Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Jagd auf Glatzenträger
Aberglaube Bislang war bekannt, dass im südlichen Afrika Albinos Opfer okkulter Gewalt werden. Nun wurden zwei Männer wegen Kahlköpfigkeit getötet – in der Hoffnung auf Reichtum
Glatzköpfigkeit kann in Mosambik lebensgefährlich sein. Die hiesige Polizei warnt nach den brutalen Morden an zwei kahlköpfigen Männern vor Angreifern, die hinter dem Haarausfall Potenzial für Wohlstand vermuten. Eines der beiden Opfer wurde mit abgeschlagenem Kopf gefunden, einige seiner Organe waren entnommen worden. Vier Verdächtige seien in Haft, berichtete Polizeisprecher Inacio Dina. „Ihre Motivation basiert auf Aberglauben. Die lokale Gemeinde hält Glatzköpfige für reich.“
Die Täter sagten aus, dass sie die Organe an traditionelle Heiler in Malawi und Tansania verkaufen wollten. Dort sollten sie offenbar bei Ritualen für Kundschaft verwendet werden, die in der Hoffnung auf Reichtum bezahlt. Nach Angaben des Polizeisprechers der Provinz Zambezia, Miguel Caetana, handelte es sich um die ersten gezielten Angriffe auf glatzköpfige Männer, die registriert worden seien. Bei einem weiteren Toten und zwei Vermissten werde das gleiche Motiv vermutet.
Der Vorgang offenbart den Kontrast zwischen Städten und ländlichen Gegenden in Ländern des südlichen Afrikas. In urbanen Zentren ist das Bildungsniveau in den vergangenen Jahrzehnten oft deutlich schneller gestiegen. In abgelegenen Gegenden ist der Aberglaube mancherorts noch so weit verbreitet, dass er Todesopfer fordert.
So gelten Zwillinge in Teilen Madagaskars als verhext. Lange wurde mindestens ein Geschwisterkind nach der Geburt ermordet. Davon sehen die allermeisten Gemeinden inzwischen ab, am Glauben hat sich aber wenig verändert. Sie werden meist zur Adoption freigegeben. Ausländische Paare, die sich in Madagaskar um ein Adoptivkind bemühen, bekommen deshalb oft Zwillingskinder angeboten.
Über Landesgrenzen hinweg verbreitet sind Angriffe auf Albinos. Die Krankheit bedeutet nicht allein wegen der Sonnenempfindlichkeit von Haut und Augen oft ein Leben und Sterben im Schatten. Über 150 Menschen mit Albinismus sind in Tansania nach Angaben der Vereinten Nationen seit dem Jahr 2000 angegriffen und verstümmelt worden, beinahe jeder Zweite starb. Wunderheiler versprechen mit zermalmten Knochen Heilung von Aids, Fischer nehmen die hellen Haare mit an Bord – das soll in dem ostafrika- nischen Land Glück bringen. Auch in Mosambik ist okkulte Gewalt gegen Albinos ein Problem, die UN registrierte über 100 Fälle seit dem Jahr 2014. Im April kooperierten die Behörden mit der Polizei in Malawi und exhumierten die sterblichen Überreste eines Albino-Kindes im Süden Malawi. Die mosambikanische Polizei verhaftete die Eltern, Medienberichten zufolge gab die Mutter den Mord an ihrem Sohn zu. Sie habe versucht, seine Körperteile zu verkaufen.
Der Organhandel floriert in dem südafrikanischen Land, berichtete die Menschenrechtsorganisation Human Rights League in Maputo. Demnach seien in 62 Prozent der Fälle Frauen und Kinder die Opfer, in einem Viertel der Fälle würden männliche Genitalien gehandelt. Die meisten Kunden befinden sich den Autoren zufolge in Simbabwe und Südafrika.
Die Regierungen und Hilfsorganisationen in den betroffenen Ländern investieren in Aufklärungskampagnen, in vielen Ländern wurde auch das Polizeiaufkommen für Ritualmorde deutlich erhöht. In Südafrika ermittelt sogar eine eigens gegründete Spezialeinheit. Insgesamt sinken die Zahlen, in Mosambik aber ist der Erfolg bisher mäßig. Einige abgelegene Gegenden sind für die Behörden kaum zu erreichen.