Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mächtige Musik, die Filmen ihren Schliff gibt
Konzert Stadtkapelle Gersthofen widmet sich zum Frühling orchestralen Meisterwerken
Epische Schlachten, blutige Kriege, dramatische Freiheitskämpfe – der Stoff, aus dem die sagenhaften Filme sind. Und gleichermaßen die orchestralen Meisterwerke der Stadtkapelle Gersthofen auf ihrem diesjährigen Frühlingskonzert in der Stadthalle.
„Wir wollen zeigen, dass wir neben den gewohnten Tönen der Blasmusik auch Konzertantes bieten können“, kündigte Vereinsvorsitzender Rainer Schaller zu Beginn des Abends an, und dieses bescheidene Versprechen erwies sich schon nach den ersten donnernden Paukenschlägen als reichlich untertrieben.
Denn was das renommierte Ensemble mit knapp 50 Instrumenten anschließend auf der Bühne voll- führte, sprengte hinsichtlich Arrangements und Klangleistung jeglichen Rahmen althergebrachter Blasmusikliteratur.
„Krieg, Kampf und prickelnde Kontraste“hätte das Motto dieses opulenten Orchesterfeuerwerks lauten können. Der zünftige AndreasHofer-Marsch kam noch mit einem klar strukturierten Aufbau aus, doch bildete er die dramatische Steilvorlage für all jenes, was auf dieser musikalischen Reise durch die Schlachtfelder der Welt noch folgen sollte. Aber das Orchester machte es nochmals spannend, in Form eines eingewobenen TubaSolos von Tobias Mittelmaier, der mit dem eindrucksvoll gespielten „Kellermeister“die restlichen Musiker noch geschickt in Zaum zu halten vermochte.
Dann aber verdunkelte sich der Himmel, und die dreiteilige Suite „Tirol 1809“nahm ihren Lauf, ein großformatiges Schlachtengemälde von Sepp Tanzer, das jedem Fantasyepos mühelos das Wasser reichen könnte.
Im ersten Satz „Aufstand“war zunächst nur die vorsichtige Stimme einer Klarinette zu vernehmen. Doch als aus der Ferne eine mutige Handvoll Posaunen ihre Antwort durch den Äther schickte und schließlich lautstark die Pauken und Trompeten mit einfielen, war der Verlauf des martialischen Infernos besiegelt, das sich im zweiten Satz „Kampf“in donnernden Instrumentalgewittern entlud. Beim letzten Teil mit dem Namen „Sieg“schien längst ein Film von emotionalen Eindrücken abzulaufen: Mit trügerischer Sanftmut nahm er seinen melancholischen Beginn, so als würden die ersten Sonnenstrahlen allmählich das ganze blutige Ausmaß der Schlacht ans Tageslicht befördern – bevor die Bläsertöne der Kavallerie das klanggewaltige Finale eröffneten.
War dies bereits ein ganz besonderer Meilenstein des Abends, wurde es gleich darauf noch ungewöhnlicher: Mit dem Stück „Schloss Tirol“von Gottfried Veit nahmen die Musiker ein romantisches Tongemälde in Angriff, das Szenen auf einer alten Freiheitsfestung beschrieb: Trompetenfanfaren verkündeten feierliche Schlossempfänge, ferne Hörner riefen den Schlossadel zur Jagd, fröhliche Flötenmenuette verkörperten Minnegesang. Doch dann kam erneut Kampf und Krieg mit der Urgewalt des gesamten Orchesters, was schließlich mit dem Kettenrasseln der Gefangenen im Kerker sein gruseliges Ende fand. Von den Schlachtfeldern Europas ging es sogleich weiter zum Amerikanischen Bürgerkrieg: Die Musiker interpretierten die oscarprämierte Filmmusik von „Der mit dem Wolf tanzt“erfrischend neu und sorgten für ein knisterndes Spannungsfeld, das durch die Solotrompete Michael Rehbergers seine eigene Handschrift erhielt.
Etwas entspannter wurde es dann erst gegen Ende des Abends, wenn auch nicht gewöhnlicher: Beim „Concerto d’Amore“bewegten sich die Musiker geschickt zwischen Barock, Pop und Jazz, während die „Kilkenny Rhapsody“von den grünen Wiesen und alten Häusern Irlands erzählte. Ein fröhliches George-Gershwin-Medley war nach all dem Pathos fast schon als befreiend anzusehen.