Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Fünffingerlesturm: Etappensieg für Treppenbauer
Justiz Acht Jahre nach dem Baubeginn ist der Aufgang zu dem historischen Gebäude immer noch nicht fertiggestellt. Stadt und Alt-Augsburg-Gesellschaft trafen sich in der Angelegenheit zum dritten Mal vor Gericht
Acht Jahre steht die unvollendete Außentreppe am Fünffingerlesturm bisher, ohne dass sie jemals von Passanten betreten wurde. Ein Ende der Auseinandersetzung zwischen der Stadt und der Alt-AugsburgGesellschaft, die Bauherrin des Treppentorsos ist, ist nach wie vor nicht in Sicht. Gestern gab es vor dem Verwaltungsgericht eine Schlappe für die Stadt – von drei bisher geführten Prozessen war es das dritte verlorene Verfahren. Die Richter kamen zum Ergebnis, dass ein Bescheid der Stadt, der eine Fertigstellung verhindern würde, aufgehoben werden muss. Allerdings bedeutet das noch lange nicht, dass die Treppe nun schnell fertig gebaut werden kann.
Die rechtliche Situation um die Treppe, die schon Gegenstand eines (unzulässigen) Bürgerbegehrens war, ist kompliziert. 2007 stellte die Alt-Augsburg-Gesellschaft, die sich als Verein um Kulturdenkmale kümmert, einen Bauantrag bei der Stadt, der genehmigt wurde. Ziel: Die Treppe aus Stahlstäben, die sich optisch an die frühere Stadtmauer anlehnt, sollte den Turm, der bis dato nicht zugänglich war, beleben. Dann gab es Proteste aus der Bürgerschaft. 2008 stellte die Stadt den Bau ein. Begründung: Die Treppe weiche von den Plänen ab und reiche zu weit in den Gehweg hinein. Das sei eine Gefahr für Passanten.
Die Alt-Augsburg-Gesellschaft klagte und bekam in zwei Instanzen Recht vor Gericht. Die Gerichte stellten fest, dass die Maße der Treppe im Bauantrag korrekt angegeben worden seien. Insofern sei es nicht das Problem der Bauherren, wenn die Treppe in den Gehsteig ragt. Die Stadt ist nach wie vor der Meinung, dass die Unterlagen fehlerhaft waren. Vollendet wurde die Treppe bisher trotzdem nicht, um den Streit nicht auf die Spitze zu treiben. Ein Vermittlungsversuch des Stadtheimatpflegers wurde erfolglos abgebrochen. Vergangenes Jahr beschloss die Stadt, die Baugenehmigung nicht mehr zu verlängern. Um einen Teilaspekt dieser Aktion ging es gestern vor Gericht.
Denn bei einer Fertigstellung würde die Treppe in den Luftraum über dem Gehweg ragen. Die Stadt widerrief Anfang des Jahres eine Sondernutzungserlaubnis für den Gehweg, der überbaut werden müsste. Ohne diese Erlaubnis kann die Treppe nicht so wie geplant gebaut werden.
Die Stadt sieht unter anderem Kollisionsgefahr für Fußgänger mit der Treppe, deren Stahlträger sich aus 2,25 Metern Höhe schräg auf den leicht diagonal darunter verlaufenden Fußweg senken. Wer dort läuft, ohne zu schauen, könnte mit dem Kopf gegen einen Stahlträger stoßen, der unvermittelt auftaucht, so die Stadt. Zudem werde der Fußweg zu schmal, so Carolin RößlerSchick, Juristin des Baureferats.
Herbert Kaltenegger, der die Alt-Augsburg-Gesellschaft vertritt, entgegnete, dass die Treppenbauherren genug Vorschläge gemacht hätten, wie man mit der Thematik umgehen könne. Die AltAugsburg-Gesellschaft stehe nach wie vor zu ihrem Vorschlag, den Gehweg auf eigene Kosten zu verbreitern. Auch ein alternativer Bauantrag, die Treppe statt auf dem Gehweg auf der anderen Seite in der Wiese enden zu lassen, liege seit einem Jahr bei der Stadt, ohne dass es eine Entscheidung gibt. „Die Stadt will die Treppe nicht: Wir könnten drei Salti schlagen und ums Rathaus tanzen, und bekommen keine Genehmigung.“
In der Tat ist die Treppe auf politischer Ebene nicht gerne gesehen. „Ein weiterer Vollzug der Baumaßnahme wird nicht angestrebt, weitere Voraussetzungen hierfür werden nicht geschaffen“, heißt es im Koalitionsvertrag des Regierungsbündnisses von CSU und SPD. Ein Abbau könne nur in Absprache mit der Alt-Augsburg-Gesellschaft erfolgen – doch die sieht dazu keinen Grund.
Das Gericht sah den Bescheid der Stadt nach eineinhalbstündiger Verhandlung aus mehreren Gründen als problematisch an. Zum einen sei der Gehweg auch ohne Treppe schon zu schmal, als dass dort zwei Passanten aneinander vorübergehen können. Vor allem sei es aber nicht verhältAnwalt nismäßig gewesen, dass die Stadt gleich die Nutzungserlaubnis widerrief, statt sanftere Mittel wie eine Verschmälerung der Treppe oder einen Umbau zu prüfen. „Solche auch aus Laiensicht naheliegenden Überlegungen wurden nicht angestellt“, so Richter Andreas Dietz.
Dass die Treppe nun fertig gebaut wird, ist dennoch nicht in Sicht. Beim Verwaltungsgericht ist noch ein zweites Verfahren anhängig, in dem es um die nicht mehr erteilte Verlängerung der Baugenehmigung geht. Es soll bald verhandelt werden. Zudem ist absehbar, dass die Stadt gegen das gestrige Urteil in Berufung gehen wird.