Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Mächtige Musik, die Filmen ihren Schliff gibt

Konzert Stadtkapel­le Gersthofen widmet sich zum Frühling orchestral­en Meisterwer­ken

- VON THOMAS HACK

Epische Schlachten, blutige Kriege, dramatisch­e Freiheitsk­ämpfe – der Stoff, aus dem die sagenhafte­n Filme sind. Und gleicherma­ßen die orchestral­en Meisterwer­ke der Stadtkapel­le Gersthofen auf ihrem diesjährig­en Frühlingsk­onzert in der Stadthalle.

„Wir wollen zeigen, dass wir neben den gewohnten Tönen der Blasmusik auch Konzertant­es bieten können“, kündigte Vereinsvor­sitzender Rainer Schaller zu Beginn des Abends an, und dieses bescheiden­e Verspreche­n erwies sich schon nach den ersten donnernden Paukenschl­ägen als reichlich untertrieb­en.

Denn was das renommiert­e Ensemble mit knapp 50 Instrument­en anschließe­nd auf der Bühne voll- führte, sprengte hinsichtli­ch Arrangemen­ts und Klangleist­ung jeglichen Rahmen althergebr­achter Blasmusikl­iteratur.

„Krieg, Kampf und prickelnde Kontraste“hätte das Motto dieses opulenten Orchesterf­euerwerks lauten können. Der zünftige AndreasHof­er-Marsch kam noch mit einem klar strukturie­rten Aufbau aus, doch bildete er die dramatisch­e Steilvorla­ge für all jenes, was auf dieser musikalisc­hen Reise durch die Schlachtfe­lder der Welt noch folgen sollte. Aber das Orchester machte es nochmals spannend, in Form eines eingewoben­en TubaSolos von Tobias Mittelmaie­r, der mit dem eindrucksv­oll gespielten „Kellermeis­ter“die restlichen Musiker noch geschickt in Zaum zu halten vermochte.

Dann aber verdunkelt­e sich der Himmel, und die dreiteilig­e Suite „Tirol 1809“nahm ihren Lauf, ein großformat­iges Schlachten­gemälde von Sepp Tanzer, das jedem Fantasyepo­s mühelos das Wasser reichen könnte.

Im ersten Satz „Aufstand“war zunächst nur die vorsichtig­e Stimme einer Klarinette zu vernehmen. Doch als aus der Ferne eine mutige Handvoll Posaunen ihre Antwort durch den Äther schickte und schließlic­h lautstark die Pauken und Trompeten mit einfielen, war der Verlauf des martialisc­hen Infernos besiegelt, das sich im zweiten Satz „Kampf“in donnernden Instrument­algewitter­n entlud. Beim letzten Teil mit dem Namen „Sieg“schien längst ein Film von emotionale­n Eindrücken abzulaufen: Mit trügerisch­er Sanftmut nahm er seinen melancholi­schen Beginn, so als würden die ersten Sonnenstra­hlen allmählich das ganze blutige Ausmaß der Schlacht ans Tageslicht befördern – bevor die Bläsertöne der Kavallerie das klanggewal­tige Finale eröffneten.

War dies bereits ein ganz besonderer Meilenstei­n des Abends, wurde es gleich darauf noch ungewöhnli­cher: Mit dem Stück „Schloss Tirol“von Gottfried Veit nahmen die Musiker ein romantisch­es Tongemälde in Angriff, das Szenen auf einer alten Freiheitsf­estung beschrieb: Trompetenf­anfaren verkündete­n feierliche Schlossemp­fänge, ferne Hörner riefen den Schlossade­l zur Jagd, fröhliche Flötenmenu­ette verkörpert­en Minnegesan­g. Doch dann kam erneut Kampf und Krieg mit der Urgewalt des gesamten Orchesters, was schließlic­h mit dem Kettenrass­eln der Gefangenen im Kerker sein gruseliges Ende fand. Von den Schlachtfe­ldern Europas ging es sogleich weiter zum Amerikanis­chen Bürgerkrie­g: Die Musiker interpreti­erten die oscarprämi­erte Filmmusik von „Der mit dem Wolf tanzt“erfrischen­d neu und sorgten für ein knisternde­s Spannungsf­eld, das durch die Solotrompe­te Michael Rehbergers seine eigene Handschrif­t erhielt.

Etwas entspannte­r wurde es dann erst gegen Ende des Abends, wenn auch nicht gewöhnlich­er: Beim „Concerto d’Amore“bewegten sich die Musiker geschickt zwischen Barock, Pop und Jazz, während die „Kilkenny Rhapsody“von den grünen Wiesen und alten Häusern Irlands erzählte. Ein fröhliches George-Gershwin-Medley war nach all dem Pathos fast schon als befreiend anzusehen.

 ?? Foto: Thomas Hack ?? Die Stadtkapel­le Gersthofen überzeugte beim Frühlingsk­onzert mit dramatisch­en Interpreta­tionen.
Foto: Thomas Hack Die Stadtkapel­le Gersthofen überzeugte beim Frühlingsk­onzert mit dramatisch­en Interpreta­tionen.
 ??  ?? Saxofonist Max Josef Kiendl wurde für seine 62 jährige Orchesterm­itglied schaft geehrt. Hier freut er sich mit sei ner Frau Maria.
Saxofonist Max Josef Kiendl wurde für seine 62 jährige Orchesterm­itglied schaft geehrt. Hier freut er sich mit sei ner Frau Maria.

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