Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Was die Kandidatur so attraktiv macht
zusammengerechnet, ergibt sich der Platz auf der schwäbischen Liste aller Kandidaten. Die Augsburger Bewerber sind gegenüber ihren schwäbischen Mitstreitern also im Vorteil. Wer für die SPD in Augsburg antritt, hat quasi den Freifahrtschein.
Warum hat Dirk Wurm freiwillig auf dieses Ticket in den Landtag verzichtet? Er betont, dass er nach reiflicher Überlegung und vielen Gesprächen mit Parteifreunden zur Entscheidung gekommen sei, in einer Funktion als Ordnungsreferent, der zudem für Sport zuständig ist, noch viel in Augsburg bewegen zu können. Das ist die offizielle Lesart, aber sicher nicht die ganze Wahrheit. Wurm hat, dafür spricht einiges, die eigenen persönlichen Interessen zurückstellen müssen, um seiner Partei und Fraktion Auseinandersetzungen zu ersparen.
Ein Sieg von Wurm im Duell gegen Heinrich hätte womöglich gar einen Scherbenhaufen hinterlassen. Margarete Heinrich hätte an dieser Niederlage schwer zu knabbern gehabt. Es wäre für sie eine zweite politische Enttäuschung in vergleichsweise kurzer Zeit gewesen. Zur Erinnerung: Die 51-Jährige hatte sich im Jahr 2014 Hoffnungen gemacht, einen Referentenposten in der Stadtregierung zu bekommen. Heinrich ging aber leer aus, zum Zug kamen OB-Kandidat Stefan Kiefer, heute Sozialreferent und Bürgermeister, sowie Dirk Wurm.
Der frühere Fraktionsgeschäftsführer, dessen Onkel der langjährige Kommunalpolitiker Klaus Kirchner ist, kam überraschend zum Zug. Seine Partei schlug Wurm für den Referentenposten vor. Eine gewisse Dankbarkeit für diese damalige „Beförderung“spielt bei Wurms aktueller Entscheidung nun sicherlich eine Rolle. Ein Wechsel vom Referentenposten in den Landtag hätte der Augsburger SPD nicht ins strategische Konzept gepasst. Wurm wäre Ende 2018 in den Landtag gezogen. Die nächste Kommunalwahl ist im Frühjahr 2020. Es ist nicht mal sicher, ob wegen der überschaubaren Zeit dann ein Ersatz für Wurm als Referent gesucht worden wäre. Die Verantwortung für das Ordnungsreferat hätte bis zur Kommunalwahl auf andere Referenten verteilt werden können. Die SPD wäre so mit nur einem Referenten, Stefan Kiefer, in die Kommunalwahl gezogen. Dies hätte es noch schwieriger gemacht, dem Wähler die SPD-Handschrift in der Stadtregierung deutlich zu machen. Da Wurm jetzt bleibt, sind die personellen Voraussetzungen besser. Die SPD hat die Kommunalwahl 2020 fest vor Augen. Das ist der Hauptgrund für die jetzige Personalentscheidung. Dass Margarete Heinrich bei der Nominierungsversammlung zur Miss 100 Prozent wird, gilt als ausgeschlossen. So groß wie für den neuen Parteivorsitzenden Schulz ist ihr Rückhalt in den eigenen Reihen nicht. Was in diesem Fall aber für Heinrich zählt, ist die Landtagskandidatur.