Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Poesie eines Busfahrers

Jarmuschs „Paterson“

- VON DIETER OSSWALD

Weniger ist mehr, das war schon immer Motto von Jim Jarmusch. Auch diesmal ist seine Story denkbar schlicht gestrickt: Sieben Tage im Leben eines Busfahrers, der gerne Gedichte schreibt und ein überaus harmonisch­es Eheleben führt. Wie immer bei Jarmusch geht es um poetische Stimmung und hypnotisch schöne Bilder. Wer sich an kleinen Dingen erfreut, so die Moral der enorm elegant erzählten Geschichte, hat allemal ein zufriedene­res Leben.

Sein Held heißt Paterson, so wie das Provinzstä­dtchen in New Jersey, wo er lebt. Mit Gattin Laura sowie der britischen Bulldogge Marvin bewohnt er einen bescheiden­en Bungalow. Eine Woche lang, unterteilt in sieben Tages-Kapitel, nimmt man teil am Leben von Paterson, das von Ruhe und Routine bestimmt ist. Paterson hat auch eine kreative Seite: Er schreibt leidenscha­ftlich gerne Gedichte, die er in einem Notizbuch festhält. Die Streichhol­zschachtel „Ohio Blue Tip Matches“inspiriert ihn zu einem Liebesgedi­cht an Laura. Die hat gleichfall­s kleine Träume der Selbstverw­irklichung.

Weniger Harmonie herrscht dagegen bei jenem jungen Pärchen, das zu den Besuchern von Patersons Bar zählt, und dort allabendli­ch heftig streitet und sich wieder versöhnt. Gegen Wochenende werden die Eifersucht­sszene dramatisch­e Ausmaße annehmen. Bei der Bustour wird es ebenfalls einen außergewöh­nlichen Zwischenfa­ll geben. Es ist famos, mit wie wenig Story-Substanz Jarmusch ein berührende­s Drama aus dem Hut zaubert. So poetisch wie sein Busfahrer gibt sich der Regisseur. Während der eine banale Matchboxes zur Inspiratio­n nutzt, setzt Jarmusch hinter der Kamera auf die Poesie des Alltäglich­en. **** O in Augsburg, Dillingen

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Foto: Weltkino Adam Driver als Paterson und Golshifteh Farahani als Laura.

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