Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Feiern ohne Stress mit den Nachbarn
Studentenleben Zum Start ins Sommersemester stehen viele WG-Partys an. Zwei Studenten verraten, wie die Feier in den eigenen vier Wänden ohne Ärger gelingt. Wenn die Polizei anrücken muss, kann es teuer werden
Nur Studieren und gar kein Spaß, das geht gar nicht. Das findet auch Hannah Garrn. Die 22-Jährige wohnt zusammen mit zwei Mitbewohnern in einer WG in der Augsburger Innenstadt. Eine große Party schmeißen die drei Studenten eigentlich jedes Semester. Damit es keinen Ärger mit den Nachbarn gibt, hat Hannah Garrn eine besondere Strategie entwickelt.
„Zur Einweihung unserer Bierzapfanlage hatten wir mal eine Party mit dem Motto: Bring your own Bierkrug!“Für die rund 70 Gäste haben die drei natürlich nicht ausreichend Gläser in ihren Küchenschränken. Bevor eine solche Party starten kann, bedarf es aber einer gewissen Vorbereitung: Die Zimmerpflanzen werden zu ihrer eigenen Sicherheit bei Nachbarn einquartiert. Die Bierfässer werden mit der Tram zur Wohnung transportiert und dann kann es auch schon fast losgehen. Aber eben nur fast.
Wenn 70 Leute auf 100 Quadratmetern in einem Wohnhaus bis mindestens fünf Uhr morgens feiern und jedes Zimmer ein separater Dancefloor mit eigener Musikrichtung ist, dann ist klar, dass es in dieser Nacht nicht gerade leise sein wird. Und doch gab es laut Garrn noch nie Probleme. Die Kommunikationsstudentin verrät, warum:
„Tatsächlich haben wir in unserem Haus Bewohner von Jung bis Alt, doch wir haben einfach ein sehr gutes Grundverhältnis. Das ist die Basis“, sagt sie. Außerdem finden die WG-Partys ausschließlich am Wochenende statt. Ein bis zwei Wochen vor der großen Feier gehen die drei dann persönlich bei jedem Nachbarn vorbei: „Wir bringen immer eine Kleinigkeit mit, wie eine Flasche Wein oder etwas Süßes. Und dann laden wir jeden Hausbewohner zur Party ein.“
Tatsächlich kommen viele diesem Angebot auch nach: „Manche gehen an dem Abend dann selber aus und schauen anschließend bei uns für einen Absacker vorbei.“Das sind meistens die Bewohner aus den weiter entfernten Stockwerken. Für die unmittelbaren Nachbarn haben sich die drei Studenten etwas ganz Besonderes einfallen lassen: „Wir haben ihnen für die Partynacht schon einmal ein Hotelzimmer gebucht und dann auf der Feier ein Körbchen aufgestellt, in das jeder einen kleinen Beitrag für den Zimmerpreis abgeben konnte.“
Student Marcel Kaudewitz wohnt mit vier anderen Bewohnern zusammen: „Da es in unserem Haus mehrere WGs gibt, sagt eigentlich keiner etwas, wenn der andere mal feiert.“Und glücklicherweise seien sich die Wohngemeinschaften in ihrem Party-und Lern-Rhythmus bisher auch noch nicht in die Quere gekommen. „Partys müssen bei uns aber auch keine totale Eskalation mit überdimensional lauter Musik sein. Dafür gehen wir dann eher in Klubs oder Bars“, sagt Kaudewitz. Wenn doch einmal zu Hause etwas größer gefeiert werde, wie beispielsweise zur Weihnachtsfeier, werden die anderen WGs persönlich eingeladen.
Dass die Vorankündigung der Party und das persönliche Gespräch mit den Nachbarn wahre Wunder wirken können, weiß auch Polizeihauptkommissar Michael Jakob. „Eine solche gegenseitige Rücksichtnahme dürfte viele Beschwerden verhindern“, sagt er. Und nicht nur das, es würde auch der Polizei eine Menge Arbeit ersparen: Im vorigen Jahr gab es 5337 Einsätze im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord aufgrund von Anwohnerbeschwerden wegen Ruhestörungen. Das seien nicht nur Studenten, betont Jakob. Im Gegenteil: Dass eine WG-Party ausufert, betreffe nur einen kleinen Teil der Ruhestörungseinsätze. Dennoch erkenne man alleine an dieser Zahl, wie oft die Polizei wegen derartiger Störungen um Hilfe gebeten wird.
Wer sich vor einer Party nicht mit den Nachbarn gutgestellt hat, für den kann es unangenehm werden: „In aller Regel werden die Verursacher im Rahmen eines Gesprächs durch die Polizeibeamten zur Ruhe ermahnt – was in den überwiegenden Fällen auch fruchtet“, sagt Jakob. Sollte die Ruhestörung von wirklich erheblichem Ausmaß sein oder der Verursacher diese trotz Aufforderung nicht einstellen, könne gegen den Betroffenen, laut Lärmschutzverordnung, ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro verhängt werden. Dieser Betrag würde eine WG-Kasse erheblich ausreizen, weshalb es einen Versuch wert ist, sich mit den Nachbarn gutzustellen. Dabei werden manche Studenten richtig kreativ und bieten Nachbarn etwa einen Gehörschutz zum Mitnehmen an. Am besten lässt man ihnen eine Handynummer da, mit der sie sich direkt mit den Feiernden in Verbindung setzen können. So bleibt der unangenehme Umweg über die 110 vielleicht erspart.