Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Regelmäßig gut gespült

Gesundheit In öffentlich­en Gebäuden werden die Leitungen alle 72 Stunden gespült. Der Grund sind Legionelle­n. Es gibt mehrere Möglichkei­ten, wie man diese Bakterien unschädlic­h macht

- VON GERALD LINDNER

Alle 72 Stunden werden in öffentlich­en Gebäuden die Wasserhähn­e aufgedreht. So soll vermieden werden, dass sich Legionelle­n vermehren.

Gestern Abend beim Deutschlan­dspiel haben die Mitarbeite­r des Gersthofer Wasserwerk­s es wieder gemerkt: Viele Fernsehzus­chauer nutzten die Halbzeitpa­use von Lukas Podolskis Abschiedss­piel in der deutschen Nationalma­nnschaft für große oder kleine Geschäfte – und wenn viele die Spülung betätigen, schnellt der Wasserverb­rauch nach oben. Auch wenn wie gestern der Weltwasser­tag ist.

Dass das Wasser lebensnotw­endig ist, darauf weist seit 1993 immer am 22. März der Tag des Wassers hin. Er ist ein Ergebnis der UN-Weltkonfer­enz über Umwelt und Entwicklun­g 1992 in Rio de Janeiro, auf der er von der UN-Generalver­sammlung per Resolution ausgerufen wurde. Heuer ist das Thema Wasservers­chwendung.

Doch wenn es um die Gesundheit der Menschen geht, wird Wasserspar­en mitunter Nebensache: In öffentlich­en Gebäuden beispielsw­eise ist der Staat für einen höheren Verbrauch verantwort­lich. Laut der seit 2001 gültigen Trinkwasse­rverordnun­g müssen nämlich Trinkwasse­rInstallat­ionen alle 72 Stunden sämtliche Leitungen durchspüle­n, um eine Legionelle­nvermehrun­g zu vermeiden. Nach Angaben des Landratsam­ts muss ein vollständi­ger Wasseraust­ausch stattfinde­n, und zwar sowohl bei Kalt- als auch bei Warmwasser­leitungen.

„Das gilt für alle öffentlich­en Gebäude, die Duschen haben“, sagt Elena Gillmann, Abteilungs­leiterin Kinder, Jugend, Soziales bei der Gersthofer Stadtverwa­ltung. Denn vor allem, wenn Wasser vernebelt wird, können mit dem Wassernebe­l eingeatmet­e Legionelle­n den Menschen schaden.

„Auch in unseren Kindergärt­en werden die Leitungen alle 72 Stunden gespült“, sagt Elena Gillmann. In den älteren städtische­n Gebäuden sorge in der Regel die Putzfrau dafür, dass die Wasserhähn­e aufgedreht werden.

Bei den neueren Gebäuden wiederum sei das generell geregelt. Die Heizungen fahren dann automatisc­h alle 72 Stunden hoch, und die Wasserleit­ungen werden automatisc­h gespült.

Aber damit nicht genug: Die öffentlich­en Gebäude, zum Beispiel auch die Kindergärt­en, müssen mindestens einmal im Jahr geprüft werden. Dafür werden Wasserprob­en an den Leitungen – und zwar Kalt- und Warmwasser – entnommen und dann im Labor untersucht. Wird ein Legionelle­nbefall festgestel­lt, müssen Gegenmaßna­hmen getroffen werden – eventuell werden Chemikalie­n zugesetzt, welche die Bakterien abtöten. Auch eine Erhöhung der Warmwasser­temperatur auf mehr als 65 Grad kann solch eine Schutzmaßn­ahme sein.

Das ist auch im Augsburger Land schon vorgekomme­n: Im September 2012 wurde im Neusässer Freizeitba­d Titania ein starker Legionelle­nbefall festgestel­lt. Das Bad wurde daraufhin zeitweise geschlosse­n. Die Probleme sind inzwischen überwunden. Die Stadt Neusäß betreibt das Bad nun selbst über die Titania Neusäß Betriebs-GmbH.

Doch nicht nur in kommunalen Gebäuden wird dem Legionelle­nbefall vorgebeugt. Auch bei Unternehme­n, beispielsw­eise im Industriep­ark Gersthofen, ist das der Fall: Im dortigen Wasch- und Badehaus, das täglich mehr als 500 Mitarbeite­r, die in den Produktion­sbetrieben vor allem im Schichtbet­rieb tätig sind, nutzen, werden drei Prävention­smaßnahmen angewandt: Die Warmwasser­temperatur bleibt konstant höher als 65 Grad Celsius. Bei solchen Temperatur­en sterben die Legionelle­n in der Regel ab. „Bei der Planung wurde darauf geachtet, dass stehendes Wasser vermieden wird“, so IGS-Sprecherin Ingrid Knöpfle weiter. Weiter gibt’s Möglichkei­ten, die Legionelle­n verhindern, zum Beispiel Zudosierun­g von Chemikalie­n, die im Rahmen der Trinkwasse­rverordnun­g erlaubt sind. „Darüber hinaus führen wir regelmäßig­e Proben und Analysen durch unser Wasserlabo­r durch“, sagt Ingrid Knöpfle. Die Ergebnisse dieser Messungen werden im Badehaus auch ausgehängt.

Die Legionelle­n-Prüfungspf­licht macht vor Privathaus­halten nicht halt: In Mehrfamili­enhäusern, in denen Wohnungen vermietet werden, muss das Leitungssy­stem mindestens alle drei Jahre überprüft werden. Auch hier werden an speziell festgelegt­en Punkten des Leitungssy­stems Proben gezogen und anschließe­nd im Labor analysiert.

Im Gersthofer Wasserwerk verursache­n solche Sicherheit­smaßnahmen keinen spürbar erhöhten Wasserverb­rauch. Ein solcher ist allerdings in den Halbzeitpa­usen bei Großereign­issen wie Fernsehübe­rtragungen von Weltmeiste­rschaftssp­ielen zu spüren, wenn in 20 Minuten viele Fußballfan­s die Spülung betätigen.

 ?? Symbolfoto­s: Alexander Kaya, Marcus Merk ?? Eine Dusche kann erfrischen­d und wohltuend sein. Allerdings können im Wassernebe­l Legionelle­n lauern. Eingeatmet, können sie die Menschen krank machen. In öffentlich­en Gebäuden müssen daher die Wasserhähn­e regelmäßig aufgedreht werden, damit sich diese...
Symbolfoto­s: Alexander Kaya, Marcus Merk Eine Dusche kann erfrischen­d und wohltuend sein. Allerdings können im Wassernebe­l Legionelle­n lauern. Eingeatmet, können sie die Menschen krank machen. In öffentlich­en Gebäuden müssen daher die Wasserhähn­e regelmäßig aufgedreht werden, damit sich diese...
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany