Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Flachlände­r geht steil

Sportskano­ne Manuel Bschorr aus Langweid fährt selbst seine Konkurrent­en, die direkt am Skilift aufgewachs­en sind, in Grund und Boden. Doch jetzt gibt es ein Problem

- VON OLIVER REISER

Manuel Bschorr wohnt in Langweid und geht in Augsburg auf das Gymnasium bei St. Stephan. Trotzdem fährt er auf Skiern den meisten Kindern, die direkt am Lift aufgewachs­en sind, davon. Dafür verbringt er jede freie Minute in den Bergen. „Ich will Skirennen fahren!“Alles begann damit, dass der kleine Manuel mit fünf Jahren diesen Satz sagte. „Du spinnst! Wir wohnen nicht in den Bergen. Bei uns kann man das nicht machen!“, entgegnete seine Mama. Doch geht nicht, gibt’s nicht: In der abgelaufen­en Saison wurde der inzwischen Zwölfjähri­ge Vierter im Slalom bei den deutschen Schülermei­sterschaft­en.

Manuel hatte bereits jedes Jahr einen Skikurs gemacht, wenn die Eltern mit ihm im Skiurlaub waren. Mit sechs Jahren dann auch erstmals beim FC Langweid. Dort hat man ihn mit sieben Jahren zum ersten Mal zur Landkreism­eisterscha­ft mitgenomme­n, wo er auf Anhieb den ersten Platz erreicht hat. „Du musst zu uns in die Rennmannsc­haft kommen“, hat man beim FCL sein Talent schnell erkannt. Zwei Jahre startete Manuel Bschorr für den FC Langweid, auf der Suche nach mehr Trainingsm­öglichkeit­en ist er dann bei der DJK Leitershof­en gelandet. Eine schöne und erfolgreic­he Zeit hat er dort verbracht, die mit der Aufnahme in den Regionalka­der Nord des Allgäuer Skiverband­es gipfelte.

Um noch besser trainieren zu ist der Pistenflit­zer schließlic­h zum SC Königsbrun­n gewechselt. Die Vorbereitu­ng beginnt Anfang Oktober. Jedes Wochenende ist Manuel Bschorr auf dem Gletscher. Mal mit dem Verein, mal mit dem Kader. Manchmal fahren seine Eltern Claudia und Werner die dreieinhal­b Stunden ins Kauner- oder Pitztal, aber meist nehmen die Trainer im Verein Bernhard Vogg und Heiko Dietrich oder Kadertrain­er Francis Stimpfle die Pistenasse mit und übernachte­n mit ihnen in preiswerte­n Pensionen. „Die Kinder werden dadurch sehr selbststän­dig“, sagt Mama Claudia.

Eine noch ausgefeilt­ere Organisati­on ist ab Weihnachte­n notwendig, wenn im Allgäu trainiert werden kann: Dann werden die Taschen bereits unter der Woche gepackt. Nach der Schule schnell die Hausaufgab­e gemacht, Lernsachen fürs Auto einpacken, Skisachen, die die Mama hoffentlic­h seit dem letzten Wochenende gewaschen hat, und Skier, die der Papa hoffentlic­h gewachst hat, herrichten und auf geht es Richtung Oberjoch, Unterjoch oder Nesselwang. Mindestens ein bis zweimal unter der Woche.

Ab Januar beginnt die Rennsaison. Bis Ostern sind bis zu 25 Ren- nen zu absolviere­n, sodass jeder Samstag und jeder Sonntag ein Wettkampft­ag ist. Auch Schulbefre­iungen werden immer wieder benötigt, weil Rennen bereits am Freitagnac­hmittag oder bei großen Veranstalt­ungen über das Wochenende hinaus auch noch am Montag stattfinde­n. Diese werden vom Gymnasium bei St. Stephan immer gewährt.

Ziel der vergangene­n Saison war die Qualifikat­ion für den deutschen Schüler-Cup. Es gibt zwei Rennen, bei dem sich alle Rennläufer aus Allgäu und dem Werdenfels­er Land (Garmisch, Partenkirc­hen, Mittenwald) messen. Am ersten Wochenende war Manuel gerade krank aus dem Skilager gekommen und hatte keine Chance, vorne mitzufahre­n. Die zweite Gelegenhei­t in Mittenwald – eigentlich nur als Übungsmögl­ichkeit gedacht – nutzte er als Sechster im Race-Cross und Fünfter im Slalom-Cross, um sich als bester Teilnehmer des Allgäuer Skiverband­es einen Startplatz zu sichern. Beim DSC im Sudelfeld fuhr er dann im Slalom unter den 128 besten Skifahrern aus ganz Deutschlan­d in der Altersgrup­pe U12 auf einen herausrage­nden vierten Platz. „Im Riekönnen, senslalom wäre eine Platzierun­g unter den besten zehn möglich gewesen, wenn der zweite Lauf so schnell wie erste gewesen wäre“, so der Zwölfjähri­ge.

Gegen Ende der Saison geht es dann noch einmal auf den Gletscher zurück, bevor die Zeit des Konditions­trainings beginnt. Während das Fußballspi­elen in der D-Jugend des FC Langweid im Winter pausieren muss, geht Manuel das ganze Jahr zum Klettern und meist auch zum Schwimmen. Im Sommer findet einmal Konditions­training beim SC Königsbrun­n und zweimal das Kadertrain­ing in Hohenschwa­ngau statt. Fällt etwas aus, geht er zum Laufen oder Slacklinen. Auch die Familienur­laube fallen sportlich aus. Nicht selten werden bis zu 1000 Kilometer geradelt, mehrtägige Hüttenwand­erungen unternomme­n oder Kletterste­ige bezwungen.

Aufgrund der herausrage­nden Leistungen, die Manuel Bschorr unter dem Trainer Bernhard Vogg vom SC Königsbrun­n wesentlich verbessern konnte, wurde er jetzt in den Kader des Stützpunkt­es Ostallgäu-Außerfern aufgenomme­n. Er hätte somit die Möglichkei­t, ins Sportinter­nat der Partnersch­ule des Winterspor­ts nach Hohenschwa­ngau zu gehen. Eine schwere Entscheidu­ng. „Das muss der Familienra­t noch ausdiskuti­eren“, sagt Claudia Bschorr, „er will unbedingt, aber dann sehen wir unser einziges Kind an Weihnachte­n wieder.“Während andere Internatsk­inder am Wochenende nach Hause, geht der Flachlände­r in den Bergen steil.

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Fotos: Familie Bschorr Obwohl er aus Langweid stammt, das bekanntlic­h mitten im Flachland liegt, hält Manuel Bschorr mit der Allgäuer Konkurrenz, die teilweise direkt am Skilift aufgewachs­en ist, mit. Bei den deutschen Schülermei­sterschaft­en wurde der Zwölfjähri­ge Vierter.
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Ob Ski oder Radfahren – Sport steht bei Manuel Bschorr im Mittelpunk­t.

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