Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Feuer entfacht Sturm der Entrüstung
Brauchtum Beim Jaudusfeuer in Thierhaupten hängt eine Strohpuppe auf dem Holzturm, die einen Helm mit der Aufschrift „Behindert“trägt. Der Bürgermeister fürchtet, dass der Brauch in Verruf gerät
Es ist ein Brauch in Bayern, am Abend vor Ostern ein großes Feuer zu entzünden und eine Stroh- oder Holzpuppe zu verbrennen. Auch in Thierhaupten im Landkreis Augsburg sollte eine Puppe beim Jaudusfeuer lodern. Was für Entrüstung sorgt: Sie hatte einen gelben Bauarbeiterhelm auf dem Kopf, auf dem das Wort „Behindert“stand. Der frühere Kreisheimatpfleger und Historiker Walter Pötzl schüttelt den Kopf: „Das ist völlig daneben. Das ist nicht brauchtumsgemäß.“
Wer der Puppe den Helm aufgesetzt hatte, lässt sich im Nachhinein wohl nicht mehr klären. Einer der beiden jungen Männer, die die Organisation des Jaudusfeuers in die Hand genommen hatten, will nicht dabei gewesen sein, als die Puppe auf dem 15 Meter hohen Turm festgemacht wurde.
Kritik am Funken-Brauchtum gibt es immer wieder. Vor einem Monat äußerten Leser ihren Unmut über das Scheibenfeuer in Langenneufnach. Das Feuer werde zu einem Spektakel, bei dem sichtbar eine Strohpuppe brennt, die an Hexen auf Scheiterhaufen erinnert. Langenneufnachs Bürgermeister Josef Böck erklärte: „Brauchtum muss bleiben. Die Gemeinde findet Brauchtum gut und wünscht sich, dass er aufrechterhalten bleibt.“Böck hielt die Reaktionen für übertrieben. „Man sollte die Kirche doch bitte im Dorf lassen. Wenn bald jedes Brauchtum infrage gestellt wird, dann gute Nacht.“
Die Hexe, die in Langenneufnach beim Scheibenfeuer verbrannt wird, symbolisiere den Winter. Und mit dem soll Schluss gemacht werden. Böck: „Nur das allein steht im Vordergrund. Dass es in der Geschichte auch düstere Kapitel gab, steht außer Frage.“
Nach dem Mittelalter herrschten im Augsburger Land raue Sitten: Wer der Hexerei bezichtigt war, wurde gequält und auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Am meisten Menschen litten in Schwabmünchen, dort wurden von 63 Verdächtigten 32 verurteilt.