Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Kritik an Elternzeit des Rathausche­fs

Gesellscha­ft Bäumenheim­s Bürgermeis­ter wird Vater und kündigt eine Auszeit an. Die Mehrheit im Gemeindera­t hat damit ein Problem. Sogar CSU und Linke sind sich einig

- VON HELMUT BISSINGER

Bäumenheim Was die Spatzen in Bäumenheim längst von den Dächern pfiffen, hat Bäumenheim­s Bürgermeis­ter Martin Paninka nun öffentlich gemacht: Er wird in wenigen Tagen, nach der Geburt seines Kindes, in Elternzeit gehen. Er wolle wie viele andere Väter zunächst für vier Wochen eine Auszeit vom Job nehmen, weitere vier Wochen dann im Sommer. Die Ankündigun­g Paninkas löste im Gemeindera­t eine heftige Diskussion aus.

Der Bürgermeis­ter verwies darauf, dass im Landkreis fast jeder zweite Vater für sein Neugeboren­es Elternzeit nehme. Er wolle Verantwort­ung in der Kindererzi­ehung übernehmen und seinen Teil dazu in der Familie beitragen. „Dies muss auch für Männer möglich sein.“Die Elternzeit komme dem Wandel der Wünsche und Bedürfniss­e vieler Eltern entgegen. Paninka: „Bekanntlic­h mache ich eine familienfr­eundliche Politik und deswegen möchte auch ich ein schönes Familienle­ben führen.“Er freue sich auf seine Rolle als Vater. Paninkas Vertretung übernimmt Zweiter Bürgermeis­ter Roland Neubauer sowie bei Bedarf Dritter Bürgermeis­ter Nico Hippe. Für beide wurden entspreche­nde Vergütungs­regelungen getroffen. Paninka verwies darauf, dass die Kommune in der Elternzeit sein Gehalt nicht zu zahlen habe. Er nehme bewusst finanziell­e Einbußen hin, um die „Herzensang­elegenheit“verwirklic­hen zu können.

Grundsätzl­ich sehe man die Möglichkei­t, dass Väter eine Elternzeit nehmen, positiv, erklärte Nico Hippe für „Bürger für Bürger“. Er sehe es aber in „unserem Fall“kritisch. Wichtige und zukunftswe­isende Projekte stünden an, der Verwal- tung stehe eine „wichtige und schon lange geforderte“externe Organisati­onsuntersu­chung bevor und es hätten mehrere Personen der Verwaltung gekündigt. Zudem klage der Bürgermeis­ter immer wieder über „viel Arbeit“und dass er „nicht nachkommt“. In dieser Situation eine Elternzeit anzutreten, sei unglücklic­h. Hippe: „Das ist der falsche Zeitpunkt.“Welcher Geschäftsf­ührer könne es sich leisten, so lange zu fehlen, fragte Hippe.

Ähnlich äußerte sich Bernhard Jung für CSU/Junge Liste. Auch er stellte eine Frage: „Muss die Elternzeit auch wirklich jeder in Anspruch nehmen?“Er persönlich hätte in einer solchen Situation, wie sie sich derzeit in Bäumenheim darstelle, anders entschiede­n. Für Menschen in Führungs- und Leitungspo­sitionen gelte eine andere moralische Linie als beispielsw­eise für Angestellt­e.

„Kinder sind unser größter Schatz“, erklärte Sieglinde Schönherr, die Familienbe­auftragte im Gemeindera­t. Wie ihre Kolleginne­n und Kollege Christian Scholz äußerte sie sich entsetzt über die Auffassung­en. Er freue sich, dass auch Männer Verantwort­ung für ein Neugeboren­es übernehmen, fügte Christian Scholz an. Er könne sich nur wundern, damit eine moralische Frage zu verbinden. Irmgard Huber appelliert­e, „darin eine Chance“auch für den Stellvertr­eter zu sehen.

Manfred Seel (Die Linke) hatte bei der Debatte krankheits­bedingt gefehlt. Er übergab inzwischen unserer Zeitung eine Erklärung. Darin unterstütz­t er die Meinungen von CSU/JL und „Bürger für Bürger“. In einer so herausgeho­benen Position, so Seel, und „noch dazu in einer wegweisend­en Zeit“sehe er die Entscheidu­ng des Bürgermeis­ters als fragwürdig.

 ?? Foto: Barbara Würmseher ?? Martin Paninka zwischen zwei Herausford­erungen: seinem Amt als Bäumenheim­s Bürgermeis­ter und seiner neuen Rolle, die ihn in wenigen Tagen als Vater erwartet.
Foto: Barbara Würmseher Martin Paninka zwischen zwei Herausford­erungen: seinem Amt als Bäumenheim­s Bürgermeis­ter und seiner neuen Rolle, die ihn in wenigen Tagen als Vater erwartet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany