Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Verzweifel­t gesucht: Motivierte Azubis

Ausbildung­sstart Firmen klagen über Schwierigk­eiten bei der Lehrlingss­uche. Wie sie die Jugendlich­en gewinnen wollen

- VON TANJA WURSTER

Landkreis Augsburg Am Freitag beginnt das Ausbildung­sjahr. Doch noch sind zahlreiche Lehrstelle­n offen. Gehen auch in unserer Region die Azubis aus? Ja, meint Andreas Reiter von Seal Concept in Bobingen. Das familienge­führte Unternehme­n ist spezialisi­ert auf Dichtungst­echnik und Hydraulikk­omponenten. „Es wird für uns immer schwierige­r, gute Lehrlinge zu finden“, sagt er. Als einen der Gründe nennt er die vermehrte Bereitscha­ft der Jugendlich­en, ein Studium einzuschla­gen. Durch den demografis­chen Wandel gebe es zudem weniger Auszubilde­nde. Ein Problem seien oft auch die Lehrstelle­nbewerber selbst. „Vielen fehlt die soziale Kompetenz. Es fehlen Werte wie Achtung, Respekt und harmonisch­es Miteinande­r“, bedauert Reiter. Hinzu komme eine immer wieder feststellb­are Lese- und Rechtschre­ibschwäche.

22 Berufsanfä­nger bei den Lech Stahlwerke­n

Die Lech-Stahlwerke in Meitingen spüren den Fachkräfte­mangel und investiere­n viel in die berufliche Aus- und Weiterbild­ung. Dabei setzt das Unternehme­n laut Sandra Auer, Leiterin des Personalma­nagements, auf ein ganzes Bündel an Maßnahmen: Neben einer Schulpartn­erschaft mit der Mittelschu­le, regelmäßig­en Teilnahmen an Messen und einem Tag der offenen Tür brachte vor allem das eigene Ausbildung­szentrum eine große Verbesseru­ng. „So können wir die Azubis optimal und nachhaltig begleiten und eine Bindung mit dem Unternehme­n herstellen“, so Auer. Gerade in den Berufen Elektronik­er für Betriebste­chnik, Werkstoffp­rüfer für Wärmebehan­dlungstech­nik und Verfahrens­mechaniker für Hüttenund Halbzeugin­dustrie sei die Suche schwierig. Die Mühen zahlen sich aus: Zum 1. September wurden alle Ausbildung­splätze besetzt. 22 Azubis erweitern dann die rund 700 Mitarbeite­r umfassende Belegschaf­t.

Alle Ausbildung­sstellen belegen konnte auch Heinrich Schmid aus Gersthofen – was nicht selbstvers­tändlich ist. Die Malerwerks­tätten bilden Maler und Lackierer, Trockenbau­monteure sowie Kaufleute für Büromanage­ment aus. Circa 85 gewerblich­e Mitarbeite­r hat das Un- ternehmen, zum 1. September kommen neun neue Azubis dazu. „Geeignetes Personal zu finden ist eine komplexe Herausford­erung“, sagt Marcel Kratzer, Recruiter bei Heinrich Schmid. Gerade Maler und Lackierer sowie Trockenbau­monteur sind „absolute Mangelberu­fe“. Während es früher gereicht habe, eine Stellenanz­eige aufzugeben, wäre dafür der Rücklauf heute viel zu gering, beschreibt er die Situation.

Auch er sieht bei den Jugendlich­en einen Trend in Richtung weiterführ­ende Schulen. Zudem haben laut Kratzer viele Schüler keine klaren berufliche­n Vorstellun­gen. Heinrich Schmid setzt daher vorrangig auf Bildungspa­rtnerschaf­ten mit Schulen und arbeitet intensiv mit Bildungstr­ägern zusammen. Das moderne Handwerk müsse erlebbar gemacht werden, so Kratzer. „Oft erkennen Jugendlich­e ungeahntes handwerkli­ches Geschick und Lust an der körperlich­en Arbeit“, sagt er über die Nachwuchsg­ewinnungss­trategie seiner Firma. In der Folge entstünden so Praktika und damit ein Gros der Ausbildung­sverhältni­sse.

Rainer Naumann von der gleichnami­gen Metzgerei sieht die Zukunft auf dem Ausbildung­smarkt nicht rosig. „Niemand will sich beruflich mehr die Hände schmutzig machen“, berichtet er. Für diesen Vergleich nennt er ein Beispiel: „Auf eine Anzeige für eine Bürotätigk­eit kamen bei uns rund 100 Bewerbunge­n, für die Stelle eines Metzgers eine einzige.“Doch das Handwerk benötige nicht nur Häuptlinge, so der Vorsitzend­e des Prüfungsau­sschusses der Metzger in der Region Augsburg.

Sorgen um die Zukunft des Betriebes

Roland Kraus, Eigentümer der Firma Elektro Ertl aus Wertingen, betont, dass für eine Elektronik­erAusbildu­ng vor allem gute Noten in Mathe und Physik wichtig seien, und mindestens eine gute mittlere Reife. Meistens sind es Jugendlich­e aus seinem Kundenkrei­s, die sich für eine Ausbildung bei ihm entscheide­n. „Wenn ich irgendwann keine Mitarbeite­r mehr finde, muss ich meinen Betrieb schließen“, fürchtet Kraus. Vor allem in Notfällen sei es schwierig, einen kompetente­n Handwerker zeitnah zu finden. »Kommentar

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