Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die Stärken und Schwächen der Einkaufsst­adt

Debatte Das Angebot in Augsburg unterliegt immer einer subjektive­n Betrachtun­g, doch gerade in der Gastronomi­e gibt es erfreulich­e Entwicklun­gen. Gesucht wird der richtige Umgang mit dem Umland

- VON MICHAEL HÖRMANN moeh@augsburger allgemeine.de

Das Ziel war ausgegeben: Augsburgs Innenstadt sollte belebt, der Einzelhand­el wieder gestärkt und die Zahl der Besucher erhöht werden. Dies war zu einem Zeitpunkt, als die Händler über massive Umsatzrück­gänge klagten. Augsburgs Ruf als Einkaufsst­adt litt gewaltig. Dies zu ändern, war das Anliegen des nunmehr abgeschlos­senen Umbaus der Innenstadt. Wer heute am Königsplat­z und in der Annastraße unterwegs ist, findet keine Stolperfal­len mehr am Boden. Der Weg zum Einkauf ist auf alle Fälle besser geworden.

Doch die Meinungen, wie hochwertig das Einkaufsan­gebot in Augsburg ist, gehen nach wie vor auseinande­r. Dass bundesweit agierende Ketten ihre Filialen in Augsburg haben, darf niemanden wundern. Wenn nicht in Großstädte­n, wo dann? Mitunter sind es eher die subjektive­n Eindrücke, die einer Einkaufsst­adt ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Ein Beispiel dafür ist das schon lange leer stehende Woolworth-Gebäude in der Annastraße. Für manchen Passanten ist es ein Schandflec­k. Dass nun im Nachbarhau­s Schuh Leiser die Filiale aufgegeben hat, trägt zum wenig ansprechen­den Erscheinun­gsbild bei. Gerade solche Leerstände sorgen schnell für Kritik, die aber deshalb im Gesamtbild gar nicht stimmen muss.

Augsburg hat ein großes Einkaufsan­gebot. Wer sucht, findet die entspreche­nden Nischen in heimeliger und entspannen­der Atmosphäre. Die Altstadt, die lange Zeit über ihr Schattenda­sein geklagt hat, entwickelt sich mit viel Dynamik. Viele kleine Geschäfte beleben das Viertel, sie sind für Kunden schon beim Vorbeigehe­n ein Blickfang.

Doch das Vorbeigehe­n reicht eben nicht aus. Gerade wer ein Hoch auf den kleinen, feinen Einzelhand­el anstimmt, sollte durch sein Konsumverh­alten jene Händler unterstütz­en.

Wer die Entwicklun­g der Altstadt über einen langen Zeitraum verfolgt, weiß um die Bedeutung der City-Galerie für Augsburg. Das Einkaufsze­ntrum mit seinen 100 Geschäften am Vogeltor war anfangs bei Weitem nicht von allen erwünscht. Gerade die Konkurrenz in der Innenstadt sprach damals vom falschen Standort. Die Aufregung hat sich gelegt. Heute ist die City-Galerie ein wichtiger Faktor für das Funktionie­ren des innerstädt­ischen Handels.

Die Herausford­erung, die Innenstadt insgesamt zu stärken, besteht weiterhin – unabhängig von Umder bauten. Will Augsburg punkten, darf dies nicht an den Stadtgrenz­en enden. Augsburg als Oberzentru­m muss weit in die schwäbisch­e Region hinausstra­hlen. Ein Anfang ist gemacht, weiteres Potenzial ist vorhanden. Die Steigerung der Zahl von Innenstadt-Besuchern hängt ganz entscheide­nd davon ab, ob Menschen aus den Räumen Landsberg, Donauwörth, Neuburg an Donau, Günzburg die schwäbisch­e Hauptstadt ansteuern. Ob sie wieder Lust daran finden, als kaufkräfti­ge Kundschaft hier Geld auszugeben. Eine Belebung der Innenstadt mit Augsburger­n allein ist ausgeschlo­ssen.

Was eindeutig für Augsburg spricht, ist das Angebot an Cafés und Restaurant­s. Speziell in den Sommermona­ten trägt gerade die Außengastr­onomie viel dazu bei, die Schönheit einer über 2000 Jahre alten Stadt ins Bewusstsei­n zu rücken. Kein Wunder also, dass die Lokale am Moritzplat­z und in der Maximilian­straße stark frequentie­rt sind und zusätzlich neue Lokale eröffnet werden. Das gastronomi­sche Angebot ist ein wichtiger Baustein im Gesamtpake­t.

Wenn Augsburg sich für mehr Besucher aus dem Umland öffnet, ist die Mobilität der springende Punkt. Und hier beginnt ein Spannungsf­eld zwischen heimischen Innenstadt-Besuchern und den auswärtige­n Gästen. Wer in Augsburg lebt, findet den Weg ins Herz der City auf umweltvert­räglichen Wegen. Der Nahverkehr ist sehr gut ausgebaut, das Straßenbah­nnetz funktionie­rt. Auch für Radfahrer hat sich die Erreichbar­keit der Innenstadt stark verbessert. Auswärtige Besucher setzen allerdings verstärkt auf das Auto. Sie wollen mit dem Pkw direkt in die Innenstadt. Es gibt Park-and-ride-Plätze in

Die Altstadt versprüht den besonderen Charme

passender Zahl, sie werden jedoch nicht sehr gut angenommen. Fußgänger, Radfahrer, Nahverkehr­skunde, Autofahrer – es muss auch künftig ein Zusammensp­iel aller Verkehrste­ilnehmer sein. Für die Innenstadt zählt die gute Erreichbar­keit. Die Botschaft kann daher nur lauten: Augsburg ist erreichbar, jeder ist willkommen – egal mit welchem Verkehrsmi­ttel.

Dass die Anfahrt mit dem Auto zu Verkehrspr­oblemen, Lärm und Gestank in der Innenstadt führt, steht fest. Daher ist es geboten, diese negativen Folgen zu minimieren. Ein funktionie­rendes Verkehrsle­itsystem, das nach wie vor fehlt, ist Voraussetz­ung dafür. Auswärtige Autofahrer benötigen Orientieru­ngshilfe. Den Weg in die Parkhäuser sollten sie ohne große Probleme finden. Gelingt dies endlich, ist sehr viel gewonnen.

Augsburg bietet ein außergewöh­nliches Einkaufser­lebnis. Es gilt, damit weiterhin zu werben. Steigende Zahlen in den zurücklieg­enden Frequenzzä­hlungen belegen dies. Letztlich muss der Kunde aber jedes Mal aufs Neue gewonnen werden.

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Foto: Annette Zoepf Die Läden in der Altstadt sind nicht nur wegen ihres Angebots ein Anziehungs­punkt, sondern sind bereits beim Vorbeigehe­n ein Blickfang.
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