaugummiautomaten wie schon vor Jahrzehnten auch in nahezu jedem kleinen Dorf. Sie sind nach dem Krieg mit den Kaugummis aus den USA nach Deutschland gekommen. Die Automaten seien für Kinder oft die einzige Möglichkeit, sich eine Süßigkeit oder ein Spielzeug zu kaufen. „Die Konkurrenz wird weniger“, sagt Gerhard Jahn.
Dabei unterscheidet sich das, was in den Automaten steckt, kaum von dem, was noch zu D-Mark-Zeiten angeboten wurde. Bunte Kaugummibälle sind auch heute noch der Verkaufsschlager, nur die Geschmackssorten haben sich geändert. „Kirsch oder Zitrone finden die Kinder heute langweilig. Deswegen haben wir jetzt ,Outrage Orange‘ oder ,Jawbreaker‘. Es schmeckt und heißt alles exotischer als früher“, sagt Jahn, der seit rund 30 Jahren im Geschäft ist.
Bei den Spielzeugen, die in kleinen Plastikbällchen aus den Automaten purzeln, ist es schon etwas komplizierter. Ständig müsse das Sortiment hier verändert werden, um mit dem Trend zu gehen, erklärt der Fachmann. Mal sind es Perlenarmbänder, ten teils noch immer an der gleichen Mauer hängen wie vor 20 Jahren, haben sich die Preise doch ein wenig geändert. Für zehn Pfennig haben Kinder früher Kaugummis bekommen, für 50 Pfennig bis eine Mark gab es Spielsachen. Jetzt reicht die Preisspanne bis zum Betrag von einem Euro. „Die Kaugummis sind in der Regel teurer geworden, dafür aber auch größer“, betont Gerhard Jahn. Süßes für fünf Cent im Automaten sterbe dabei langsam aus. „Es hat kaum jemand Fünf-Cent-Münzen dabei. 20- oder 50-Cent-Stücke tragen die Kinder mit sich herum.“Dementsprechend habe sich auch das Angebot verändert.
Für Gerhard Jahn ist eines derweil klar. „Kaugummiautomaten aufstellen und befüllen, das mach ich auf jeden Fall bis zur Rente“, sagt der 53-Jährige, der mit seinem Unternehmen schon öfter im Fernsehen auftrat. „Wir machen Kindern eine Freude, das ist doch ein schönes Geschäft.“