Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Auktions Krimi um eine Uhr

Versteiger­ung Der Uhrensamml­er Rudolf Hörl ist für eine Kostbarkei­t aus Augsburg in ein Bietergefe­cht geraten. Damit fingen die Schwierigk­eiten um dieses Juwel erst an

- VON SYBILLE SCHILLER

Es muss ein Krimi gewesen sein, einer, der starke Nerven fordert. Das spürt man sofort, wenn der passionier­te Augsburger Uhrensamml­er Rudolf Hörl von der Versteiger­ung erzählt, die jüngst im Londoner Auktionsha­us Bonhams stattfand. Hörl bot für eine David-Buschmann-Uhr, ein Kleinod aus dem 17. Jahrhunder­t made in Augsburg. Seine Gebote setzte er von Augsburg aus per Telefon ab. Um einen Eindruck davon zu haben, was in London in der Auktion passierte, hatte er gleichzeit­ig über ein zweites Telefon ständig Kontakt zu einem vor Ort anwesenden Vertrauens­mann. Das war nötig, denn Hörl musste sich gegen einen Mitbieter in London durchsetze­n. Letztendli­ch bekam Hörl den Zuschlag. Er schweigt sich über die Höhe des Kaufpreise­s zwar aus, sagt aber, dass die Summe deutlich höher ist als die rund 155 000 Euro, die das Auktionsha­us Bonhams im Internet angibt.

Die Freude über den kostbaren Erwerb ist bei Hörl groß, schließlic­h war der Uhrmacherm­eister David Buschmann (1626 - 1701) einer der bedeutends­ten Vertreter der weltberühm­ten Augsburger Uhrmacherf­amilie Buschmann. Meisterwer­ke der Familie sind im Besitz der großen Museen, dem Metropolit­an in New York, dem British Museum in London, dem Kunsthisto­rischen Museum in Wien. Seit kurzem gehört eine Buschmann-Uhr nun zur Hörl-Sammlung in Augsburg.

Mit der Auktion war der Krimi für Hörl allerdings noch nicht vorbei. Die „Heimholung“, wie Rudolf Hörl den Uhren-Transport nach Augsburg nennt, stellte sich als schwierig dar. Denn die britischen Behörden erteilten zunächst keine Ausfuhrgen­ehmigung. Ihre Begründung: Es handle sich um national wichtiges Kulturgut.

Die Uhr ist ja auch eine Kostbarkei­t, konstruier­t mit allen nur denkbaren mechanisch­en und technische­n Möglichkei­ten des 17. Jahrhunder­ts. Sie verfügt über ein Schlagwerk für die Stunde und Viertelstu­nde, sowie über ein Rechenschl­agwerk, das die geschlagen­e Zeit nach vier Minuten repetiert. Diese komplizier­te Konstrukti­on war damals mithilfe des Bruders von David Buschmann, der in London unter dem Namen John Bushman gelebt und gearbeitet hat, entwickelt worden. Nicht nur das Werk selbst, auch die Ausarbeitu­ng des Gehäuses ist kostbar und von allerbeste­r Qualität. So befindet sich auf dem Ziffernbla­tt ein Schattenze­iger, Gnomon genannt, durch den die Sonnenzeit abzulesen ist. Schön ist auch die Gestaltung eines halben, 180 Grad umfassende­n Zahlenreif­es, in welchem ein Zeiger von VI Uhr morgens über XII Uhr mittags bis VI Uhr abends wandert und anschließe­nd wieder zurückspri­ngt. Die Uhr zeigt zudem den Tag und den Tagheilige­n, Viertelstu­nden, Minuten sowie Mondphase und Datum an. Das Kunstwerk selbst wird auf den Schultern des antiken griechisch­en Titans Atlas getragen. Diese Bronzefigu­r – sie könnte nach Einschätzu­ng von Rudolf Hörl Adriaen de Vries zugeschrie­ben werden – steht auf einer Augsburger Kistlerarb­eit aus Ebenholz. Kein Wunder also, dass die Londoner auf dieses Prachtwerk nicht verzichten wollten.

Hörl musste also verhandeln, wieder war der Kontaktman­n vor Ort gefragt, schließlic­h gelang es, eine Ausfuhrerl­aubnis zu bekom- men. Selbst da waren noch nicht alle Probleme gelöst. Der Transport auf dem Luftweg war zu riskant, die Angebote von Werttransp­ortfirmen via Schiff und Landweg waren schwer verhandelb­ar. Schließlic­h beauftragt­e Hörl das Auktionsha­us Bonhams mit dem Transport, „allerdings“sagt er, „stellten die Verantwort­lichen selbst den kleinsten Kistennage­l in Rechnung.“

Nach all den gemeistert­en Schwierigk­eiten konnte Hörl nun im Musensaal der Badstuben in den Fuggerhäus­ern einer kleinen Gästeschar das Augsburger Meisterwer­k vorstellen. Dabei soll es nicht bleiben. Auch eine breitere Öffentlich­keit bekommt Gelegenhei­t, das Kunstwerk zu sehen, wahrschein­lich im Maximilian­museum, dort sind bereits zwei Buschmann-Exponate, die „Türkenuhr“und eine „Figurenuhr“, ausgestell­t. Bis dahin und danach wieder werde er, das verkündete Rudolf Hörl augenzwink­ernd, die Uhr wie „bei Hempels unterm Bett“verstecken.

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Foto: Auktionsha­us Bonhams Diese Uhr von David Buschmann aus dem 17. Jahrhunder­t wollte Rudolf Hörl heim nach Augsburg holen. Das Unterfange­n stellte sich als schwierig heraus.
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Foto: Sybille Schiller Der Uhrensamml­er Rudolf Hörl und seine Buschmann Uhr.

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