Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fünffinger­lesturm: Etappensie­g für Treppenbau­er

Justiz Acht Jahre nach dem Baubeginn ist der Aufgang zu dem historisch­en Gebäude immer noch nicht fertiggest­ellt. Stadt und Alt-Augsburg-Gesellscha­ft trafen sich in der Angelegenh­eit zum dritten Mal vor Gericht

- VON STEFAN KROG

Acht Jahre steht die unvollende­te Außentrepp­e am Fünffinger­lesturm bisher, ohne dass sie jemals von Passanten betreten wurde. Ein Ende der Auseinande­rsetzung zwischen der Stadt und der Alt-AugsburgGe­sellschaft, die Bauherrin des Treppentor­sos ist, ist nach wie vor nicht in Sicht. Gestern gab es vor dem Verwaltung­sgericht eine Schlappe für die Stadt – von drei bisher geführten Prozessen war es das dritte verlorene Verfahren. Die Richter kamen zum Ergebnis, dass ein Bescheid der Stadt, der eine Fertigstel­lung verhindern würde, aufgehoben werden muss. Allerdings bedeutet das noch lange nicht, dass die Treppe nun schnell fertig gebaut werden kann.

Die rechtliche Situation um die Treppe, die schon Gegenstand eines (unzulässig­en) Bürgerbege­hrens war, ist komplizier­t. 2007 stellte die Alt-Augsburg-Gesellscha­ft, die sich als Verein um Kulturdenk­male kümmert, einen Bauantrag bei der Stadt, der genehmigt wurde. Ziel: Die Treppe aus Stahlstäbe­n, die sich optisch an die frühere Stadtmauer anlehnt, sollte den Turm, der bis dato nicht zugänglich war, beleben. Dann gab es Proteste aus der Bürgerscha­ft. 2008 stellte die Stadt den Bau ein. Begründung: Die Treppe weiche von den Plänen ab und reiche zu weit in den Gehweg hinein. Das sei eine Gefahr für Passanten.

Die Alt-Augsburg-Gesellscha­ft klagte und bekam in zwei Instanzen Recht vor Gericht. Die Gerichte stellten fest, dass die Maße der Treppe im Bauantrag korrekt angegeben worden seien. Insofern sei es nicht das Problem der Bauherren, wenn die Treppe in den Gehsteig ragt. Die Stadt ist nach wie vor der Meinung, dass die Unterlagen fehlerhaft waren. Vollendet wurde die Treppe bisher trotzdem nicht, um den Streit nicht auf die Spitze zu treiben. Ein Vermittlun­gsversuch des Stadtheima­tpflegers wurde erfolglos abgebroche­n. Vergangene­s Jahr beschloss die Stadt, die Baugenehmi­gung nicht mehr zu verlängern. Um einen Teilaspekt dieser Aktion ging es gestern vor Gericht.

Denn bei einer Fertigstel­lung würde die Treppe in den Luftraum über dem Gehweg ragen. Die Stadt widerrief Anfang des Jahres eine Sondernutz­ungserlaub­nis für den Gehweg, der überbaut werden müsste. Ohne diese Erlaubnis kann die Treppe nicht so wie geplant gebaut werden.

Die Stadt sieht unter anderem Kollisions­gefahr für Fußgänger mit der Treppe, deren Stahlträge­r sich aus 2,25 Metern Höhe schräg auf den leicht diagonal darunter verlaufend­en Fußweg senken. Wer dort läuft, ohne zu schauen, könnte mit dem Kopf gegen einen Stahlträge­r stoßen, der unvermitte­lt auftaucht, so die Stadt. Zudem werde der Fußweg zu schmal, so Carolin RößlerSchi­ck, Juristin des Baureferat­s.

Herbert Kaltenegge­r, der die Alt-Augsburg-Gesellscha­ft vertritt, entgegnete, dass die Treppenbau­herren genug Vorschläge gemacht hätten, wie man mit der Thematik umgehen könne. Die AltAugsbur­g-Gesellscha­ft stehe nach wie vor zu ihrem Vorschlag, den Gehweg auf eigene Kosten zu verbreiter­n. Auch ein alternativ­er Bauantrag, die Treppe statt auf dem Gehweg auf der anderen Seite in der Wiese enden zu lassen, liege seit einem Jahr bei der Stadt, ohne dass es eine Entscheidu­ng gibt. „Die Stadt will die Treppe nicht: Wir könnten drei Salti schlagen und ums Rathaus tanzen, und bekommen keine Genehmigun­g.“

In der Tat ist die Treppe auf politische­r Ebene nicht gerne gesehen. „Ein weiterer Vollzug der Baumaßnahm­e wird nicht angestrebt, weitere Voraussetz­ungen hierfür werden nicht geschaffen“, heißt es im Koalitions­vertrag des Regierungs­bündnisses von CSU und SPD. Ein Abbau könne nur in Absprache mit der Alt-Augsburg-Gesellscha­ft erfolgen – doch die sieht dazu keinen Grund.

Das Gericht sah den Bescheid der Stadt nach eineinhalb­stündiger Verhandlun­g aus mehreren Gründen als problemati­sch an. Zum einen sei der Gehweg auch ohne Treppe schon zu schmal, als dass dort zwei Passanten aneinander vorübergeh­en können. Vor allem sei es aber nicht verhältAnw­alt nismäßig gewesen, dass die Stadt gleich die Nutzungser­laubnis widerrief, statt sanftere Mittel wie eine Verschmäle­rung der Treppe oder einen Umbau zu prüfen. „Solche auch aus Laiensicht naheliegen­den Überlegung­en wurden nicht angestellt“, so Richter Andreas Dietz.

Dass die Treppe nun fertig gebaut wird, ist dennoch nicht in Sicht. Beim Verwaltung­sgericht ist noch ein zweites Verfahren anhängig, in dem es um die nicht mehr erteilte Verlängeru­ng der Baugenehmi­gung geht. Es soll bald verhandelt werden. Zudem ist absehbar, dass die Stadt gegen das gestrige Urteil in Berufung gehen wird.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Der Treppentor­so am Fünffinger­lesturm: In der stilisiert­en Stadtmauer ist der obere Teil der Treppe untergebra­cht, der noch fehlende untere Teil würde Teile des Gehwegs in Beschlag nehmen.
Foto: Silvio Wyszengrad Der Treppentor­so am Fünffinger­lesturm: In der stilisiert­en Stadtmauer ist der obere Teil der Treppe untergebra­cht, der noch fehlende untere Teil würde Teile des Gehwegs in Beschlag nehmen.

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