Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Modular braucht den offenen Dialog

- VON MICHAEL HÖRMANN moeh@augsburger allgemeine.de

Wie wahrschein­lich es ist, ein gestohlene­s Fahrrad zurückzube­kommen, kann man nicht sagen, meint Michael Jakob, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben-Nord. „Das hängt davon ab, ob das Fahrrad nur entwendet wurde, um mal kurz von A nach B zu fahren, oder ob es dauerhaft gestohlen wurde.“Laut Einschätzu­ng eines Sachbearbe­iters im Präsidum werde vielleicht jedes zehnte als entwendet angezeigte Rad irgendwo gefunden. Fundräder kommen beim Fundamt der Stadt unter. „Von der Polizei werden nur Räder aufbewahrt, die im Rahmen eines Strafverfa­hrens sichergest­ellt wurden.“

Im vergangene­n Jahr wurden im Stadtgebie­t knapp 1300 Fahrräder als gestohlen gemeldet. Davon kamen 1150 auf öffentlich­em Grund abhanden. Besonders gerne schla- gen Täter an Orten zu, an denen viele Räder abgestellt werden, wie etwa am Bahnhof. Bis Ende August wurden in diesem Jahr laut Jakob knapp 1000 Taten angezeigt. Er spricht von bislang leicht erhöhten monatliche­n Durchschni­ttszahlen.

Hinter dem Diebstahl von teuren Rädern stecken meist organisier­te Gruppen, sagt Jakob. Sie bringen das Diebesgut überwiegen­d ins Ausland. E-Bikes wie das von Armin Mang seien bei den Kriminelle­n beliebt. „Allein weil E-Bikes teurer als herkömmlic­he Räder sind, haben Diebe beim Weiterverk­auf eine größere Gewinnspan­ne.“Noch werden meistens Fahrräder ohne ElektroAnt­rieb gestohlen. „Aber nur, weil noch nicht so viele E-Bikes im Umlauf sind. Das wird sich im Lauf der nächsten Jahre ändern“, ist der Polizeispr­echer überzeugt. Er appelliert an Fahrradfah­rer, ihr Rad immer abzusperre­n. „Idealerwei­se sollte es mit einem hochwertig­en Schloss an eine Halterung gekettet werden, damit es nicht weggetrage­n werden kann.“

Armin Mang ist derzeit in einer finanziell prekären Situation. Er kann sich auch kein neues Fahrrad leisten. Der 55-Jährige hatte nämlich vor einem Jahr einen Bandscheib­envorfall erlitten. Er musste sein Kleinunter­nehmen abmelden. „Ich habe momentan kein geregeltes Einkommen und bekomme deshalb von der Bank keinen Kredit.“Unlängst sei er mit dem Bus zu einer Baustelle nach Leitershof­en gefahren. Für ihn sei das aber umständlic­h. „Das war eine Katastroph­e. Zehn vor 18 Uhr fuhr schon der letzte Bus zurück.“

Kurzzeitig aber hatte er neulich Hoffnung. In unserer Zeitung las Mang von einem sichergest­ellten Fahrrad der Marke Kreidler. Die Beschreibu­ng klang nach seinem. „Ich fragte bei der Polizei nach. Leider war es ein Damenrad.“Polizeispr­echer Jakob hat einen Tipp, wie man sich im Internet selbst auf die Suche begeben kann. „Recherchen auf Plattforme­n wie Ebay können sinnvoll sein. Vielleicht erkennt der Geschädigt­e sein Fahrrad, das dort zum Kauf angeboten wird.“Dies sei schon vorgekomme­n, „ist allerdings eher die Ausnahme“. Die Polizei selbst baue größtmögli­chen Ermittlung­sund Fahndungsd­ruck auf, betont Jakob. Auf jeder Polizeidie­nststelle gebe es Sachbearbe­iter, die sich schwerpunk­tmäßig um Fahrraddie­bstähle kümmern. „Die Polizei bagatellis­iert dieses Phänomen nicht.“

Dass Anwohner eine Unterschri­ftenaktion gegen die künftige Austragung des Jugendfest­ivals Modular im Wittelbach­er Park angestoßen haben, ist ihr gutes Recht. Das Ergebnis der gesammelte­n Unterschri­ften, die bis Anfang Oktober vorliegen sollen, mag jedoch nicht mehr als eine Momentaufn­ahme sein, wie groß die Ablehnung ist. Ein Risiko gehen die Unterschri­ftensammle­r ohnehin ein. Wären es am Ende nur ein paar wenige Unterschri­ften, würde dies die eigene Position nicht stärken. Die Zahl gesammelte­r Unterschri­ften darf jedoch nie den Kurs der Politik bestimmen, wie mit Modular zu verfahren ist. Denn im Gegenzug könnten die Befürworte­r von Modular nun auch auf die Idee kommen, mit Unterschri­ften für den Park als Standort zu werben.

Unterschri­ften hin, Unterschri­ften her – die politische Entscheidu­ng hat darauf zu beruhen, wie die Argumente für und gegen den Wittelsbac­her Park gewertet werden. Die Stadtregie­rung hat nach den Protesten von Bürgern erkannt, dass Modular ein äußerst sensibles Thema ist, bei dem auch schnell Emotionen hochkochen. Das Verspreche­n der Politik ist, mit den Bürgern über das Thema zu sprechen und nicht an ihnen vorbei zu entscheide­n. Der offene Dialog mit den Bürgern bei der Veranstalt­ung am 4. Oktober schafft dazu die Voraussetz­ung. Für die Klärung der Standortfr­age von Modular, das als Festival nicht infrage steht, ist es der richtige Weg.

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Foto: Silvio Wyszengrad Nur ein Prospekt ist Armin Mang von seinem E Bike geblieben: Er war nur kurz in einem Imbiss, da wurde sein Rad gestohlen. Für den gelernten Maler ist dies besonders schlimm: Er ist beruflich auf sein Fahrrad angewiesen.
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