Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gefällte Bäume erhitzen die Gemüter
Umwelt Immer wieder protestieren Bürger gegen Eingriffe in die Natur und fordern bessere Schutzmaßnahmen. Doch die sind nicht immer effektiv. Was Städte in der Region tun, um Bäume zu erhalten.
Region Statt der großen alten Weide ragt am Ufer des Friedberger Sees ein abgesägter Baumstumpf hervor. Die Stadt plant einen neuen Rettungsweg, vier Bäume mussten dafür weichen. Bürger waren aufgebracht über die Fällungen. Hier und in anderen Orten protestieren Menschen immer wieder gegen solche Fällungen und machen sich für eine Baumschutzverordnung stark. Doch die gibt es in Friedberg nicht und sie hätte, wie Bürgermeister Roland Eichmann betont, auch nichts gebracht. „Hier geht es um die Sicherheit der Menschen“, sagt er. „Da hätte es trotz Verordnung eine Ausnahme gegeben.“
Bei zahlreichen Friedbergern sorgten die Fällungen dennoch für Unmut. „In einer Hau-Ruck-Aktion wurden hier Bäume abgesägt, die seit Jahren dastehen und den Menschen ans Herz gewachsen sind“, sagt die Friedbergerin Christina Asam, deren Lieblingsplatz am See die alte Weide war. Um solche Aktionen in Zukunft besser kontrollieren zu können, plädieren die Friedberger Grünen für die Einführung einer Baumschutzverordnung. Und das nicht zum ersten Mal. „Wir haben es schon vier Mal versucht, aber der Antrag wurde immer abgelehnt“, sagt Grünen-Stadträtin Claudia Eser-Schuberth.
Grund dafür ist laut Eichmann, dass die Verordnung vor allem Privatleute verpflichtet. Es bestehe die Gefahr, dass Bäume erst recht gefällt werden, wenn die Einführung einer Baumschutzverordnung bevorsteht. Denn dann fürchteten Bürger, den Baum im eigenen Garten nicht mehr fällen zu dürfen, glaubt Eichmann.
Damit ist Friedberg nicht allein. Im gesamten Landkreis AichachFriedberg gibt es keine Kommune mit einer Baumschutzverordnung. „Es gab zwar immer mal wieder Diskussionen darüber, aber eingeführt wurde sie bisher nirgends“, sagt Manuela Riepold, Kreisfachberaterin für Gartenkultur und Landespflege. „Meist stehen sich verschiedene Belange gegenüber, die es abzuwägen gilt.“Für eine Verordnung spreche, dass damit Ersatzpflanzungen gesichert werden, aber sie bedeute auch einen starken Ein- in das private Eigentum. „Wie genau eine Baumschutzverordnung gestaltet wird, ist Sache der einzelnen Gemeinden“, erklärt Riepold. Dennoch scheuten sich viele, sie zu erlassen, denn es könne dazu führen, dass Leute gar keine Bäume mehr pflanzen. Zudem fehlten den Kommunen oft die Mittel, um die Einhaltung der Richtlinien zu kontrollieren.
In Augsburg dagegen werden Bäume seit Jahren durch eine Verordnung geschützt. So dürfen Bäume mit einem Stammumfang von mehr als 80 Zentimetern nicht zerstört, verändert oder entfernt werden. Nur mit einer Genehmigung der Stadt ist das möglich. Sie wird erteilt, wenn der Baum krank ist, die Verkehrssicherheit gefährdet oder ein Gebäude unnutzbar macht. Von der Verordnung ausgenommen sind schnell wachsende Arten wie Pappeln, Weiden, Birken oder Erlen sowie Fichten und bestimmte Obstbäume.
Verstöße werden mit Geldstrafen geahndet. Diese bemessen sich an der Größe und dem ökologischen Wert des Baumes und können sich auf bis zu 50 000 Euro belaufen. „Da muss der Verstoß dann aber schon drastisch sein“, sagt Gerhard Schmidt, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde in Augsburg. Er hält die Baumschutzverordnung für ein adäquates Mittel, um Fällungen einzugrenzen. „Wir führen stichprobenartige Kontrollen durch und bekommen dabei Unterstützung von der Naturschutzwacht“, sagt Schmidt. Das sei effektiv.
Doch auch eine Baumschutzvergriff ordnung kann übergangen werden. Im vergangenen Jahr wurden zwei riesige Kastanien und ein Spitzahorn im Stadtteil Göggingen gefällt, obwohl die Bäume durch die Verordnung geschützt waren. Bei Grabungen für einen Neubau wurden die Wurzeln angeblich so stark beschädigt, dass das Umweltreferat einer Fällung zustimmte. Die Bürger reagierten mit Empörung und Protestaktionen.
In Schwabmünchen hat man deshalb einen anderen Weg gewählt. Hier läuft seit Januar ein Förderprogramm zum Erhalt von Bäumen auf Privatgrund. „Die städtischen Bäume kennen wir sehr gut und wir sind seit Jahren darum bemüht, sie zu pflegen und zu erhalten. Das wollten wir auf private Bäume ausweiten“, sagt Grünamtsleiter Roland Schiller. „Eine Baumschutzverordnung stand bei uns allerdings nie zur Diskussion, denn wir wollten nicht als Vormund auftreten und den Bürgern etwas verbieten, sondern ihnen beratend zur Seite stehen.“Wenn ein Bürger mit der Pflege seines Baumes überfordert ist, könne er sich bei der Stadt Hilfe holen.
Über das Förderprogramm würden Maßnahmen am Baum, besonders wenn er ortsprägend ist, mit bis zu 50 Prozent, aber höchstens 1000 Euro bezuschusst. „Das Programm wird sehr gut angenommen“, sagt Schiller. Er selbst freue sich über die vielen verantwortungsvollen Baumbesitzer, denen der Schutz der Natur wichtig ist. Schließlich sei jeder Baum ein Stück Heimat und die gelte es zu pflegen und zu erhalten.