Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Der Film und seine Klassiker
Saisonausklang der Kammerphilharmonie
Sehnsucht treibt, inspiriert: „Drum heg ich sie auch so treu an der Brust, versichert des schönsten Gewinns; Sie heißt – die Sehnsucht! Kennt ihr sie? – Die Botin treuen Sinns…“Das Lied „Die Taubenpost“ist Franz Schuberts letzte Komposition. Am Ende blieb also Sehnsucht – ein erschreckender, aber auch ein tröstender Gedanke. Denn Sehnsucht ist es womöglich, die zu Kreativität beflügelt, zum Komponieren anhält, nach dem Vollkommenen streben lässt. Doch Erfüllung ist nicht gewünscht, zumindest nicht bei Gustav Mahler: In seinem Adagietto der 5. Sinfonie ist die Sucht nach dem Sehnen treibende Kraft.
Beim letzten Saisonkonzert der Bayerischen Kammerphilharmonie am Freitag im Parktheater stand Mahlers Adagietto an zweiter Stelle im Programm, tauchte die Hörer gleich nach Boccherinis ebenfalls berühmtem Rokoko-Menuett für Streichquintett in gewaltige Gefühlswellen. „Filmreif“hieß der Abend, und die Kammerphilharmonie brachte – im ersten Teil meist getragene – Kompositionen der Klassik, die in Filmen eingesetzt wurden, dazu Filmmusiken, die zu Klassikern wurden, sowie mit Erich Wolfgang Korngolds Sinfonischer Serenade op. 39 ein anspruchsvolles viersätziges Werk, welches den Filmmusik-Komponisten durchklingen ließ.
Von Anfang an wurde bewundernswert gespielt. Ohne Dirigent gelang den Musikern unter der Leitung von Konzertmeisterin Marie Radauer-Plank sowie des jeweiligen Exponierten im musikalischen Geschehen eine konzentrierte Darbietung – voller Präzision, Virtuosität im langsamen wie im rasanten Spiel und weitgespannten Bögen wie etwa in Samuel Barbers Streicher-Adagio. Alles vorgetragen in einem erlesenen, berückend schönen Gesamtklang, der stets, im besten Sinne interpretierend, das Vorrangige herausschälte. So einig kann wohl nur zusammenwirken, wer auch die Partien der Kollegen wie auch das Werk überhaupt gut kennt.
Somit gab es am Ende für eine zweistündige hochkarätige Leistung verdiente Beifallsstürme. Neben der Klangdelikatesse faszinierten die weiten Spannungsbögen bei Korngold, der virtuose Pizzicato-Surround-Sound, die rhythmischen Finessen, jähen Kontraste und die sinfonischen Dimensionen. Tiefer in die Emotion stieg der erste Part, bis hin zu John Williams’ Thema aus „Schindlers Liste“, eine bewegende Klimax mit lupenrein intonierter, beseelter Solo-Violine. Astor Piazzollas feuriger „Libertango“in der Fassung von Bastian Walcher leitete in hypnotisierend gespanntem Rhythmus zur Realität und in die Pause über.