Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Die vorzeitige Schließung kostet viel Geld
mehr zur Verfügung gestanden. Doch die vorzeitige Schließung ist teuer: 228 000 Euro werden in dieser Saison für die Interimsspielorte Martini-Park, Messe, Universität und Kongress am Park bezahlt. Und auf der Einnahmenseite schwächelt das Theater: Rund ein Drittel weniger Besucher kamen im ersten Quartal der Spielzeit (September bis November 2016), bei den Kartenverkäufen macht sich das bemerkbar. Rechnet man diese Trends aufs ganze Jahr hoch, ergeben sich mindestens Kosten im oberen sechsstelligen Bereich. „Man kann der Meinung sein, dass eine Million Euro angesichts der Gesamtsumme nicht viel ist. Aber für sich ist eine Million Euro viel Geld, besonders wenn man sie sich hätte sparen können“, sagt Rösener.
Doch bei der Stadt verteidigt man das Vorgehen. An der Schließung des Großen Hauses habe kein Weg vorbeigeführt, wenn die Sicherheit von Zuschauern und Mitarbeitern gewährleistet sein solle. Auch eine Vorabstellungnahme des TÜV aus dem August stützt diese Aussage. Die Prüforganisation war im August von der Stadt als neutrale Instanz mit einem Gutachten beauftragt worden, nachdem Rösener seine Vorschläge öffentlich gemacht hatte. Zwei Tage nach einem Ortstermin gab der TÜV eine Vorabstellungnahme heraus, die besagt, dass die Brandschutzmängel eine Schließung zwingend notwendig machten.
Zur Erinnerung: Anlass für die Schließung war, dass die Decke der Garderobe bei einem Brand Rauch in den darüberliegenden Zuschauerraum durchgelassen hätte. Ein Vorschlag Röseners, die Löcher zu verschließen, wurde verworfen, weil beim Rest der Decke unklar sei, wie lange er einem Feuer widerstehen würde. Auf einen weiteren Vorschlag Röseners, die gesamte Decke mit feuerbeständigen GFK-Platten zu verkleiden, geht die Vorabstellungnahme aber nicht ein.
Der TÜV äußerte sich auf Nachfrage dazu nicht und verweist an die Stadt. Deren Sprecher Goerlich sagt, dass Stadt und TÜV nach längerer Diskussion zum Ergebnis kamen, dass ein Hauptgutachten nicht mehr nötig sei, weil in der zehnseitigen Vorabstellungnahme die wesentlichen Punkte abgearbeitet worden seien. Auch aus Kostengründen habe die Stadt kein Hauptgutachten mehr in Auftrag gegeben. „Es wäre nicht mit einem anderen Ergebnis zu rechnen gewesen“, sagt Goerlich. Mündlich habe man alle RösenerVorschläge – auch die Vollverkleidung – intensiv diskutiert.
Nach der Anfrage unserer Zeitung wollte die Stadt dies offenbar noch schriftlich vom TÜV haben. In einer Stellungnahme von vorletzter Woche an die Stadt schreibt der TÜV, dass es in jedem Fall „nicht zielführend“sei, nur die Decke zu betrachten, weil es auch noch zahlreiche andere Brandschutzmängel im Theater gebe. „Die Mängel an der Decke/Zwischendecke des Garderobenraums sind dann letztendlich die Mängel, welche bildlich gesprochen ‚das Fass zum Überlaufen’ gebracht haben“, so der TÜV.
Allerdings waren die anderen Mängel seit Jahren bekannt. Sie wurden durch Auflagen, etwa ein verstärktes Aufgebot an Feuerwehr, ausgeglichen. Die Schließungsanordnung des Bauordnungsamtes vom Sommer fokussierte sich aber ausschließlich auf die Zwischendecke. Ob die Stadt gegenüber einem Eigenbetrieb Theater, mit dem man ständig in Gesprächen ist, eine ebenso ausführliche Begründung hinlegen müsste wie gegenüber einem privaten Hallenbetreiber, sei eine rechtliche Frage, die er nicht beurteile, so der TÜV.
Mit der Sanierung, die dieses Jahr starten soll, werden neben Brandschutzmängeln auch statische Probleme behoben. Zudem werden Lager, Werkstätten und eine Bühne in einem neuen Bau untergebracht und ein Probensaal fürs Orchester errichtet. Demnächst werden zehn Bäume gefällt, um dafür Platz zu schaffen. Zudem beginnen die Archäologen mit ihren Grabungen. Weil das Areal an die früheren Wallanlagen grenzt, ist mit Funden zu rechnen. Wegen der Kosten von 200 Millionen Euro (davon 72 Millionen Euro Eigenanteil der Stadt zuzüglich Kosten für Kreditzinsen) rief die Sanierung ein Bürgerbegehren auf den Plan, das erfolglos blieb.