Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Viel mehr als ein Gnadenhof
Projekt Gut Morhard startete als Refugium für verwahrloste Tiere. Das Gelände wächst sich zu einem grünen Bildungszentrum für die gesamte Region aus. Was außer Stallungen, See und Bienenhaus noch geplant ist
Angefangen hat alles als Gnadenhof: Im Jahr 2013 erbte der Tierschutzverein Augsburg ein drei Hektar großes Gelände am südlichen Stadtrand von Königsbrunn. Die Königsbrunnerin Hedwig Morhard hatte es vermacht und die Nutzung als Tierschutzeinrichtung verfügt. Heinz Paula, langjähriger SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Augsburger Tierschutzvereins, erkannte schnell, dass das riesige Areal zwischen der Landsberger Straße und der B17 mehr Potenzial als nur für einen Gnadenhof bietet.
Zusammen mit vielen Ehrenamtlichen hat er bis heute ein Konzept für einen generationenübergreifend funktionierenden Begegnungs-, Spiel- und Lernort entwickelt. Mit der ebenfalls von Hedwig Morhard hinterlassenen Gelderbschaft sanierte der Verein im ersten Jahr zunächst das zweistöckige Wohnhaus an der Landsberger Straße 144, in dem Morhard bis zu ihrem Tod gelebt hatte. Heute beherbergt das mit Holz komplett verschalte und energieeffizient ertüchtigte Gebäude Verwaltungs- und Veranstaltungsräume und eine Wohnung für die fest angestellte Tierpflegerin.
Am Sonntag hat der Verein jetzt den zweiten Bauabschnitt eingeweiht – und durfte sich dabei über den Besuch von vielen interessierten Tierschutzfans freuen. Für rund 500000 Euro aus Rücklagen, Spenden und weiteren privaten Erbschaften entstanden in einjähriger Bauzeit ein massiver, aus Stein, Stahl, Fichte und Lärche errichteter Stall sowie ein mit diesem durch eine überdachte Fläche verbundener Mehrzweckbau, der Toiletten, ein Futter- und Heulager sowie Veranstaltungsflächen beherbergt.
Die Ponys Otto und Gustav haben im neuen Stall bereits Quartier bezogen, die übrigen Boxen sind den fünf Ziegen und zehn Krainer Steinschafen vorbehalten. Die Photovoltaikanlage auf dem Dach versorgt die beiden Hallen mit Energie, soll aber – wenn der angrenzende Parkplatz fertig ist – auch die dortige Strom-Ladestation für E-Autos und -Fahrräder speisen.
Dass neben der Königsbrunner Bürgermeisterin Ursula Jung (Grüne) und dem Augsburger Bürgermeister Stefan Kiefer (SPD) auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne), Sozial-Staatssekretär und Schirmherr Johannes Hintersberger (CSU), sowie Klosterlechfelds Bürgermeister Rudolf Schneider und der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, an den Eröffnungsfeierlichkeiten teilnahmen, unterstreicht die politische Dimension, die der Entwicklung dieses Geländes für die Region parteiübergreifend und bundesweit beigemessen wird.
Stillstand wird auch bis auf Wei- teres nicht herrschen, kündigt Vorsitzender Paula an: „Im Kopf habe ich schon den vierten und fünften Bauabschnitt“, sagt er und lacht. Aber im Ernst: Der dritte Bauabschnitt ist schon konkret. Das gesamte Außen-areal wird eingezäunt – eine Sicherheitsmaßnahme, die mit 200000 Euro aus EU-Mitteln gefördert wird. Um keine Schulklassen mehr abweisen zu müssen, wird in der Nähe des Haupthauses, zwischen Hühnergehege und Färbergarten, ein Schulpavillon entstehen, erklärt Paula weiter. Ein 620 Quadratmeter großer Teich mit vom Aussterben bedrohten Entenarten, eine Voliere für verletzte Tauben sowie ein Bienenhaus mit Imkerbetreuung, die Magerwiese und die Ausweitung der Obstwiese sind ebenfalls Teil der weiteren Planungen. Patricia Klingler, die auf Gut Morhard nebenberuflich als Fachberaterin für tiergestützte Interaktion arbeitet, will ihr Angebot ebenfalls erweitern. „Neben meinem Hund, der für diese Art der Kommunikation mit den Menschen trainiert ist, würden wir gerne auch die Hühner und Schafe pädagogisch gezielter einsetzen, das Konzept entsteht gerade“, erklärt Klingler. I www.gut morhard.de
Bald müssen keine Schulklassen mehr abgewiesen werden