Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die verlorene Tochter

Amerikanis­ches Idyll Wuchtige Schicksals­schläge

- VON FRED DURAN

Swede Levov (Ewan McGregor) ist ein Mann, der Zeit seines Lebens auf die Füße gefallen ist. Als blendend aussehende­r, junger Kerl war er schon auf der High-School in den 40er Jahren der umschwärmt­e Star der Baseball-Mannschaft. Im Sturm erobert er das Herz der örtlichen Schönheits­königin Dawn (Jennifer Connelly). Auch wenn die jüdischen Eltern gegen die Ehe mit der „Schickse“sind, übernimmt Swede die väterliche Handschuhf­abrik in Newark, baut im Grünen ein schickes Eigenheim. Dann brechen die wilden Sechziger über das Familienid­yll hinein. Die Bilder aus Vietnam lassen die jugendlich­e Tochter Merry (Dakota Fanning) zu einer glühenden Kriegsgegn­erin werden. Als im Post Office eine Bombe hochgeht, verschwind­et Merry spurlos und wird fortan vom FBI gesucht.

Während Swede von der Unschuld seiner Tochter überzeugt ist und obsessiv nach ihr zu suchen beginnt, flüchtet sich Dawn in die Depression und später die Welt der Schönheits­chirurgie. Dann taucht in Swedes Büro eine vermeintli­che Mitkämpfer­in Merrys auf.

Mit „Ein amerikanis­ches Idyll“nach dem Roman (2007) von Philip Roth hat sich der Schauspiel­er Ewan McGregor ein schwergewi­chtiges Werk ausgesucht, in dem US-Zeithistor­ie, Generation­skonflikte, jüdische Familienge­schichte und wuchtige Schicksals­schläge einander die Hand geben. Man merkt McGregors Film das Ringen um Werktreue an, aber es gelingt ihm nicht, die melancholi­sch-pessimisti­sche Tiefe der Vorlage auszuloten. Zeitgeschi­chte wird in Schlüssels­zenen abgehakt, ohne dass ein Gefühl für die Ära des Umbruchs entsteht, die die Familie in den Abgrund zieht. Seine Stärken entwickelt der Film bei der Darstellun­g der komplexen Vater-TochterBez­iehung und des elterliche­n Traumas, das mit dem Verlust und der radikalen Trennung von der Tochter einhergeht. *** O in Augsburg

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