Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Krankenhausdefizit: Wurde zu spät informiert?
Gesundheitswesen Die Kliniken an der Paar haben 2016 ein unerwartet hohes Minus eingefahren. Im zuständigen Werkausschuss des Kreistags geht es heute auch um die Zukunft des Geschäftsführers
Vom Sorgenkind zum Wunderknaben – und wieder zurück: Nach Jahren der wirtschaftlichen Konsolidierung fuhren die Kliniken an der Paar 2016 ein Defizit ein, das bei den Politikern im Wittelsbacher Land derzeit für hektische Betriebsamkeit sorgt. Heute Vormittag kommt der zuständige Werkausschuss des Kreistags zu einer weiteren außertourlichen Sitzung zusammen, bei der es um die wirtschaftliche und personelle Situation der beiden Krankenhäuser in Aichach und Friedberg geht.
Noch im vergangenen Sommer waren die Erwartungen hochgesteckt. Klinik-Geschäftsführer Krysztof Kazmierczak präsentierte im Kreistag den besten Abschluss aller Zeiten. Ein Defizit von 480 000 Euro ließ manchen schon von einer schwarzen Null träumen. Hatte der Landkreis den Betrieb seiner Krankenhäuser zuvor doch binnen eines Jahrzehnts mit 22 Millionen Euro subventioniert. Allein 2002 lag das Defizit bei fünf Millionen.
Schon bei der Vorstellung des Jahresberichts 2015 ließ die Geschäftsführung allerdings anklingen, dass schwierige Zeiten bevorstünden. Auch im Wirtschaftsplan für 2016 war vorsichtig kalkuliert worden. Einem Verlust von 2,3 Millionen in Aichach sollte ein Gewinn von 1,1 Millionen in Friedberg gegenüberstehen. Unter dem Strich also ein Fehlbetrag von 1,2 Millionen. Doch es kam, wie die Kreisräte im November erfuhren, schlimmer: Nach den aktuellen Zahlen liegt das Defizit in Aichach bei 3,3 Millionen, der Gewinn in Friedberg ist auf gut 300 000 Euro zusammengeschrumpft. Knapp drei Millionen Miese sind also 2016 aufgelaufen. Wem ist das anzulasten? Landrat Klaus Metzger verweist auf schwierige Rahmenbedingungen: personelle Veränderungen, eine unzureichende Vergütung der Leistungen und weniger Behandlungsfälle aufgrund verschärfter ComplianceRichtlinien für Belegärzte, die in den Kliniken an der Paar frühzeitig umgesetzt wurden. Aichach-Friedberg ist im Übrigen kein Sonderfall. Auch im Landkreis Neu-Ulm gab es im Herbst eine böse Überraschung: Statt prognostizierter 3,8 beträgt das Defizit der drei Krankenhäuser für das Jahr 2015 satte 13 Millionen.
Breiter Konsens herrscht im Werkausschuss darüber, dass es eine hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung nicht zum Nulltarif geben kann. Allerdings gibt es auch den Vorwurf, vom Geschäftsführer zu spät über die tatsächlichen Zahlen informiert worden zu sein. Mancher Kreisrat hatte sogar den Eindruck, das Jahr 2016 werde sich wirtschaftlich besser entwickeln als angenommen. Eine Wahrnehmung, die man im Landratsamt aber nicht teilt. Tatsache ist, dass der kaufmännische Leiter längere Zeit krank und die Stelle des Controllers unbesetzt war.
Für den Geschäftsführer kommen die Hiobsbotschaften zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Kazmierczaks Vertrag läuft heuer aus, und in der heutigen Sitzung muss der Ausschuss auch über Beendigung oder Verlängerung des Dienstverhältnisses entscheiden. Punktgenau wird von Klinik-Mitarbeitern vehemente Kritik an Kazmierczaks Führungsverhalten gestreut. Im vergangenen Sommer musste Landrat Metzger sogar in einem Krisengespräch zwischen Ärzten und Geschäftsführung vermitteln. Dass es zwischen diesen Gruppen unterschiedliche Auffassungen gebe, werde immer so sein, kommentierte Metzger den Vorgang. Inzwischen könnten aber alle Seiten wieder zusammenarbeiten.
Auch im Werkausschuss gibt es nicht nur Befürworter einer Vertragsverlängerung. Allerdings bezweifeln die meisten Mitglieder, dass ein Wechsel zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll wäre. Schließlich entsteht in Aichach gerade ein neues Krankenhaus mit 300 Betten, das 2018 bezugsfertig sein soll. Eine Trennung von Kazmierczak, der das Projekt von Anfang an eng begleitet hat, sei in dieser Situation risikoreich, mahnte der Landrat inzwischen. In Neu-Ulm hingegen musste der Klinikdirektor nach Bekanntwerden der Zahlen seinen Hut nehmen.