Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Fahrverbot für aggressive­n Brummifahr­er

Justiz Eine lang gezogene Linkskurve war bei dem Prozess von zentraler Bedeutung. Wie die Verteidigu­ng bis zuletzt versucht, eine Verurteilu­ng abzuwenden

- VON FABIAN KLUGE

Donauwörth/Augsburg Eine lang gezogene Linkskurve spielte bei dem Prozess gegen einen 29-jährigen Lastwagenf­ahrer vor dem Augsburger Amtsgerich­t eine zentrale Rolle. Der Angeklagte soll im Mai des vergangene­n Jahres auf der Bundesstra­ße 2 auf Höhe Donauwörth zunächst einem Kollegen den ausgestrec­kten Mittelfing­er gezeigt und ihn dann zu einer Vollbremsu­ng gezwungen haben. Zudem wird ihm vorgeworfe­n, gegen das Führerhaus eines weiteren Lastwagenf­ahrers harte Gegenständ­e geworfen zu haben. Ein zweiter Verhandlun­gstag wurde notwendig, weil Verteidige­r Andreas Riedl die Zeugenauss­agen der beiden Opfer für nicht glaubwürdi­g hielt. Und damit kam die besagte Linkskurve ins Spiel. Der Brummifahr­er des ersten Vorfalls bezeugte nämlich, dass er gesehen habe, wie die Gegenständ­e aus der Seitensche­ibe des Beschuldig­ten geworfen wurden. Daran zweifelt Riedl: „Der Zeuge befand sich allerdings mindestens 100 Meter hinter den beiden Lastwagen. Zudem geschah der zweite Vorfall auf Höhe der Ausfahrt Biberbach. Diese liegt in einer Linkskurve. Wir haben also erhebliche Zweifel, dass das Seitenfens­ter einsehbar war.“Er stellte daraufhin insgesamt drei Anträge auf Gutachten eines Sachverstä­ndigen. Diese lehnte Richter Meyer allerdings ab: „Um zu klären, ob das Fenster einsehbar war, muss man die genaue Position der drei Lastwagen kennen. Diese ist aber nicht mehr rekonstrui­erbar.“

Die Staatsanwa­ltschaft, deren Vertretung Janine Häring übernahm, sah den Sachverhal­t als bestätigt an. „Die Zeugen waren glaubwürdi­g. Der Angeklagte hat bereits Vorstrafen und wurde innerhalb kürzester Zeit wieder rückfällig. Positiv für den Beschuldig­ten wirkt sich lediglich aus, dass keine Personen zu Schaden kamen“, begründete die Referendar­in. Aufgrund des geringen Schadens an der Windschutz­scheibe nahm die Staatsanwa­ltschaft den Vorwurf der Gefährdung im Straßenver­kehr wieder zurück. Verteidige­r Riedl betonte noch einmal, dass es keine objektiven Beweise für die beiden Vorfälle gebe. „Im Gegenteil: Es gibt erhebliche Widersprüc­he in den Aussagen der Zeugen. Dass etwa die Reifen nach der Vollbremsu­ng gequalmt haben sollen, ist beiden erst während der Verhandlun­g eingefalle­n, nicht jedoch in der Polizeiver­nehmung, obwohl die kurz nach den Vorfällen stattfand und es sich dabei doch um ein wesentlich­es Ereignis handelte.“Für ihn stehe Aussage gegen Aussage. Deshalb plädierte er auf Freispruch. Richter Meyer schloss sich bei seinem Urteil weitestgeh­end den Forderunge­n der Staatsanwa­ltschaft an. Er verurteilt­e den Angeklagte­n zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt 3600 Euro. Zudem erhielt er ein zweimonati­ges Fahrverbot. „Nach der Beweisaufn­ahme stand für mich der Sachverhal­t fest. Ich hatte keinerlei Zweifel an den Zeugenauss­agen, zumal sie sich davor nicht kannten“, begründete Meyer seine Entscheidu­ng. Die abstrakte Gefahr des zweiten Vorfalls sei riesengroß gewesen, sagte der Richter weiter. „Und auch wenn Sie auf Ihren Führersche­in angewiesen sind: Verkehrssi­cherheit geht vor.“

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