Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Liedermacherkunst Spaßig sinnliche
Stefan Leonhardsberger begeistert im Stadtberger Bürgersaal mit österreichischen Adaptionen weltbekannter Hits
Eine einnehmende Charakterstimme, eine gesunde Mixtur erfolgreicher Melodien und eine Handvoll akustischer Gitarren – mehr braucht es nicht für einen gelungenen Konzertabend im restlos ausverkauften Bürgersaal. Zumindest gilt dies für den österreichischen Liedermacher und Entertainer Stefan Leonhardsberger, der mit spaßigen Dialektadaptionen populärer Welthits eine musikalische Unterhaltung auf höchstem Niveau geboten hatte.
Seine Stücke basierten allesamt auf bekannten Popsongs und entwickeln dennoch ein herrlich frisches Eigendasein, das man durchaus als theatralische Liedermacherkunst bezeichnen könnte. Von Lady Gaga bis Sinéad O’Connor stammten die musikalischen Vorlagen, denen Leonhardsberger in vergnüglicher Weise neues Leben einhauchte: Mundartgeschichten übers Ausschlafen und Auswandern bereicherten sein Repertoire ebenso wie lustige Anekdoten über Sommerzeit-Jetlags oder eine kulinarische Hommage an die klassische WürstlBude, welche ganz anachronistisch mit zuckenden Rap-Rhythmen in Szene gesetzt wurde.
Leonhardsbergers sprachlich völlig überspitzte Persiflage auf Eros Ramazotti, bei der sich freilich alles auf „...ione“reimen musste, war ebenfalls zum Brüllen komisch. Viele Momente zeigten sich aber auch von subtilerer Art geprägt: Während der Liedermacher über seine beschauliche Heimatgegend philosophierte und diese gerne als Auenland von Österreich bezeichnete, zupfte sein Bandkollege Martin Schmid fast unbemerkt die „Herr der Ringe“-Melodie auf der Gitarre vor sich hin.
Als roter Faden musste jedoch Michael Jackson die Steilvorlage liefern: Das Arrangement „Da Billi Jean is ned mei Bua“über eine unerwartete Vaterschaft war schließlich auch der Programmtitel dieses Konzertabends, der insgesamt eine Vielzahl an musikalischen Überraschungen geboten hatte: Aus David Bowies Weltraumdrama „Space Oddity“etwa wurde eine skurrile Tragikomödie über einen österreichischen Austronaten, der aufgrund der Frührente des Bodenpersonals in die eisige Kälte des Alls abdriftet. Doch dieser nimmt’s im Song gelassen: „In die Füß’ hob i koa G’fühl, dafür bleibt da Riesling kühl ...“
Kühl blieb die Stimmung im Saale jedenfalls zu keiner Sekunde. Stefan Leonhardsberger brillierte durch eine charakteristische, fast schon hypnotisch wirkende Stimme und er schaffte es auf ganz eigene Weise, sentimentale Melancholie und saukomischen Irrsinn auf eine hohe Ebene der poetischen Kompositionskunst zu bringen. Selbst tragische Sachverhalte vermochte er geschickt in ein komödiantisches Gewand zu kleiden.
Dabei gelang ihm auch das seltene Kunststück, immer den individuellen Songcharakter beizubehalten und diesen dennoch durch das harmonische Zusammenspiel von Texten und Stimme mit einer ganz eigenen Handschrift zu versehen.
Und seine als „österreichische Popdepressionen“bezeichneten Beitrage entpuppten sich letztendlich als wunderschöne Balladen, die an die Glanzzeiten des Liedermachers Reinhard Fendrich denken ließen. Stimmungsvoll begleitet wurde der Sänger von Vollblutmusiker Martin Schmid, der alleine schon durch seine staubtrockene Bühnenpräsenz die Gäste pausenlos zum Lachen brachte und mit seinen professionellen Schlag- und Zupftechniken an der Gitarre die Beiträge mit der passenden Grundstimmung unterlegte.
Und der vermeintlich vaterlose Billi Jean? Der schließt sich in einem späteren Song aus der Feder der Hooters einfach seinem leugnenden Erzieher an und zieht mit diesem durch die dröhnenden Nachtklubs der Stadt.