Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Kinder programmieren wie die Profis
Kurs Stefan Murza ist Professor an der Hochschule Augsburg und wohnt in Altenmünster. Jetzt lernen auch Kinder bei ihm. Ganz spielerisch entwickeln sie in wenigen Schritten die ersten Computerprogramme
Mehrere Monitore reihen sich im ersten Stock im Bürgerhaus in Hegnenbach aneinander, fünf Kinder tippen mit vollem Elan in die Computertasten. „Fit für die digitalisierte Zukunft“heißt der Kurs von Hochschulprofessor Stefan Murza, der Kindern und Jugendlichen einmal in der Woche das Programmieren näherbringt.
Interaktivität steht während der 90 Minuten im Vordergrund. Gibt es Fragen, ist Murza zur Stelle. „Der Computer ist ganz dumm und macht nichts von alleine. Du bist derjenige, der ihm das Denken beibringt“, erklärt der 49-Jährige am Anfang der Einheit. Das Kurskonzept ist simpel: Spielerisch wird der Nachwuchs erreicht. Keine Frontalvorträge, keine Vorlesungen. Auch keine Verbindlichkeiten: Wer kommt, meldet sich für jede Unterrichtsstunde einfach vorher an. Es gehe darum, Druck herauszunehmen: „Nur wer Lust hat, lernt auch richtig etwas.“
Seit drei Wochen programmieren Kinder und Jugendliche mit einem Programm namens Scratch – basierend auf einer bildhaften Programmiersprache. Farblich sortierte Bausteine setzen sich wie ein Puzzle zusammen: Blaue Blöcke stehen für Bewegung, orange für die Steuerung der Figuren. Egal ob Katze, Fledermaus, Auto oder das eigene Bild: Alles spielt sich auf dem Bildschirm auf der sogenannten Bühne ab, dem Ort, an dem das Programmierte zum Leben erwacht. Aus dem Block „Starte, wenn du die grüne Fahne drückst“wird in Kombination mit „Drehe dich zum Mauszeiger“das erste Programm: Die kleine Katze dreht sich in die Richtung des Mauszeigers auf dem Bildschirm.
„So einfach entstehen Computerbefehle und das erste Programm ist geschrieben“, sagt der Hochschulprofessor. Ständig werde das Skript, das Zusammenspiel der Bausteine, optimiert. Ein neuer Baustein kann schon das nächste Projekt bedeuten. Dann heißt es nach wenigen Handgriffen: Die Katze jagt den Mauszeiger. Dann: Die Katze jagt den Hund. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Die Umsetzung der Idee sei der kritische Part, meint Murza. Sowohl beim Kinderkurs als auch bei seinen Studenten an der Hochschule stellte er zunehmend fest, dass diese zwar viele Ideen haben, oft bei der Umsetzung aber Probleme bekommen. Seine Schlussfolgerung: Man muss den Kindern frühzeitig den Respekt vor dem Programmieren nehmen. „Wichtig ist es, selber zu probieren“, bekräftigt Murza. Begeisterung weckte er zunächst bei Sohn Manuel. Schnell programmierten sie zusammen einfache Spiele. Warum nicht auch anderen Kindern das Programmieren beibringen?, dachte sich der Hochschulprofessor.
„Die Lehre liegt mir eh am Herzen“, betont der 49-jährige promovierte Ingenieur. Sein Spezialgebiet: Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Sein Wissen möchte er nicht nur seinen Studenten weitergeben, sondern vor allem den Jüngsten. Seit mehr als vier Jahren lebt er in Altenmünster und ist dort unter anderem engagiert bei den Ganghofer Schützen. Deswegen findet der Kurs im Bürgerhaus in Hegnenbach statt – der Vereinszentrale.
Die Jüngsten im Alter von neun bis elf Jahren haben im Kurs viele Fragen. Lucas Wiedemann etwa versucht, einen Rundenzähler und Zeitmesser in eine selbst entworfene Rennstrecke einzubauen. „Ich komme nicht weiter, Stefan“, hadert der Nachwuchsprogrammierer. Murza geht auf ihn zu und erklärt prompt das Problem für alle Teilnehmer. Die Inhalte seines Bildschirms projiziert er per Beamer an die Wand. Murza sieht sich ein wenig wie ein Fußballtrainer, der immer mehr Vertrauen zu seinen Schützlingen aufbaue. So bleibe der Nachwuchs motiviert, sagt Murza.
Die Welt werde zunehmend digitalisiert, Berufe und ganze Berufsbilder stünden vor einem grundlegenden Wandel. „Datenspezialisten gehört die Zukunft“, betont der Ingenieur. „Selbst beim Schreiner um die Ecke wird heutzutage computergesteuert vermessen und gesägt.“Programmieren, da ist sich der Hochschulprofessor sicher, vereine logisches Denken, künstlerische Gestaltung sowie die Fähigkeit, Geschichten zu erzählen. Eigenschaften, die auf dem Arbeitsmarkt immer mehr gefragt seien.