Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Ich habe ihm nicht gehorcht“
USA Der oberste Polizist Amerikas wurde von Donald Trump in der Russland-Affäre gefeuert. Jetzt bringt James Comey bei seinem Zeugenauftritt den US-Präsidenten in schwere Bedrängnis
Die Kehlen im „Union Pub“blieben zwar nicht trocken. Aber das vom Wirt versprochene Freibier für jeden Tweet Donald Trumps während der Anhörung seines gefeuerten FBI-Direktors James Comey gab es nicht. Auf Drängen seiner Anwälte hielt sich der Präsident mit Beiträgen unter @realDonaldTrump diesmal zurück. Stattdessen verschanzte er sich im Dining Room des Weißen Hauses, wo er das Drama im Kongress auf einem großen Flachbildschirm beobachtete. Wie auch seine Mitarbeiter, die das „politische Super-Bowl“gebannt in ihren Büros verfolgten.
Zu Recht. Denn ab dem Moment, als der Zwei-Meter-Mann Comey in schwarzem Anzug, weißem Hemd und mit roter Krawatte in den Sitzungssaal 216 des „Hart Buildings“schritt, erlebte die Welt einen PolitThriller, wie ihn sich Hollywood nicht besser ausdenken könnte.
Der Vorsitzende des Geheimdienste-Ausschusses, Richard Burr, vereidigte Comey, der nach dem „So wahr mir Gott helfe“auf dem heißen Stuhl im Anhörungsraum Platz nahm. Der FBI-Direktor verzichtete darauf, das tags zuvor überraschend vorab veröffentlichte Eingangsstatement noch einmal vorzutragen. Brauchte er auch nicht, weil die Senatoren seine auf sieben Seiten aufgeschriebenen Begegnungen mit Trump schon auswendig aufsagen konnten.
Der Präsident hatte Comey bei drei persönlichen Vier-Augen-Begegnungen und sechs Telefonaten mehrfach gedroht, gebeten oder gedrängt, ihn öffentlich von dem Verdacht einer Zusammenarbeit mit Russland im Wahlkampf freizusprechen. Im Fall seines unhaltbar gewordenen Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn, gegen den zu diesem Zeitpunkt bereits Ermittlungen liefen, war Trump noch einen Schritt weitergegangen. „Ich hoffe, Sie können das fallenlassen“, soll er Comey bei einem Treffen am Valentinstag unter vier Augen im Oval Office gesagt haben.
Comey bestätigte all das bei der Anhörung. Das Beste aber hob sich der Medien-Profi für das öffentliche Spektakel auf. Die wechselnden Erklärungen für seinen Rauswurf am 9. Mai hätten ihn „sehr irritiert“, erklärte der einst für die SpionageAbwehr zuständige FBI-Mann. Er nehme es Trump schon ab, wenn er sage, „dass er mich wegen der Russland-Ermittlungen gefeuert hat“.
Dann holt er zum großen Schlag gegen das aus, was er als SchmierenKampagne des Weißen Hauses gegen seine Person versteht. Der Mann im Oval Office, der ihn bei dem russischen Außenminister als „Verrückten“(nutjob) diffamierte, verbreite nichts als „Lügen, schlicht und einfach“. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Huckabee Sanders, fühlte sich umgehend bemüßigt, definitiv zu erklären, „dass der Präsident kein Lügner ist“.
Comey bekräftigte die Rolle Russlands bei dem Angriff auf die Präsidentschaftswahlen. Mehrere republikanische Senatoren versuchten den gefeuerten FBI-Direktor zu bewegen, Trump vom Vorwurf der Behinderung der Justiz reinzuwaschen. Der Präsident habe doch nur gesagt, „er hoffe“, Comey werde etwas nicht tun, zitiert ihn etwa Senator Jim Risch.
„Ich habe das als Befehl verstanden“, weist Comey die semantische Spielerei zurück. „Das sollte ich tun. Ich habe nicht gehorcht.“Er sei sich sicher, Sonderermittler Robert „Bob“Mueller werde diesen Aspekt untersuchen. Er widersprach Berichten, wonach seine Aussagen vor dem Komitee mit Mueller abgestimmt seien.
Comey bestätigte dagegen zur Überraschung der Anwesenden, dass er „einen Freund gebeten habe“, die nach den Trump-Gesprächen angefertigten Memoranden an die Presse weiterzuleiten. Warum er die Erinnerungsprotokolle